2.5.1 Übersicht

Gebäudetechnische Anwendungen

  • Wassererwärmung
  • Wassererwärmung und Heizung
  • Heizung mit Luftkollektorsystem
  • Schwimmbadbeheizung
  • Stromerzeugung mit Solarzellen
  • kombinierte Strom- und Wärmeerzeugung mit Hybridkollektor

Wassererwärmungsanlagen

Der vom Kollektor aufgefangene Teil der Strah­lungsener­gie wird über den Kollektorkreislauf in den Speicher transportiert (Bild 2.25). Um nachts bei kal­tem Kollektor eine Entladung des Speichers zu ver­hin­dern, wird ein Rückschlagventil eingebaut. Da das Wär­me­trä­ger­me­di­um meist aus einem Frost­schutz­ge­misch besteht, wird die Wärme über einen Wär­me­übertrager an den Speicher abgegeben. Die Pumpe wird von der Steuerung erst eingeschaltet, wenn die Kol­lek­tortem­pe­ra­tur oben etwa 10 K über der Spei­cher­tem­pe­ra­tur unten liegt. Die Pumpe wird aus­ge­schal­tet, wenn diese Temperaturdifferenz auf ca. 1 K ab­ge­sun­ken ist. Mit Vorteil wird der Kollektor un­ter­halb des Speichers platziert. Dann kann, bei grosszü­gi­ger Aus­le­gung der Strömungskanäle, auf Pumpe und Steu­e­rung verzichtet werden (Bild 2.26). Mittels Zu­satz­ener­gie wird der obere Speicherteil, der einen Tagesbedarf deckt, nötigenfalls nachgeheizt. Die Vorwärmung in grösseren Wassererwärmungsanlagen ist die wirtschaftlichste Art, Sonnenenergie zu nutzen (Bild 2.27). Im Mehrfamilienhaus sind etwa 0,5 m2 Kollektorfläche pro Person nötig. Bei Solaranlagen sind vergleichsweise grosse Speichervolumen nötig. Um einem Legionellenproblem im Trinkwarmwassersystem vorzubeugen, sollten diese Volumen soweit möglich für Betriebswasser und nicht für Trinkwasser konzipiert werden.

Bild 2.25 Einfache Wassererwärmungsanlage

Bild 2.26 Thermosiphon-Anlage

Bild 2.27 Solare Wasservorwärmung im MFH

Anlagen für Warmwasser und Heizunterstützung

Diese sollten möglichst einfach konzipiert werden, da sie sich so am besten bewähren. Die Kom­paktan­la­ge (Bild 2.28) eignet sich ins­be­son­de­re auch zu­sam­men mit einem Holz­kes­sel. Dieser weist eine Rück­lauftem­pe­ra­tur­hoch­hal­tung auf. Ein relativ kleiner Was­se­rer­wär­mer befindet sich innerhalb des Spei­chers. Die Höhe der Speicheranschlüsse ist ent­spre­chend der Tem­pe­ra­tur­schich­tung gewählt. Falls der Wärmeerzeuger nicht das ganze Speicher­volumen benötigt, ist der Kesselrücklauf oberhalb des Solarwärmeübertragers anzuschliessen (punktiert). Die Warm­­­was­sertem­pe­ra­tur variiert stark, sodass oft Ver­brü­hungs­ge­fahr be­steht. Deshalb begrenzt ein ther­mo­sta­ti­sches Misch­ven­til die Verbrauchstemperatur auf etwa 55 °C durch Bei­mi­schen von kaltem Was­ser. Die ver­lu­strei­che Warmwasserzirkulation mit Pumpe soll­te, wenn ent­behr­lich, weggelassen werden.

Bild 2.28 Kompaktanlage für Warmwasser und Heizung

Volldeckende Solarheizungen

Beim Heureka-Haus [Kri1] bilden die Kollektoren die süd­li­che Aussenwand (Bild 2.29). Sie weisen zwischen Absorber und Glas eine 10 cm dicke transparente Wär­me­däm­mung auf, sodass der Absorber 0 °C nie un­ter­schrei­tet. Damit ist es möglich, das Hei­zungs­was­ser direkt durch die Kollektoren strömen zu lassen. Bestandteile der Konzeption sind im Weiteren eine Lüf­tungs­an­la­ge mit Luftvorwärmung im Erdreich und Wärmerückgewinnung sowie eine Abwasser-Wärmerückgewinnung.

Bild 2.29 Wärmeerzeugung Heureka-Nullenergiehaus

Luftkollektoranlagen

Diese weisen meist eine Speicherung in massiven Ge­schos­s­dec­ken (Bild 2.30 und [Fil]) oder in Geröllspeichern [Kri2] auf. Systeme mit Luftkollektoren sind in der Regel weniger effizient als solche mit Flüssigkeitskollektoren.

Bild 2.30 Luftkollektoranlage Fabrik Meteolabor [Rup]

2.5.2 Kollektoren

Solarstrahlung

Die gesamte Strahlung, die auf eine ebene Fläche aus dem darüber befindlichen Halbraum auftrifft, wird als hemisphärische Strahlung bezeichnet. Diese setzt sich zusammen aus der Direktstrahlung und der Diffusstrahlung (Bild 2.31). Die Globalstrahlung ist die hemisphärische Strahlung, die auf einer horizontalen Fläche empfangen wird.

Haupttypen von thermischen Kollektoren

Flachkollektoren nutzen sowohl die direkt von der Son­ne kommende Direktstrahlung als auch die von der Atmosphäre gestreute oder vom Boden re­flek­tier­te Diffusstrahlung (Bilder 2.31 bis 2.33). In der Schweiz ist etwa die Hälfte der jährlich auf eine südlich orientierte Fläche einfallende Strahlung diffus. Bei Son­nen­schein beträgt der diffuse Anteil 10 bis 40 %. Kon­zen­trie­ren­de Kol­lek­to­ren mit Son­nen­nach­lauf­steu­e­rung nut­zen nur Di­rekt­strah­lung. Die­se Hochtem­pe­ra­tur­kol­lek­to­ren sind für Wassererwärmung und Heizung kaum sinnvoll.

Bild 2.31 Zusammensetzung der hemisphärischen Strahlung auf der Empfängerfläche

Bild 2.32 Flachkollektor für Flüssigkeit

Bild 2.33 Luftkollektoren [Kri2]

Verluste des Kollektors

Optische Verluste
Die Abdeckung reflektiert und ab­sor­biert einen Teil der einfallenden Strahlung. Bei Ein­falls­win­keln (zur Flächennormalen) von 0 bis 45° be­trägt der Trans­mis­sions­an­teil einer einzelnen Scheibe 85 bis 90%, bei Ein­falls­win­keln gegen 90° strebt er gegen 0. Der Ab­sor­ber re­flek­tiert nochmals einen Teil. Der op­ti­sche Wir­kungs­grad ηopt sagt aus, welcher Anteil der ein­fal­len­den Strahlung vom Absorber auf­ge­nom­men wird.

Thermische Verluste
Sie nehmen zu mit steigender Kollektortemperatur und werden charakterisiert durch den U-Wert. Die ther­mi­schen Verluste können reduziert werden durch eine selektive Ab­sor­ber­be­schich­tung. Eine solche strahlt nur wenig Leistung ab (IR-Bereich, Wellenlänge > 3 μm) und absorbiert gleich­zei­tig die Son­nenstrah­lung (Wellenlänge 0,3 bis 3 μm) fast voll­stän­dig. Bei Luft als Wärmeträger sind die Wär­me­über­gangs­koef­fi­zien­ten sehr viel kleiner als bei Flüs­sig­kei­ten. Um nun nicht allzu hohe Ab­sor­ber­tem­pe­ra­tu­ren zu erhalten, sollte die von der Luft um­ström­te Ab­sor­ber­flä­che wesentlich grösser sein als die Kollektor-Ein­strahlflä­che (Bild 2.33).

Kollektorwirkungsgrad
Darunter versteht man das Verhältnis der vom Medium abgeführten Leistung zur hemisphärischen Ein­strah­lungs­lei­s­tung. Typische Strahlungswerte ФG auf günstig ori­en­tier­te Flächen betragen bei Son­nen­schein 600 bis 1100 W/m2, bei bedecktem Himmel 50 bis 400 W/m2. Da der Wärmedurchgangskoeffizient mit steigender Kol­lek­tortem­pe­ra­tur zunimmt, ist die Kollektorkennlinie ge­krümmt (Bild 2.34). Der Wirkungsgrad nimmt mit stei­gen­der Kol­lek­tortem­pe­ra­tur stark ab. Kollektoren sol­len des­halb bei der tiefst­mög­li­chen Temperatur ar­bei­ten.

Bild 2.34 Kollektorwirkungsgrad in Funktion der Temperaturdifferenz Absorber-Umgebung und der hemisphärischen Strahlungsleistung (vereinfacht)

Bild 2.35 kann die Leerlauf-Übertemperatur ent­nom­men werden (Schnittpunkt mit Abszisse). Bei ma­xi­ma­ler Einstrahlung sind somit bei einem se­lek­ti­ven Kol­lek­tor Übertemperaturen von etwa 170 K zu erwarten. Bei Pumpenausfall müssen diese Tem­pe­ra­tu­ren ohne Ri­si­ken bewältigt werden können. Die Kollektor-Kenngrös­sen werden in Prüfinstituten gemessen [SPF1].

Bild 2.35 Kollektorkennlinien-Bereiche von verglasten und unverglasten Kollektoren

2.5.3 Grob-Dimensionierung von Wassererwärmungsanlagen

Der solare Deckungsgrad ist das Verhältnis von so­la­rem Bruttoertrag und Bruttowärmeaufnahme des Spei­chers während ei­nes Jah­res (Bild 2.36).


Bild 2.36 Energieflussbild einer Solaranlage

Ist der solare Deckungsgrad bekannt, kann der Zusatzenergieverbrauch ermittelt werden. Oberhalb ei­nes Deckungsgrads von 45 bis 50 % entsteht im Sommer zeitweise ein Wärmeüberschuss. Bei diesem Dec­kungs­grad ist ein preisgünstiger Liter Warmwasser zu erwarten. Bei klei­ne­rem Deckungsgrad sind die In­ve­sti­tio­nen ge­rin­ger, und bei grösserem Deckungsgrad ist die Zu­satz­ener­gie geringer.

Bild 2.37 stellt den Zusammenhang zwischen Kollektorfläche und Deckungsgrad dar. Für Wohnhäuser beträgt der Nutzwarmwasserbedarf 35 bis 40 Normliter pro Person und Tag (Bild 7.2). Unter Berücksichtigung der Verteilverluste ergibt sich der dem Diagramm zugrunde liegende Tagesverbrauch von 50 Liter pro Person bei 55 °C. Bei grösseren Anlagen sind diese Abschätzungen zu ergänzen durch Computer­berechnungen [SPF2].

Bild 2.37 Grobdimensionierungs-Diagramm für solare Warm­wasseranlagen mit einer Wärmeabgabe des Speichers QN von 50 Liter (55 °C) pro Person und Tag, berechnet mit dem Solarrechner [Sol]. Oberhalb der mit Punkten bezeichneten Kollektorflächen ist mindestens 1 Monat mit voller Solardeckung vorhanden.

 

Das Diagramm gilt näherungsweise un­ter folgenden Voraussetzungen:

  • reine Wassererwärmungsanlage;
  • Standard-Flachkollektoren;
  • Kollektororientierung: Azimut SE bis SW, Neigung 20 bis 50°;
  • Speichervolumen: 80 bis 100 l/m2 Kollektorfläche, jedoch nicht weniger als 75 l/Person.