Die Wärmeverteilung stellt den Zwischenhandel zwischen Wärmeerzeuger (bzw. Kälteerzeuger) und Wärmeabgabe (bzw. Kälteabgabe) an die Nutzer dar. Wärmeträger sind meist Wasser oder Luft. Die Wärme soll transportiert werden: zur richtigen Zeit, in der richtigen Menge und Temperatur, an den richtigen Ort. Diese Aufgaben haben strömungstechnische und regelungstechnische Aspekte.
3.1.1 Verhalten hydraulischer Netze
Das Verhalten von Rohrnetzen für Flüssigkeiten und Kanalnetzen für Luft folgt den gleichen Gesetzen. Bild 3.1 zeigt ein einfaches Netz, über welchem die folgende Druckdifferenz anliegt (Hydrostatik):
Δpan anliegende Druckdifferenz in Pa
ρ Dichte in kg/m3
g Erdbeschleunigung: 9,81 m/s2
Δz Höhendifferenz in m
Bild 3.1 Netz zwischen zwei Wasserbehältern
Wenn ein Medium ein Netz durchfliesst, so entsteht ein Reibungsdruckverlust (Hydrodynamik):
Δpr Reibungsdruckverlust in Pa
C dimensionsloser Koeffizient, enthaltend Rohrreibungszahl und Widerstandszahlen der Einzelwiderstände [Rec1]
pdyn dynamischer Druck oder Staudruck in Pa
v Strömungsgeschwindigkeit in m/s
Für eine turbulente Strömung in einem unveränderlichen Netz ist der Koeffizient C praktisch eine Konstante. Bei einem beliebigen Medium wächst somit der Druckverlust quadratisch mit dem Volumenstrom:
Die grafische Darstellung dieses Zusammenhangs wird als Netz- oder Anlagekennlinie bezeichnet; sie hat die Form einer Parabel (Bild 3.4e). Der Volumenstrom wird sich so einstellen, dass der Reibungsdruckverlust gleich der anliegenden Druckdifferenz ist.
Mit einer Standard-Druckdifferenz Δpo (bei Wasser: 1 bar) und einem Durchflusskennwert kv kann auch geschrieben werden:
Der Durchflusskennwert kv ist derjenige Volumenstrom, welcher durch das Netz fliesst, wenn an den Netzenden die Standard-Druckdifferenz anliegt. Er kann direkt gemessen werden, wenn in der Anordnung gemäss Bild 3.1 eine Niveaudifferenz von 10,2 m eingehalten wird (ρ = 1000 kg/m3). Wenn eine andere Druckdifferenz am Netz anliegt, kann der Durchflusskennwert berechnet werden:
kv Durchflusskennwert in m3/s (bzw. m3/h)
qv Volumenstrom in m3/s (bzw. m3/h)
Δpo Standard-Druckdifferenz: 100’000 Pa
Δpr Reibungsdruckverlust in Pa
Für ein unveränderliches Netz ist kv praktisch eine Konstante. Zu jeder Netzkennlinie gehört also ein bestimmter kv-Wert.
Bei Rohren wird der auf die Längeneinheit bezogene Druckverlust als R-Wert bezeichnet (Bild 3.2). Die Parabeln werden hier infolge der doppelt logarithmischen Auftragung zu Geraden. Der nominale Durchmesser DN entspricht (ungefähr) dem Rohr-Innendurchmesser in mm. Mit dem Diagramm kann rasch der Druckverlust eines Netzes abgeschätzt werden, wenn angenommen wird, der Verlust der Einzelwiderstände (Bögen, T-Stücke, offene Absperrorgane) sei 1/3 des gesamten Druckverlusts.
Bild 3.2 Rohrreibungs-Diagramm für Stahlrohre mit Rauigkeit 0,045 mm bei Wasser von 80 °C (bei 50 °C ist R 4% grösser) [Rec1]
Die beschriebenen Gesetzmässigkeiten gelten für beliebige unveränderliche Netze. Netze können zu komplexeren Netzen verknüpft werden. Werden Netze parallel geschaltet, so gilt für den resultierenden kv-Wert:
Bei Serieschaltung von Netzen gilt:
Druckverluste hängen vom Medium ab. Beispielsweise verursachen Frostschutz-Gemische (Sole), je nach Komponenten und deren Konzentration, wesentlich höhere Druckverluste als Wasser. Bei hoher Zähigkeit oder sehr kleinem Durchmesser wird die Strömung laminar. Dort gilt ein völlig anderes Reibungsgesetz [Rec1].
3.1.2 Verhalten von Kreiselpumpen
Das Verhalten von Pumpen, Ventilatoren und Gebläsen folgt denselben Gesetzmässigkeiten.
Bild 3.3 zeigt eine Pumpe mit konstanter Drehzahl, die mit sehr kurzen Leitungen an zwei grosse Wasserbehälter angeschlossen ist. Die Niveaudifferenz ist einstellbar. Ein grosser Volumenstrom wird fliessen, wenn die Niveaudifferenz null ist. Je grösser die Niveaudifferenz eingestellt wird, desto geringer wird im Allgemeinen der Volumenstrom sein. Die Förderkennlinie stellt diesen Zusammenhang dar (Bild 3.4a).
Bild 3.3 Pumpe zwischen zwei Wasserbehältern
Bild 3.4 Pumpen- und Netzkennlinien
Kennlinien a bis d: Pumpe mit konstanter Drehzahl, abhängig von geförderten Volumenstrom
Kennlinie e: Druckverlust eines unveränderlichen Netzes, abhängig vom durchfliessenden Volumenstrom
Anmerkung: Die Förderdruckdifferenz Δp ist grundsätzlich eine Gesamtdruckdifferenz zwischen den Maschinengrenzen (Kapitel 5.4.7). Bei Pumpen für Flüssigkeiten ist meistens (im Unterschied zu Ventilatoren) der dynamische Druck vernachlässigbar klein neben der Förderdruckdifferenz.
Pumpen-Wirkungsgrad
Aus Volumenstrom und Druckdifferenz lässt sich die hydraulische Nutzleistung ermitteln (Bild 3.4c):
Pn hydraulische Nutzleistung in W
qv Volumenstrom in m3/s
Δp Druckdifferenz in Pa
Die elektrische Leistungsaufnahme Pel ist allerdings wegen hydraulischer und motorischer Verluste grösser als die hydraulische Nutzleistung. Der Gesamtwirkungsgrad der Pumpe
ist stark abhängig vom geförderten Volumenstrom. Bei mittleren Volumenströmen werden die besten Wirkungsgrade erreicht (Bild 3.4d). Aus Gründen des Stromverbrauchs sollte ein Betrieb im Bereich f angestrebt werden. Der Betrieb mit maximalem Wirkungsgrad wird als Bestpunkt oder Optimum bezeichnet. Die meisten Heizungspumpen arbeiten im Bereich der hydraulischen Nutzleistung von 5 W bis 100 W.
Beurteilt werden Nassläufer-Umwälzpumpen mit dem Energieeffizienzindex. Der EEI ist im Wesentlichen ein zeitlich gewichteter Mittelwert der elektrischen Leistungsaufnahme. Grundlage sind Messungen bei 25, 50, 75 und 100 Prozent des Volumenstromes gemäss einer steigenden Kennlinie (Bild 3.5d). Als 100-Prozent-Punkt gilt der Betriebspunkt mit der grössten hydraulischen Nutzleistung. Seit 2015 darf der EEI europaweit den Wert von 0,23 nicht mehr überschreiten [EG, EnEV].
Bild 3.5 Förderkennlinien von Pumpen
Form der Förderkennlinie
Diese ist in Netzen mit variablem Volumenstrom wichtig. Starke Änderungen der Förderdruckdifferenz sind nachteilig für Regelungsgüte und hydraulischen Abgleich. In Heizkreisen mit Thermostatventilen können grundsätzlich alle Druckdifferenzen bis hin zur maximalen Förderdruckdifferenz an den Ventilen anliegen. Oberhalb 0,2 bar Druckdifferenz neigen Thermostatventile aber zu Geräuschbildung.
Horizontale oder steigende Kennlinien werden mittels einer pumpeninternen Drehzahlregelung erreicht (Konstantdruck- bzw. «Proportionaldruck»-Regelung). Die Elektronik erlaubt im Weiteren, das Druckniveau stufenlos einzustellen. Wenn die Maximaldrehzahl erreicht ist, geht die horizontale bzw. steigende Kennlinie über in die Kennlinie mit konstanter Drehzahl (Punkt 3c bzw. 3d). Die elektronischen Pumpen sind, sofern richtig ausgewählt und eingestellt, hydraulisch besonders günstig.
Pumpenkennlinien bei anderen Medien
Wird ein Frostschutzgemisch anstelle von Wasser gepumpt, so ergeben sich neue Kennlinien. Bild 3.6 zeigt qualitativ, wie sich die Kennlinien verändern, wenn ein zäheres Medium als Wasser verwendet wird. Förderdruckdifferenz und Wirkungsgrad nehmen ab, während die Leistungsaufnahme steigt. Quantitative Angaben in [KSB].
Bild 3.6 Förderdruckdifferenz, elektrische Leistung und Gesamtwirkungsgrad einer Pumpe bei Wasser (Index w) und zäher Flüssigkeit (z) [KSB]
3.1.3 Zusammenwirken von Pumpe und Netz
Wird eine Pumpe (oder ein Ventilator) in ein Netz geschaltet, so erzeugt diese(r) die am Netz anliegende Druckdifferenz. Das Medium beginnt durch das Netz zu strömen. Der Volumenstrom wird sich so einstellen, dass der Reibungsdruckverlust des Netzes gerade gleich der anliegenden Druckdifferenz ist. Der Betriebspunkt wird somit durch den Schnittpunkt von Netzkennlinie und Förderkennlinie dargestellt (Bild 3.4).
Diese Gesetze für Pumpen und Ventilatoren beschreiben das Verhalten bei verschiedenen Drehzahlen. Unter den Voraussetzungen
- kreisförmiges Netz und
- unverändertes Netz
gilt für eine gegebene Pumpe:
- Der Volumenstrom ändert wie die Drehzahl n
- Die Förderdruckdifferenz ändert wie das Quadrat der Drehzahl
- Die hydraulische Nutzleistung ändert wie die 3. Potenz der Drehzahl
Das Leistungsgesetz gilt für die elektrische Leistungsaufnahme nur in grober Näherung.
Parallel- und Serieschaltung
Die gemeinsame Förderkennlinie wird konstruiert, indem man:
- bei konstantem Förderdruck die Volumenströme addiert (Parallelschaltung),
- bei konstantem Volumenstrom die Förderdrücke addiert (Serieschaltung).
Der Schnitt der gemeinsamen Kennlinie mit der unveränderten Netzkennlinie ergibt den neuen Betriebspunkt B2 (Bild 3.7). Im Allgemeinen verdoppeln sich weder Volumenstrom noch Förderdruck! Bei der Parallelschaltung zweier ungleicher Pumpen ist zu beachten, dass eine Rückströmung durch diejenige mit dem geringeren Förderdruck entstehen kann. Die Serieschaltung wird angewendet zur Erreichung hoher Förderdrücke, z.B. mittels mehrstufiger Maschinen.
Bild 3.7 Parallel- und Serieschaltung zweier gleicher Pumpen oder Ventilatoren
Druckverteilung in einer Anlage
Ist die Pumpe abgeschaltet, so herrscht an den verschiedenen Orten in der Anlage ein Ruhedruck entsprechend den Gesetzen der Hydrostatik. Der Ruhedruck ist gegeben durch die Höhenlage des Ausdehnungsgefässes (offene Anlage) oder durch den Druck des Gaspolsters im Druckausdehnungsgefäss (geschlossene Anlage). Wird nun die Pumpe eingeschaltet, so findet eine Überlagerung des lokalen Ruhedrucks durch strömungsbedingte Druckdifferenzen statt. Bei der Anlage nach Bild 3.8 herrscht beim Anschluss des Ausdehnungsgefässes nach wie vor der Ruhedruck. Infolge der Druckverluste nimmt nun der Druck in Strömungsrichtung ab. Der tiefste Druck besteht am Pumpeneintritt. Die Pumpe bewirkt eine Druckerhöhung, welche über dem Netz wieder abgebaut wird. Beim Aufheizen verschiebt sich der Ruhedruck infolge Kompression des Gaspolsters. Wenn nebst dem dargestellten Geschoss noch ein Obergeschoss vorhanden ist, so sind dort alle Drücke, entsprechend der Geschosshöhe, tiefer. Die benötigte Förderdruckdifferenz ist jedoch praktisch dieselbe.
Bild 3.8 Druckverteilung in einer Anlage
Liegt der Druck in der Flüssigkeit temporär unter dem Sättigungsdruck (Bild 2.49), so tritt Verdampfung ein. Da sich beim Durchströmen der Pumpe Geschwindigkeit und Druck stark ändern, kann in gewissen Bereichen des Laufrads die Bedingung für Verdampfen erfüllt sein. Die Dampfblasen kondensieren schlagartig, wenn der Druck wieder zugenommen hat. Dieser Vorgang, die Kavitation, verursacht Geräusche, vermindert den Förderdruck und beschädigt das Material. Um das Auftreten von Kavitation zu vermeiden, muss daher der Druck im Eintrittsstutzen um ein gewisses Mass über dem Sättigungsdruck liegen. Dieser Überdruck gegenüber dem Sättigungsdruck wird als NPSH (net positive suction head) bezeichnet.
Rohrdurchmesser und Pumpenleistung
Die hydraulische Nutzleistung ist, bei gegebenem Volumenstrom, proportional zur Druckdifferenz. Letztere wird im Wesentlichen in Rohren abgebaut. Das Rohrreibungsgesetz sagt aus: Bei konstantem Durchfluss ändert sich der R-Wert und damit auch die Pumpenleistung mit der 5. Potenz des Rohrdurchmessers:
Der enorme Einfluss des Rohrdurchmessers legt es nahe, nicht bei den Rohrdurchmessern zu sparen (insbesondere nicht bis DN 50). Eine grosszügige Leitungsdimensionierung empfiehlt sich nicht nur aus Gründen des Stromverbrauchs, sondern auch der Regelung, des hydraulischen Abgleichs, des Vermeidens von Geräuschen und Fehlzirkulationen. Sinnvolle R-Werte sind 30 bis 80 Pa/m.
Pumpenstromeinsparung = Energieeinsparung?
Die der Pumpe zugeführte Energie besteht aus Elektrizität. Die von der Pumpe abgeführte Energie besteht aus einer Erhöhung des Energieinhalts des Mediums und einer Wärmeabgabe an die Umgebung. Letztere beträgt 5 bis 40 % der zugeführten elektrischen Energie. 60 bis 95 % der elektrischen Energie werden dem Medium als Wärme zugeführt.
Warmseitige Pumpe einer Heizanlage: Eine Pumpenstromeinsparung in der Wärmeverteilung führt deshalb nur zu einer vergleichsweise geringen Endenergieeinsparung der Anlage.
Kaltseitige Pumpe einer Heizanlage: Die der Wärmequellenpumpe einer WP zugeführte Elektrizität ist dem Heizungssystem verloren. Eine Pumpenstromeinsparung führt somit zu einer gleich grossen Endenergieeinsparung.
Kaltseitige Pumpe einer Kühlanlage: Ein Minderverbrauch der Kaltwasserpumpen (Bild 6.12) erlaubt eine entsprechend geringere Kälteproduktion. Eine Pumpenstromeinsparung führt hier zu einer vergleichsweise grossen Endenergieeinsparung.
Pumpe in nicht kreisförmigem Netz
Wird in das Netz gemäss Bild 3.1 eine nach links fördernde Pumpe eingebaut, dann muss diese nicht nur den Reibungsdruckverlust, sondern auch die Niveaudifferenz überwinden, die Netzkennlinie geht nicht mehr durch den Ursprung.