3.3.1 Installationskonzepte

Schwerkraftsystem

Der Kessel liegt am tiefsten Punkt des Systems. Am Kesselaustritt steigt das erwärmte Wasser infolge sei­ner geringeren Dichte in die Vor­lauf­lei­tung und bringt so die Zirkulation in Gang (Bild 3.19, die Pumpe ist wegzudenken). Es sollten mög­lichst keine «Säcke» vor­kom­men. Die anliegende Druck­dif­fe­renz zwischen dem Wärmeerzeuger und einem Heizkörper ergibt sich aus der Gewichtsdifferenz der kalten und warmen Säule:

Δp Umtriebsdruck in Pa
ρR, ρV mittlere Dichte im Rück- bzw. Vorlauf in kg/m3
g Erdbeschleunigung: 9,81 m/s2
Δz Kotendifferenz zwischen Wärmeerzeuger und Heizkörper in m

Bild 3.19 Konventionelles Zweirohrsystem mit un­te­rer Ver­tei­lung

Infolge des sehr viel geringeren anliegenden Drucks als bei einem Pumpensystem ergeben sich mehrfach grössere Rohrdurchmesser. Mischventile usw. sind nicht möglich. Kleinere Schwerkraftsysteme ergeben aber zuweilen besonders einfache Lösungen, z.B.:

  • Boilerbeheizung ab Wärmespeicher
  • Thermosiphon-Solaranlage

Konventionelles Zweirohrsystem

Die Pumpenheizung mit vertikalen Steigsträngen hat folgende Eigenschaften (Bild 3.19):
+ Auslegung einfach
+ lange Lebensdauer
+ nachträgliche Änderungen einfach
+ hydraulischer Abgleich einfach
– viele Steigstränge, eher aufwendig
– Wärmezähler pro Wohnung unmöglich

Sternförmiges Zweirohrsystem

Dieses System ist sowohl für Heizkörper wie auch für Fuss­bodenheizungen üblich (Bild 3.20):
+ Auslegung einfach
+ wenige Steigstränge, etwas geringerer Aufwand
+ Wärmezählung pro Wohnung möglich
+ hydraulischer Abgleich einfach

Anstelle eines grossen Heizkörpers können ohne Weiteres mehrere in Serie geschaltet werden. Dies ist nicht mit einem Einrohrsystem zu verwechseln.

Bild 3.20 Sternförmiges Zweirohrsystem

Einrohrsystem

Die Vor- und Rückläufe der Heizkörper in verschiedenen Räumen wer­den an eine Ringleitung angeschlossen (Bild 3.21):
+ wenige Steigstränge
+ bei Grossanlagen relativ geringer Aufwand
+ Wärmezählung pro Wohnung möglich
– Auslegung schwierig
– verschiedene Temperaturen der Heizkörper
– für Niedertemperatur < 50 °C nicht geeignet
– hohe Pumpenleistung
– hydraulischer Abgleich mühsam
– durch abgestellte Ringe fliesst heisses Wasser in den Rücklauf

Bild 3.21 Einrohrheizung

An jedem Heizkörper des Rings wird eine Einrohr-Armatur montiert (Bild 3.22). Der Vorlauf des Rings wird etwa in gleiche Teile aufgespaltet. Der eine Teil fliesst durch Thermostatventil und Heizkörper. Der an­de­re Teil strömt durch den Beipass und vereinigt sich mit dem Rücklauf des Heizkörpers. Die Re­gu­lie­rung eines Heizkörpers beeinflusst die nach­ge­schal­te­ten Heiz­kör­per. Aus diesem Grund sind Ther­mo­stat­köp­fe un­ent­behr­lich.

Bild 3.22 Einrohrventil

3.3.2 Wärmeverbrauchserfassung

Mit der verbrauchsabhängigen Heiz­ko­sten­ab­rech­nung soll der einzelne Wärmebezüger einen Anreiz erhalten, die Energie rationell ein­zu­set­zen. Es kann eine Heizenergieeinsparung bis 15 % erwartet werden. Die Einflussmöglichkeiten des Be­nut­zers bestehen in der Bedienung der in­di­vi­du­el­len Re­ge­lor­ga­ne und einem zweckmässigen Lüften. Die Wir­kung ist um so besser, je an­wen­der­freund­li­cher die Reguliermöglichkeiten sind. Installation und Ab­rech­nung müssen für den Benutzer durchschaubar sein.

Die Wirtschaftlichkeit der Massnahme ist in der Regel nicht gegeben. Die verbrauchsabhängige Heizkostenabrechnung wird hingegen durch das Ver­lan­gen nach Gerechtigkeit und durch Vorschriften ge­stützt. Bei Fussbodenheizungen können aber je nach Wärmedämmung beachtliche Wärmeströme zur untenliegenden Nutzeinheit entstehen. Deshalb soll ein U-Wert der Bodenkonstruktion unterhalb der Rohrebene von höchstens 0,7 W/m2K eingehalten werden [SIA 384/1]. Das bedeutet i. d. R. eine (Trittschall-)Dämmung von 5 cm.

Wärmezähler

Diese Geräte messen Vor- und Rück­lauftem­pe­ra­tur des Verbrauchers sowie den Volumenstrom und berechnen die bezogene Wärmeleistung (Bild 3.23):

Φ Wärmeleistung in kW
qm Massenstrom in kg/s
c spezifische Wärmekapazität, Wasser: 4,19 kJ/kgK
θV, θR Vor- bzw. Rücklauftemperatur in °C

Bild 3.23 Wärmezähler

Durch Aufsummierung über der Zeit wird die Wär­meener­gie ermittelt. Der Volumenstrom wird nach ver­schie­de­nen Prinzipien gemessen:

  • mechanisch: Flügelrad-, Turbinenzähler
  • magnetischinduktiv: Die durch ein Magnetfeld strömende Flüssigkeit induziert eine geschwindigkeitsproportionale Spannung
  • Ultraschall: Die Laufzeitdifferenz von Schallwellen in und gegen die Strömungsrichtung hängt von der Geschwindigkeit ab
  • Schwingstrahl: Der Fluidistor-Oszillator weist eine geschwindigkeitsproportionale Schwingfrequenz auf

Bei richtigem Einsatz ist die Messgenauigkeit generell gut (wenige % Fehler). Fehlmessungen aufgrund von Verunreinigungen treten am ehesten bei Zählern einfachster Bauart (Ein­strahl-Flügelrad) auf. Tem­pe­ra­tur­mess­feh­ler können von der Ausführung der Messstelle oder zu geringer Temperaturspreizung herrühren.

Heizkostenverteiler

Um den Wärmeverbrauch zu ermitteln, genügt es, Ver­brauchsan­tei­le zu bestimmen. Der En­dener­gie-Lie­fe­rant misst ohnehin den Gesamtbetrag in Ener­gie­ein­hei­ten. Grundsätzlich werden mittlere Tem­pe­ra­tur­dif­fe­ren­zen gemessen als Mass für die Wärmeabgabe jedes Heizkörpers. Nach Gewichtung mit der Heiz­flä­che ergibt sich der Verteilschlüssel für die Energie. Elektronische Heizkostenverteiler weisen eine Batterie und eine örtliche Anzeige auf (Bild 3.24). Die Zählung wird bei tiefer Heizkörpertemperatur unterdrückt (Sommer).

Bild 3.24 Heizkostenverteiler

Datenübertragung

Die Daten können bei Wärmezählern und Heizkostenverteilern sowie bei Warmwasserzählern aufwendig am Gerätestandort abgelesen werden. Oft wird dieser Serviceaufwand vermindert mit einer Datenübermittlung per Funk oder Datenbus über eine Zweidrahtleitung.

Verbrauchserfassung mit Gebäudeautomation

Die Gebäudeautomationssysteme lassen sich in dieser Hinsicht erweitern. Sie umfassen Einzelraum-Regelsysteme, welche mit etwas Zusatzaufwand auch die Verbräuche für Wärme, Kälte, Warm- und Kaltwasser, Elektrizität und Gas erfassen können.

Warmwasser-Verbrauchserfassung

Zentral erzeugtes Warmwasser kann individuell mit Warmwasserzählern erfasst werden. Zumindest soll­te aber ein Kaltwasserzähler in den Zufluss zum Was­ser­er­wär­mer eingebaut werden. Dies erlaubt, den meist recht grossen Warmwasseranteil am gesamten Energieverbrauch auszuscheiden.

3.3.3 Hydraulischer Abgleich

Definition und Zweck

Unter «hydraulischem Abgleich» versteht man das Ein­stel­len der geplanten Durchflüsse an den Pumpen und weiteren Geräten. Mit dem Abgleich wird nun dafür gesorgt, dass jeder Verbraucher im Maximum genau den Durch­fluss bekommt, den er bei den massgebenden Be­din­gun­gen benötigt. Die Einhaltung der er­for­der­li­chen Verbraucherleistung, die Erfüllung der zu­ge­dach­ten Funktion von Apparaten sowie ein emis­sions­ar­mer Betrieb sind nur zu erreichen, wenn die ge­plan­ten Vo­lu­men­strö­me tatsächlich fliessen (vorausgesetzt, die Pla­nung ist in Ordnung).

Vorkommende Mängel

1. Ungleiche Wärmeabgabe

Der Durchfluss ist einer der Faktoren, der die Wär­me­ab­ga­be von Heizflächen bestimmt. Wenn die Durch­flüs­se nicht stimmen, frie­ren die einen und schwitzen die andern. Fälsch­li­cher­wei­se wird dann oft die Vor­lauftem­pe­ra­tur höher ge­stellt, dies mit Nachteilen für die Energieeffizienz.

2. Geräuschprobleme

Gewisse Bauteile, z.B. Ther­mo­stat­ven­ti­le, weisen enge Querschnitte mit relativ ho­hen Geschwindigkeiten auf. Wenn die Durchflüsse zu hoch sind, ist oft ein «Pfeif­kon­zert» die Folge. Ursache ist eine über­di­men­sio­nier­te Pumpe und/oder ein feh­len­der hydraulischer Abgleich.

3. Zu hohe Rücklauftemperatur

Wärmepumpen und Kon­den­sa­ti­ons­kes­sel arbeiten nur dann optimal, wenn die Rück­lauftem­pe­ra­tur genügend tief ist. Schon bei der Wahl der hy­drau­li­schen Schal­tung ist darauf zu ach­ten, dass nicht war­mes Vor­lauf­was­ser in den Rücklauf gelangt. Durch zentrales Dros­seln könnte zwar die geforderte hohe Tem­pe­ra­tur­dif­fe­renz erreicht wer­den. Dabei besteht aber die Gefahr, dass entferntere Anlageteile «ab­ster­ben». Es braucht also den Abgleich aller Anlageteile.

4. Regeltechnische Probleme

Viele Regelventile öffnen sich ihr Leben lang nur über ei­nen kleinen Teil ihres Maximalhubs. Dies be­ein­flusst das Regelverhalten negativ. Wenn das Ventil rich­tig di­men­sio­niert ist, ist die Behebung eine Sache des Durch­flus­ses (Beispiel Bild 3.11b).

Thermostatventile öffnen sich im Ab­senk­be­trieb ganz, da ihr Sollwert stark von der Raumtemperatur ab­weicht. Ohne Voreinstellung steigt der Durch­fluss unter Umständen weit über den ge­wünsch­ten Ma­xi­mal­durch­fluss hinaus. Ohne hy­drau­li­schen Ab­gleich un­ter­lau­fen somit Thermo­stat­ventile den Absenkbetrieb.

Vorgehen

Zur Planung einer Anlage gehört grundsätzlich die Rohr­netz­be­rech­nung [z.B. Sch]. Sie liefert die Grundlagen zur Di­men­sio­nie­rung der Bauteile, insbesondere die Vo­lu­men­strö­me und Druckverluste in verschiedenen An­lageteilen.

1. Stufe des Abgleichs: Voreinstellungen

Aufgrund der Rohrnetzberechnung werden die not­wen­di­gen Voreinstellungen von Pumpen und Drosseln bestimmt. Diese sind vom Planer anzugeben und vom Installateur einzustellen. In ein­fa­che­ren An­la­gen braucht nicht unbedingt gemessen zu werden. Voreinstellungen nach Pla­nungs­wer­ten sind dann aber ein Erfordernis.

2. Stufe des Abgleichs: Messtechnisch

Vor allem in komplexeren oder zu sanierenden Anlagen kann die Un­si­cher­heit be­trächt­lich sein, beispielsweise infolge von Änderungen im Verteilnetz. Zur Behebung dieser Unsicherheit ist ein mes­stech­ni­scher Abgleich notwendig. Dabei werden mit ver­schie­de­nen Methoden Durchflüsse gemessen und rich­tig eingestellt.

Apparateseitige Voraussetzungen

Für die Durchführung des hydraulischen Abgleichs braucht es nebst durchdachten Planeranweisungen auch gewisse apparateseitige Voraussetzungen. Hier sollte nicht gespart werden, denn sonst wird der Ab­gleich ­– wie so oft – überhaupt nicht durchgeführt.

Folgende Komponenten sind oft nützlich:

  • Drosselorgane mit eindeutig einstellbaren kv– Wer­ten. Die Einstellung soll ohne Veränderung der Ein­stel­lung kontrollierbar sein. Beim Drosselventil in Bild 3.25 muss nicht mit der Lupe gesucht werden, um die Öffnung von 2,3 Umdrehungen ablesen zu können. Das Ventil kann auch plombiert werden.
  • Thermostatventile mit integriertem Drosselorgan sind praktischer zum Voreinstellen als Heizkörper-Rücklaufverschraubungen, die nur als Absperrorgane taugen.
  • Drosselventile mit Druckmessstutzen. Es sind dazu Messgeräte erhältlich, die direkt den effektiven Durch­fluss anzeigen.
  • Druckmessnippel vor und nach einem Regelventil ermöglichen, auf einfache Weise, den Durchfluss zu messen (bei offenem Ventil).
  • Durchflussregler (Mengenbegrenzer) und Druck­dif­fe­renz­reg­ler können direkt auf den gewünschten Wert des Durch­flusses bzw. der Druckdifferenz eingestellt werden, verursachen aber einen hohen Zusatzdruckverlust.

Bild 3.25 Handrad eines Drosselventils mit ablesbarer Umdrehungszahl

Beispiel:

In einem Verteilsystem nach Bild 3.20 sind die Voreinstellungen der Thermostatventile (Durchfluss­kennwerte) zu ermitteln, so dass die gewünschten Volumenströme:

  • Heizkörper 1: 0,03 m3/h und
  • Heizkörper 2: 0,12 m3/h

tatsächlich fliessen. Die Druckdifferenz zwischen den beiden Balken des Stockwerkverteilers sei 6000 Pa.

Lösung:
Wenn die Druckverluste der Sternleitungen und der Heizkörper vernachlässigt werden, beträgt der von jedem Ventil zu erzeugende Druckverlust 6000 Pa. Entsprechend (3.5) gilt für die Durchflusskennwerte der Ventile:

Die Ventile der Heizkörper sind also wie folgt einzustellen (vgl. Bild 4.7):

  • Heizkörper 1: kv = 0,03 · 4,1 = 0,12 m3/h
  • Heizkörper 2: kv = 0,12 · 4,1 = 0,49 m3/h