Basis dieser Hinweise zum Flachdach ist die Wegleitung zur Norm SIA 271:2007, welche von den beiden Verbänden «Gebäudehülle Schweiz» und «suissetec» herausgegeben wird.

3.2.1 Definition

Als Flachdächer werden Dachflächen bezeichnet, die eine Abdichtung erfordern.

3.2.2 Konzeptionelle Überlegungen

Ein Flachdach muss vielfältigen Anforderungen genügen. Die Anforderungen und Kriterien für die Systemwahl resultieren aus den Wünschen der Bauherrschaft betreffend Nutzung des Flachdachs und den bauphysikalischen Anforderungen, z.B. an den Wärme- und Schallschutz. Folgende Kriterien sind für die Projektierung und Ausführung von Flachdächern relevant.

Nutzen des Flachdaches

Neben den Grundanforderungen wie Dichtheit, Wärme- und Schallschutz kann das Flachdach vielfältigen Nutzen bringen:

  • Begrünte Flächen können als Naherholungsraum dienen (Intensivbegrünung), für ein besseres Mikroklima sorgen, Staub binden und als Retentionsfläche die Kanalisation entlasten (Extensivbegrünung). Baugesetze und Vorschriften der Kantone/Gemeinden fordern teilweise explizit, dass Flachdächer begrünt werden.
  • Begehbare und befahrbare Flachdächer (Norm SIA 273) bieten offensichtliche Nutzflächen.
  • Flachdächer sind willkommener Standort für Installationen (Klimageräte, Lüftungsanlagen o. Ä.).
  • Wegen der kleinstmöglichen Verschattung und der Möglichkeit, die Sonnenkollektoren oder Photovoltaikelemente optimal auszurichten, ist das Flachdach oft der ideale Standort für die Erzeugung von erneuerbarer Energie. Es gibt integrierte oder aufgeständerte Systeme für die Energiegewinnung auf dem Flachdach.
  • Mit Oberlichtern und Lichtbändern können Innenräume natürlich beleuchtet werden.

Architektur

Das Flachdach kann von erhöhten Standorten aus eingesehen werden und ist deshalb als fünfte Fassade für die Architektur des Gebäudes und das Erscheinungsbild einer Überbauung von Bedeutung.

Hindernisfreie Bauten/Türschwellen

Bei Ausgängen zu Balkonen oder Terrassen sind bei hindernisfreien Bauten Schwellen bis zu 25 mm Höhe über dem Innenboden und dem Gehbelag beim Flachdach zulässig. Beim Anschluss an Türen gilt es jedoch, als «Primäranforderung» eine «Schwellenhöhe» von 60 mm ab OK Schutz- oder Nutzschicht einzuhalten (bzw. 60 mm ab Schutz- oder Nutzschicht bis zur oben offenen Begrenzung beim Fensteranschluss). Wenn diese Höhe von 60 mm bei hindernisfreien Bauten unterschritten werden muss, sind zusätzliche Massnahmen erforderlich (vgl. Kapitel 3.2.15).

Bauphysik

Je nach Raum- und Aussenklima, Gebäudestandort und Konstruktionssystem resultieren differente Bauphysikanforderungen.

Feuchteschutz

Durch konvektive Luftströme, Kapillarleitung und Wasserdampfdiffusion darf in der Konstruktion keine schädliche Anreicherung von Feuchte auftreten. Diesbezüglich speziell zu beachten sind Flachdächer in Verbindung mit Holzbaukonstruktionen (vgl. Kapitel 2.4.2 und Bild 3.2.7).

Luftdichtheit

Zur Vermeidung von konvektivem Feuchteeintrag und zur Verhinderung von erhöhten Lüftungswärmeverlusten und Zuglufterscheinungen muss beim Flachdach die Luftdichtheit gewährleistet sein. Dieses Kriterium ist speziell bei Unterkonstruktionen zu beachten, die ohne spezielle Massnahmen nicht genügend luftdicht sind, z.B. Holz- und Profilblechkonstruktionen.

Schallschutz und Lärmschutz

Bei Flachdächern zwischen unterschiedlichen Nutzungseinheiten sind Schallschutzanforderungen aus Norm SIA 181 einzuhalten. Es betrifft dies insbesondere den Trittschallschutz bei begehbaren Dächern über anderen Nutzungseinheiten. Ein genügender Schallschutz wird primär durch die Masse der Unterkonstruktion (Luft- und Trittschallschutz) und durch trittschalldämmende Schichten (Trittschalldämmschicht, trittschalldämmende Schutz- und Drainageschichten) beeinflusst.

In lärmbelasteten Gebieten, insbesondere bei Fluglärm, muss das Flachdach zusammen mit den Fassaden (Aussenwände und Fenster) den erforderlichen Lärmschutz bieten. Unter Umständen ist für die Gewährleistung des Lärmschutzes eine schwere Unterkonstruktion erforderlich (z.B. Stahlbeton), Flachdächer in Leichtbaukonstruktion (Holz- und Stahlbau) können diesbezüglich problematisch sein.

Wärmeschutz im Winter und Sommer

Das Flachdach ist prädestiniert für einen optimalen Wärmeschutz, weil die Wärmedämmschicht meist ohne durchdringende Fremdbaustoffe lückenlos verlegt werden kann. Für einen geringen Wärmefluss bei möglichst geringer Aufbauhöhe können auch Hochleistungswärmedämmstoffe eingesetzt werden, bis hin zur Vakuumdämmung. Auch für den sommerlichen Wärmeschutz ist ein kleiner U-Wert von Vorteil, daneben gilt es, aber auch andere Kriterien zu beachten:

  • Begrünung mit geringen Temperaturschwankungen im Abdichtungsbereich,
  • raumseitige, speicherfähige Masse und
  • Verschattung bei Oberlichtern o. Ä.

Ökologie/Recycling

Bei der Materialwahl sind auch ökologische Kriterien zu berücksichtigen (Umweltbeeinträchtigung, graue Energie). Nach Abschluss der Nutzungsphase soll die Flachbedachung, dank möglichst wenig Verbund unter den Schichten, einfach zurückgebaut und sortenrein entsorgt oder recycliert werden können.

Gefälle

Das Gefälle wirkt sich auf die Höhenkoten bei An- und Abschlüssen aus und ist deshalb in einer frühen Planungsphase konkret zu planen. Das Gefälle kann entweder mit der Unterkonstruktion gewährleistet oder mittels Gefälleplatten durch die Wärmedämmschicht erreicht werden. Ein Gefälle von mind. 1,5 % (Gussasphalt als Nutzschicht mind. 2 %) ist in der Regel gefordert und von Vorteil. Wird das Mindestgefälle unterschritten, sind zusätzliche Massnahmen erforderlich (vgl. Kapitel 3.2.15).

Flachdach ohne Verbund oder im Verbund

In Norm SIA 271 wird differenziert nach Abdichtungssystemen ohne Verbund bzw. solchen, die im Verbund ausgeführt werden. Eine Abdichtung im Verbund ist nur auf speziell vorbehandeltem Beton möglich und muss mittels Nutzungsvereinbarung klar gefordert werden. Eine Abdichtung im Verbund beschränkt sich somit auf ungedämmte Flachdächer, auf innen wärmegedämmte und im Umkehrdachsystem wärmegedämmte Flachdächer.

3.2.3 Flachdachschichten

Damit das Flachdach langfristig funktionstüchtig bleibt, sind Anforderungen an den Schichtaufbau und die Ausführung der An- und Abschlüsse zu beachten. Ein Abdichtungssystem besteht aus vielen Schichten (vgl. Bild 3.2.1), die so aufeinander abgestimmt sein müssen, dass das Flachdach als Bauteil langfristig funktionstüchtig ist. Im Folgenden wird aufgezeigt, welche Materialien für die verschiedenen Flachdachschichten möglich sind.

Schichten eines Abdichtungssystems, die für die Funktionstüchtigkeit entscheidend sind.
Bild 3.2.1: Schichten eines Abdichtungssystems, die für die Funktionstüchtigkeit entscheidend sind.

Unterkonstruktion

  • Stahlbeton
  • Gasbeton
  • Holzwerkstoffe
  • Dachtragprofil

Dampfbremse/Luftdichtigkeit

  • Polymerbitumen-Dichtungsbahn
  • Kunststofffolie
  • Holzwerkstoffplatten, Gipsfaserplatten u.Ä. mit abgeklebten Stössen und Anschlüssen (Holzbauweise)

Trittschalldämmung

  • Mineralfaserplatten
  • Polystyrolhartschaumplatte EPS gewalkt
  • Trittschalldämmende Schutz- und Drainageplatten
  • Stelzlager trittschalldämmend bzw. mit trittschalldämmender Unterlage

Wärmedämmung

  • Polyisocyanuratschaumplatte PIR (Vlies- oder Alukaschiert)
  • Expandierte Polystyrolhartschaumplatte EPS
  • Extrudierte Polystyrolhartschaumplatte XPS
  • Mineralfaserplatte (Stein- und Glaswolle)
  • Schaumglasplatte CG
  • Aerogelplatte
  • Vakuumisolationspanel VIP

Abdichtung

  • Polymerbitumen-Dichtungsbahn
  • Kunststoff- und Elastomerdichtungsbahn
  • Flüssigkunststoff
  • Gussasphalt
  • Starre mineralische Abdichtung (bedingt einsetzbar)

Ausgleichs-, Trenn- und Gleitschichten

  • Vlies
  • PE-Folie
  • Heissbitumen
  • Mörtel und Spachtelmasse

Drainage- und Wasserspeicherschichten

  • Rundkies
  • Drainagematte (unterschiedliche Druckfestigkeiten, Kombination aus Schutz-/Drainage-/Trittschalldämmplatte)
  • Splitt (bedingt drainierend)
  • Wasserspeicherplatte
  • Noppenbahn
  • Trittschalldämmende Drainagematten/-platten

Nutzschichten

  • Zementplatte, Verbundstein
  • Natur- und Kunststeinbelag
  • Holzrost
  • Ortbeton
  • Intensivbegrünung
  • Spezialbelag

Schutzschichten

  • Kiesschicht und andere Schüttstoffe
  • Dachbegrünung (Extensivbegrünung)
  • Vlies und Brandschutzvlies
  • Gummigranulatmatte
  • Kunststoffschutzbahn
  • Kunststoffplatte
  • Druckverteilplatte (Ortbeton)
  • Beschieferung auf Abdichtungsbahn
  • Gussasphalt

3.2.4 Abdichtungssysteme

Flachdach ohne Schutz- und Nutzschichten (Nacktdach)

Abdichtungssysteme ohne Schutz- und Nutzschichten können verklebt, verschweisst oder mechanisch befestigt werden. Auf starre Unterkonstruktionen wie Beton ist eine Verklebung oder Verschweissung möglich, auf Leichtbauunterkonstruktionen wie Profilblech sind mechanische Befestigungen empfehlenswert (vgl. Bild 3.2.2).

Die oberste Schicht einer Abdichtung ohne Schutz- und Nutzschichten muss UV-beständig ausgeführt werden. Dazu kommen folgende Materialien zur Anwendung:

  • Polymerbitumen-Dichtungsbahn beschiefert,
  • Kunststoffdichtungsbahn,
  • Elastomerdichtungsbahnen EPDM,
  • Flüssigkunststoff (nur auf starren Unterkonstruktionen) und
  • Gussasphalt.

Abdichtungen ohne Schutz- und Nutzschichten müssen mechanisch befestigt oder verklebt ausgeführt werden. Es sind die unterschiedlichen Hagelzonen der Schweiz zu beachten. Je nach Zone muss die Abdichtung verstärkt ausgeführt oder es muss eventuell auf ein Nacktdachsystem verzichtet werden. Abdichtungen ohne Schutz- und Nutzschichten müssen zwingend ein durchgehendes Gefälle von mind. 1,5 %, Gussasphalt ein Gefälle von mind. 2 % aufweisen.

Flachdach bekiest (teilweise geschützte Abdichtung)

Unter teilweise geschützten Abdichtungen versteht man Abdichtungssysteme mit beschränkt begehbaren Schutz- und Beschwerungsschichten (Rundkies o.Ä., vgl. Bild 3.2.3). Teilweise geschützte Abdichtungen können für alle Abdichtungssysteme eingesetzt werden. Ungeschützte An- und Abschlüsse können mit beschieferten oder UV-beständigen Bahnen ausgeführt oder mit Blechabdeckungen o. Ä. geschützt werden.

Um die Anforderungen im Bezug auf Windsog zu erfüllen, ist eine minimale Auflast von 80 kg/m2 erforderlich. Dies ergibt bei Rundkies mit Körnung 16/32 mm eine Schichthöhe von etwa 50 mm.

Stehendes Wasser kann zu einer erhöhten Belastung durch Mikroorganismen und einer Schädigung der Abdichtung führen. Abdichtungen sollten daher ein durchgehendes Gefälle von mind. 1,5 % aufweisen. Bei einem Gefälle unter 1,5 % sind Ausnahmeregelungen zu beachten (vgl. Kapitel 3.2.15).

Flachdach begehbar (Terrasse)

Abdichtungssysteme mit begehbaren Nutzschichten (Zementplatten, Keramikplatten, Natursteinplatten, Holzroste usw.) bieten als Terrassen o. Ä. hohen Nutzwert (vgl. Bild 3.2.4). Zwischen der Abdichtung und der Nutzschicht muss eine Schutzschicht oder Trennlage (z.B. Drainagematte o.Ä.) und evtl. ein Brandschutzvlies verlegt werden.

Flachdächer im Umkehrdachsystem sind als begehbare Terrassen nicht zu empfehlen. An- und Abschlüsse müssen gegen mechanische Beschädigungen geschützt werden. Dies kann mittels Schutzblechen, Schutzplatten, Wärmedämmstoffplatten mit Mörtelbeschichtung o. Ä. erreicht werden.

Stehendes Wasser unter der begehbaren Nutzschicht kann durch Ausblühungen, Algenbildungen o.Ä. zu optischen Beeinträchtigungen führen. Abdichtungen für begehbare Bauteile müssen daher ein durchgehendes Gefälle von mind. 1,5 % aufweisen. Gehbeläge sollen mit einem Gefälle von 1,5 % verlegt werden. Bei rauen Oberflächen ist das Gefälle so zu vergrössern, dass der Wasserabfluss sichergestellt ist. Bei offenen Gehbelägen (mind. 3 mm breite Fugen) auf offenen Tragsystemen (Stelzlager) ist ein Gefälle unter 1,5 % möglich.

Systemaufbauten für Nacktdächer.
Bild 3.2.2: Systemaufbauten für Nacktdächer.

Bild 3.2.3: Systemaufbauten für bekieste Dächer.

Bild 3.2.4: Systemaufbauten für begehbare Dächer.

Flachdach begrünt

Bei begrünten Flachdächern wird unterschieden zwischen Abdichtungssystemen mit extensivem oder intensivem Begrünungsaufbau, ein- oder mehrschichtig ausgeführt (vgl. Bild 3.2.5). Die Abdichtung muss wurzelfest ausgeführt werden. Der Wurzelschutz kann in der Abdichtung integriert sein (wurzelfeste Abdichtung), oder er muss mit einer zusätzlichen Wurzelschutzschicht sichergestellt werden.

Systemaufbauten für begrünte Dächer.
Bild 3.2.5: Systemaufbauten für begrünte Dächer.

Ungeschützte An- und Abschlüsse können durch beschieferte oder UV-beständige Bahnen, Blechabdeckungen o. Ä. geschützt werden.

Für eine funktionstaugliche, extensive Dachbegrünung empfiehlt sich ein minimaler Schichtaufbau von 80 mm Substrat, verdichtet. Die lose verlegte Abdichtung ist damit auch genügend gegen Windsog geschützt.

Die Abdichtung sollte ein durchgehendes Gefälle von mind. 1,5 % aufweisen. Bei einem Gefälle unter 1,5 % ist durch konstruktive Massnahmen sicherzustellen, dass sich die Vegetationsschicht nicht in stehendem Wasser befindet, und es sind die normativen Ausnahmeregelungen zu beachten.

Flachdächer bei Holzbaukonstruktion

Bei Holzbaukonstruktionen stehen jeweils drei unterschiedliche Konstruktionssysteme zur Diskussion, welche in der Regel meist aus Sicht der konzipierten Tragstruktur gewählt werden. Aus bauphysikalischer Sicht, insbesondere hinsichtlich des Feuchteschutzes, würde man hingegen oft andere Konstruktionsentscheide treffen (vgl. Bild 3.2.6).

Systemaufbauten für Flachdächer bei Holzbaukonstruktionen.
Bild 3.2.6: Systemaufbauten für Flachdächer bei Holzbaukonstruktionen.

Tragstruktur mit Balkenlage

Wenn die Wärmedämmung zwischen einer Balkenlage angeordnet ist, muss die «dampfdichte» Flachdachabdichtung entweder unterlüftet werden oder die Abdichtung ist über einer zusätzlichen Überdämmung zu verlegen (vgl. Kapitel 2.4 «Feuchteschutz»).

Die Variante mit Durchlüftung ist insbesondere bei Attikadächern kaum sinnvoll auszuführen:

  • Zu- und Abluftöffnungen können in der Regel nicht normkonform erstellt werden: Der lichte Querschnitt muss grösser als 1/300 der unterlüfteten Dachfläche sein, die Verminderung durch Lochbleche u.Ä. ist dabei zu berücksichtigen.
  • An- und Abschlüsse der Flachdachabdichtung sind in Verbindung mit Zu- und Abluftöffnungen schwierig zu realisieren.
  • Die erforderliche Konstruktionshöhe steht meist nicht zur Verfügung: Die Höhe des Durchlüftungsraums muss mind. 100 mm betragen und der Querschnitt des Durchlüftungsraums muss grösser als 1/150 der unterlüfteten Dachfläche sein.

Die Überdämmung der ausgedämmten Holztragstruktur ist aus feuchtetechnischer Sicht bei Bauten mit «normalen» raumklimatischen Bedingungen (z.B. Wohn- und Verwaltungsbauten) zwingend (vgl. auch Kapitel 2.4.2). Ohne Überdämmung ist diese Flachdachkonstruktion nur bei geringer Feuchtebelastung denkbar (z.B. unbeheizte Lagerhallen o.Ä.). Es sind hohe Anforderungen an die Luftdichtheit zu stellen, ein konvektiver Feuchteeintrag ist zu vermeiden. Insbesondere beim Übergang vom Ober- zum Attikageschoss, wo die Balkenlage vom Warmbereich (unten und oben warm) in den Kaltbereich läuft (unten warm, oben kalt), ist die Luftdichtheit in der Regel nur schwierig zu gewährleisten. Insbesondere bei Attikadächern (Terrassen) soll deshalb wenn möglich die Variante mit Flachdachaufbau über einer flächigen Tragstruktur gewählt werden.

Tragstruktur mit Mehrschichtplatte o.Ä.

Wenn der Flachdachaufbau über einer flächigen Tragstruktur aufgebracht wird, befindet sich diese im Warm- und Trockenbereich. Dieses bauphysikalisch unproblematische Konstruktionssystem ist insbesondere bei Attikaterrassen gegenüber allen anderen Systemen klar zu bevorzugen.

Begehbare, ungedämmte Flachdachkonstruktion (Balkon)

Beim Balkon handelt es sich in der Regel um eine begehbare, ungedämmte Flachdachkonstruktion. Die Abdichtung wird direkt auf die Unterkonstruktion aufgebracht (vgl. Bild 3.2.7). Für die Abdichtung von Balkonen eignen sich alle gängigen Abdichtungsmaterialien. Die Abdichtung ist auf die gewünschten Nutzschichten abzustimmen.

Bild 3.2.7: Systemaufbauten für Balkone.

Betreffend die Ausführung des Abdichtungssystems inklusive An- und Abschlüsse und Entwässerung gelten dieselben Anforderungen wie bei begehbaren Flachdächern (Terrassen) sinngemäss. Je nach Witterungsschutz (Vordächer, geschlossene Brüstung) können bei Balkonen Kompromisse an die Anschlüsse (Schwellenhöhe) und an die Entwässerung (direkt entwässerte Rinne vor den Fenstern) gemacht werden.

Bei geklebten Nutzschichten (Keramikplatten, Natursteinplatten o. Ä.) sind spezielle Massnahmen zu treffen, mit denen Aussinterungen durch die Plattenfugen und Frostschäden verhindert werden können, wie z.B. eine zusätzliche Abdichtung mit Flüssigkunststoff zwischen Betonkonstruktion und Plattenbelag.

An- und Abschlüsse müssen gegen mechanische Beschädigungen geschützt werden. Dies kann mittels Schutzblechen, Schutzplatten o. Ä. erreicht werden.

Stehendes Wasser unter der begehbaren Nutzschicht kann durch Ausblühungen, Algenbildungen o. Ä. zu optischen Beeinträchtigungen führen. Bei aufgeklebten Nutzschichten kann stehendes Wasser zu Ablösungen infolge Eisbildung führen. Abdichtungen für begehbare Bauteile müssen daher ein durchgehendes Gefälle von mind. 1,5 % aufweisen. Für Gussasphalt ist ein Gefälle von mind. 2 % einzuhalten.

3.2.5 Unterkonstruktion

Unter dem Begriff Unterkonstruktion werden die tragende Schicht oder Schichten des nachfolgenden Abdichtungssystems zusammengefasst. Die oberste Schicht einer Unterkonstruktion dient als Untergrund für die weiteren Schichten des Abdichtungssystems und deren An- und Abschlüsse. Je nach Ausführung und Dicke leistet die Unterkonstruktion einen Beitrag an den Wärmedurchgangswiderstand des gesamten Flachdachaufbaues.

Die Unterkonstruktion kann z.B. aus folgenden Materialien bestehen (vgl. auch Bild 3.2.8):

  • Stahlbeton oder Gasbeton,
  • Holz (Mehrschichtplatten, Holzschalung, Brettstapel) und
  • Dachtragprofil.
Bild 3.2.8: Varianten von Unterkonstruktionen für den Aufbau einer Flachbedachung.

Grundsätzlich muss die Unterkonstruktion den gestellten Anforderungen des nachfolgenden Dachaufbaus genügen, um deren Funktion langfristig zu erfüllen. Bei der Projektierung der Unterkonstruktion muss berücksichtigt werden, dass die Abdichtung im Endzustand das erforderliche Gefälle aufweist. Dabei sind auch die erforderlichen Anschlusshöhen zu beachten. Kann mit den Zwischenschichten das notwendige Gefälle nicht erreicht werden (z.B. mit einer Gefälledämmung), muss das Gefälle in der Unterkonstruktion geplant und ausgebildet werden.

Vor der Ausführung der Abdichtungsarbeiten muss die Untergrundbeschaffenheit im Bezug auf Ebenheit (keine Überzähne), Trockenheit und Gefälle durch den Unternehmer im Beisein der Bauherrschaft oder deren Vertretung (Architekt oder Bauleitung) geprüft werden.

3.2.6 Gefälle

Ein Gefälle erleichtert die Ausführung der nachfolgenden Schichten. Durch die schnelle Entwässerung der Fläche werden Trocknungs- und Reinigungsarbeiten vermindert. Im Gebrauchszustand verhindert ein Gefälle Schmutzablagerungen. Bei Gehbelägen wird durch das Gefälle die Nutzbarkeit der Terrassen nach Niederschlägen bereits nach kurzer Zeit wieder uneingeschränkt ermöglicht.

Gefälleausbildung

Grundsätzlich hat die Abdichtung in der Falllinie der Fläche in Richtung Entwässerung ein Gefälle von mind. 1,5 % aufzuweisen. Dies kann sowohl mit der Unterkonstruktion, einer Gefälleschicht aus Zementestrich oder einer Gefälledämmung erreicht werden (vgl. Bild 3.2.9). Bei Dächern im Verbund sind jedoch Zementestriche nicht zulässig.

Gefälle bei Gehbelägen

Gehbeläge benötigen ein Gefälle von mind. 1,5 %. Je nach Oberflächenbeschaffenheit der Platten (Rauigkeit) muss dieses Gefälle erhöht werden. Eine Ausnahme bilden Gehbeläge mit einem Fugenanteil über 5 % und offenen Fugen von mindestens 4 mm: Solche Gehbeläge können auch ohne Gefälle ausgeführt werden. Eine Ausnahme bilden Gehbeläge mit einem Fugenanteil von mind. 1 m pro m2 Fläche sowie einer Mindestbreite der Fuge von 3 mm: Solche Gehbeläge können auch ohne Gefälle ausgeführt werden.

Bild 3.2.9: Anforderungen an das Gefälle in Abhängigkeit vom Konstruktionssystem.

Bild 3.2.10: Möglichkeiten für die Gefälleausbildung und die Anordnung der Regenwassereinläufe und Entwässerungsrinnen bei Terrassen.

Aufbordung der Dampfbremse beim Dachrand. Bei dieser Detailausbildung müssen neben der Wasserdampfdiffusion zusätzliche Anforderungen an die Luftdichtheit
Bild 3.2.11: Aufbordung der Dampfbremse beim Dachrand. Bei dieser Detailausbildung müssen neben der Wasserdampfdiffusion zusätzliche Anforderungen an die Luftdichtheit (Anschluss an Holzbau) und an die Bauzeitabdichtung (Schutz des Holzbaus) gestellt werden. Zudem gilt es zu vemeiden, dass im Hohlraum zwischen Aussenwand (Mauerwerk/Stahlbeton) und Wärmedämmung die warm-feuchte Luft bis in den feuchteempfindlichen Dachrand gelangen kann (Kaltbereich, Konvektionskondensat, Feuchteschadenrisiko!).

3.2.7 Dampfbremse und Luftdichtheitsschicht

Wärmegedämmte Konstruktionen müssen luftdicht sein. Die Luftdichtheitsschicht ist warm- bzw. raumseitig der Wärmedämmung (Seite mit höherem Dampfdruck) anzuordnen. Die Lage der Luftdichtung im Konstruktionsaufbau und der Verlauf inkl. aller An- und Abschlüsse ist im Detail zu planen (vgl. Bild 3.2.11).

Dampfbremse als Luftdichtheitsschicht

Wenn die Dampfbremse gleichzeitig auch die Funktion der Luftdichtung übernehmen muss, sind alle Anschlüsse und Überlappungen luftdicht auszuführen.

Aufbordung

Die Aufbordungshöhe der Dampfbremse richtet sich nach den Anforderungen bezüglich Luftdichtheit. Ohne besondere Anforderungen endet die Dampfbremse in der Regel oberkant der Wärmedämmschicht.

Materialisierung

Betreffend Materialisierung wird zwischen bituminösen und Kunststoff-Dampfbremsen unterschieden. Die bituminösen Dampfbremsen werden in der Regel auf den Untergrund aufgeklebt oder aufgeschweisst (vgl. Bild 3.2.12). Bei Abdichtungssystemen im Verbund kommen nur bituminöse Dampfbremsen zum Einsatz. Diese werden vollflächig auf den Untergrund aufgeschweisst.

Kunststoffdampfbremsen bestehen aus Polyethylenfolien und werden lose verlegt. Die Überlappungen werden mit Butylkautschukbändern verklebt.

Dampfdiffusionswiderstand

Bei nicht belüfteten Systemen ist ein sd-Wert (sd-Wert = diffusionsäquivalente Luftschichtdicke) von mind. 150 m gefordert. Bei Begrünungsaufbauten mit geplantem Wasseranstau muss der sd-Wert mind. 250 m betragen. Spezielle Raumklimabedingungen (hohe Raumluftfeuchte, Überdruckverhältnisse usw.) sind im Luftdichtheitskonzept und bei der Beurteilung des Dampfdiffusionsverhaltens zu berücksichtigen.

Wird von diesen Anforderungen abgewichen, ist die Funktionstauglichkeit mit einem validierten Berechnungsprogramm nachzuweisen.

Dampfbremse als Bauzeitabdichtung

Die Bauzeitabdichtung ist eine Schicht mit An- und Abschlüssen, die während der Bauzeit als provisorische Abdichtung dient und entwässert wird. Die Notwendigkeit einer Bauzeitabdichtung und deren Anforderungen bestimmt der Planer. Insbesondere bei folgenden Bauten oder Bauteilen soll die Notwendigkeit einer Bauzeitabdichtung geprüft werden:

  • Gebäude mit hohem Schadenpotenzial
  • Aufwendiger, zeitintensiver Bauablauf/Baufortschritt
  • Holzbauweise
  • Sanierungen/Umbau
  • Abdichtungen ohne Gefälle

Die Bauzeitabdichtung muss mindestens Dichtigkeitsklasse 2 (trocken bis leicht feucht) erfüllen. Ist ein höherer Standard notwendig (Dichtigkeitsklasse 1, vollständig trocken), ist dies bei der Projektierung festzulegen. Dies gilt z.B. für Holzbauten oder Bauten mit hohem Schadenpotenzial.

Sekundärabdichtung

Damit Gebäude mit sensibler Nutzung beziehungsweise hohem Schadenpotenzial bei Wasserinfiltration besser geschützt werden können, wurde die neue Kategorie «Sekundärabdichtungen » in der Norm SIA 271 «Abdichtungen von Hochbauten» geschaffen. Die Sekundärabdichtung ist eine warmseitig eingebaute, wasserdichte Schicht, die separat und unabhängig vom primären Dachentwässerungssystem entwässert wird.

Die Notwendigkeit einer Sekundärabdichtung wird vom Planer in Absprache mit dem Bauherrn im Vorprojekt geklärt und in der Nutzungsvereinbarung dokumentiert. Insbesondere bei folgenden Bauten oder Bauteilen soll die Notwendigkeit einer Bauzeitabdichtung geprüft werden:

  • Theater und Konzertsäle
  • Museen oder Gebäude mit besonderen Kulturgütern
  • Gebäude mit grösseren EDV-Anlagen
  • Fabriken und Lagerhallen der chemischen Industrie
  • Munitionsfabriken
  • Spitäler

Die Sekundärabdichtung ist die erste Schicht im Abdichtungssystem über der Unterkonstruktion mit Dichtigkeitsklasse 1. Sie dient im Schadenfalle, als zweite dauerhafte Abdichtung, welche separat entwässert wird. Sekundärabdichtungen werden als vollständige funktionsfähige Abdichtungen dimensioniert.

3.2.8 Wärmedämmung

Im Flachdach werden organische und anorganische Wärmedämmstoffe eingesetzt. Die Eigenschaften der Wärmedämmstoffe sind auf die Nutzung im Gebrauchszustand abzustimmen. Dabei sind die Wärmeleitfähigkeit und die Druckbelastung entsprechend dem geplanten Einsatz zu berücksichtigen. Für nicht genutzte Dächer (nackt oder bekiest) wird eine Druckbeanspruchung von ≥ 50 kPa und für begrünte oder begehbare Dächer (Belastung über 100 kg/m2) eine Druckbeanspruchung von ≥ 120 kPa gefordert.

Innerhalb der Wärmedämmschicht dürfen keine Hohlräume vorhanden sein, welche eine Konvektion zulassen. Es ist auf eine lückenlose Verlegung zu achten.

Bei der Dimensionierung gelten die Normen und Vorschriften für den Wärmeschutz gemäss Norm SIA 180 und Norm SIA 380/1 sowie MuKEn14 mit Anpassung 2018.

Folgende U-Werte werden für Flachdächer bei einem Einzelbauteilnachweis gefordert:

  • Neubau, Grenzwert mit Wärmebrückennachweis: U ≤ 0,17 W/m2·K
  • Umbau/Modernisierung: U ≤ 0,25 W/m2·K

Es sind die kantonalen Anforderungen zu berücksichtigen, die evtl. von Norm SIA 380/1 und MuKEn 14 abweichen können.

Wärmedämmstoffe und erforderliche Schichtdicken für unterschiedliche U-Werte.
Bild 3.2.12: Wärmedämmstoffe und erforderliche Schichtdicken für unterschiedliche U-Werte.

Wärmedämmung nassseitig der Abdichtung (Umkehrdach)

Im Umkehrdachsystem sind gefälzte Platten aus extrudiertem Polystyrol (XPS) mit Schaumhaut zu verwenden, wobei die Wärmedämmschicht einlagig auszuführen ist.

Bei feuchteempfindlichen Unterkonstruktionen (z.B. Holz) und bei Leichtkonstruktionen muss die Kondensatfreiheit unter der Abdichtung nachgewiesen werden.

Bei der wärmetechnischen Beurteilung ist der Einfluss des Wärmeverlustes durch den Wasserabfluss unter der Wärmedämmschicht zu berücksichtigen. Für die Berechnung des U-Wertes gilt die Norm SN EN ISO 6946. Die zu berücksichtigenden Niederschlagsmittelwerte müssen den lokalen Gegebenheiten entsprechen (Niederschlagswerte aus Merkblatt SIA 2028). Gemäss Norm SIA 380/1 gilt: «Bei Umkehrdächer muss je nach Standort und System ein UWert-Zuschlag berücksichtigt werden. Dieser wird entweder vom Systemhersteller dokumentiert oder nach SN EN ISO 6946 berechnet.»

Verschiedene Systemanbieter verfügen über der Wärmedämmung über spezielle, wasserableitende und diffusionsoffene Trennlagen, mit denen der U-Wert-Zuschlag gegen null tendieren soll (vgl. dazu Prüfatteste der jeweiligen Systemanbieter).

Materialverträglichkeit

Die Verträglichkeit mit den angrenzenden Baustoffen (z.B. EPS und PVC-weich) ist zu beachten (evtl. Systemlieferant konsultieren). Allenfalls müssen Trennlagen eingebaut werden. Die Wärmedämmung muss den teilweise hohen Hitzebeanspruchungen bei der Ausführung der Flachbedachung standhalten (Heissbitumen, Schweiss- oder Lötarbeiten.

Längenänderungen

Wärmedämmschichten dürfen durch thermische oder feuchtebedingte Längenänderung keine Schäden an den An- und Abschlüssen verursachen. Nötigenfalls sind die Wärmedämmplatten auf den Untergrund zu kleben, oder es sind elastische Pufferstreifen einzubauen.

Feuchtegehalt

Wärmedämmstoffe sind vor der Witterung geschützt zu lagern und trocken einzubauen. Der Feuchtigkeitsgehalt darf beim Einbau folgende Werte nicht überschreiten:

  • Hartschaum- und Mineralfaserplatten: 0,5 Volumenprozent oder 500 g/m2
  • Holzfaser- und Korkplatten: 16 Masseprozent

Bei Sanierungen dürfen die bestehenden Wärmedämmschichten maximal 2 Volumenprozente Feuchte aufweisen. Der Wassergehalt darf 2000 g/m2 nicht übersteigen. Eine genaue Überprüfung der bestehenden Wärmedämmungsschicht ist vor der Sanierung eine wichtige Aufgabe. Nasse Wärmedämmplatten können ihre Aufgabe nicht mehr erfüllen.

Schwellenanschlüsse

Wärmedämmschichten bei Schwellenanschlüssen mit einer Höhe kleiner als 60 mm (schwellenlose Übergänge) müssen im Bereich der Schwelle eine Druckfestigkeit von 350 kPa bei 10 % Stauchung aufweisen. Die Breite des druckfesten Streifens soll mind. 30 cm betragen (vgl. Bild 3.2.13).

Bild 3.2.13: Konstruktionsbeispiel für Schwellenanschluss.

3.2.9 Ausgleichs-, Trenn- und Gleitschichten

Ausgleichs-, Trenn- und Gleitschichten schützen Folgeschichten vor mechanischer Verletzung bei rauem Untergrund, werden zwischen zwei zueinander nicht verträglichen Materialien eingesetzt oder gewährleisten unterschiedliche Bewegungen ohne Schadenfolge (vgl. Bild 3.2.14).

Einsatz und Kriterien für Ausgleichs-, Trenn- und Gleitschichten.
Bild 3.2.14: Einsatz und Kriterien für Ausgleichs-, Trenn- und Gleitschichten.

3.2.10 Abdichtung

Abdichtungsbahnen bilden die wasserführende Ebene des Flachdaches. Sie schützen einerseits den darunter liegenden Systemaufbau, aber auch die gesamte Gebäudesubstanz vor eindringender Feuchtigkeit. Abdichtungsbahnen sind vielen Witterungseinflüssen wie Regen, Schnee, Temperaturwechseln, Wind und mechanischen Belastungen ausgesetzt. Die geeignete Baustoffwahl ist eine wichtige Voraussetzung für die Funktionstüchtigkeit während der Gebrauchsphase. Die Abdichtungen sowie die An- und Abschlüsse sollen als Einheit geplant und ausgeführt werden.

In Norm SIA 271 wird zwischen folgenden Abdichtungen unterschieden:

  • Polymerbitumen-Dichtungsbahnen PBD,
  • Kunststoffdichtungsbahnen TPO (Thermoplastische Polyolefine) oder PVC (Polyvinylchlorid),
  • Elastomerdichtungsbahnen EPDM
  • (Ethylen-Propylen-Dien-Kautschuk),
  • Gussasphalt MA (Mastic Asphalt) und
  • Flüssigkunststoffe FLK.

Generelle Anforderungen

Je nach Einsatzgebiet werden unterschiedliche Anforderungen an die Abdichtung gestellt. Für beschwerte Dächer, mit Kies oder Begrünung, sind einerseits die mechanische Durchschlagsfestigkeit (stossartige Belastung) wichtig, anderseits ist die Wurzelfestigkeit eine unabdingbare Voraussetzung. Bei Dächern ohne Schutz- und Nutzschicht (Nacktdächer) spielt der Widerstand gegen Hagelschlag in vielen Gebieten eine zentrale Rolle. Beim Hagelschlag kann die kantonale Gebäudeversicherung die nötige Klassierung des Widerstandes, je nach Gefährdung am Objektstandort, festlegen. Dazu muss der Brandschutz gemäss Vorgaben der Vereinigung kantonaler Feuerversicherungen (VKF) eingehalten werden.

Materialverträglichkeit

Nicht alle Baustoffe sind bei direktem Kontakt miteinander verträglich (vgl. Bild 3.2.15). Es müssen allenfalls Trennschichten eingesetzt werden.

Dilatationen

Unter dem Begriff Dilatation versteht man das Ausbilden einer Bewegungsfuge. Bewegungsfugen sind geplante Trennstellen zwischen zwei Bauteilen oder zwei Bauwerken. Bewegungen können in alle Richtungen auftreten und z.B. durch Längenänderungen (z.B. thermische Einflüsse) verursacht werden.

Beurteilung der Verträglichkeit von Abdichtungen mit anderen Materialien.
Bild 3.2.15: Beurteilung der Verträglichkeit von Abdichtungen mit anderen Materialien.

Schemaskizze betreffend die Ausführung eines bituminösen Fugenbandes.
Bild 3.2.16: Schemaskizze betreffend die Ausführung eines bituminösen Fugenbandes.

Bewegungsfugen in der Unterkonstruktion sind auch in den weiteren Schichten des Abdichtungssystems entsprechend den zu erwartenden Bewegungen zu planen und auszubilden (vgl. Bild 3.2.16). Bei Flachdachabdichtungen aus Kunststoffdichtungsbahnen sind in der Regel bei Bewegungsfugen keine speziellen Massnahmen erforderlich.

Abschottung und Tagesabschottung

Abschottung

Abschottungen sind wesentliche Elemente von sicheren Flachdächern. Sie bilden eine dichte Verbindung zwischen der Unterkonstruktion und der Abdichtung. Die Dampfbremse ist im Bereich der Abschottung auf starre Untergründe vollflächig aufzukleben oder aufzuschweissen. Die Abdichtungsbahnen können, bei gewährleisteter Verträglichkeit, direkt mit der Dampfbremse verklebt werden, oder sie sind mit einem Übergangsband auszuführen (vgl. Bild 3.2.17).

Ausführungsvarianten für Abschottung und Tagesabschottung.
Bild 3.2.17: Ausführungsvarianten für Abschottung und Tagesabschottung.

Abschottungen sind unter Berücksichtigung der Grundrissform der Dachfläche und der Art der Schutz- oder Nutzschichten (leicht oder schwer entfernbar) festzulegen und in den Bauwerksakten zu dokumentieren oder am Bauwerk dauerhaft zu markieren. Es sind folgende maximale Feldgrössen einzuhalten:

  • 600 m2 bei leicht entfernbaren Nutzschichten (Kies/extensive Begrünung)
  • 300 m2 bei schwer entfernbaren Schutz- oder Nutzschichten (Gehbeläge, Solaranlagen, intensive Begrünung)

Bei der Planung der Abschottungen sind auch allfällige Installationen (Lüftungsanlagen, Sonnenkollektoren, Photovoltaikanlagen o. Ä.) zu berücksichtigen.

Tagesabschottung

Tagesabschottungen schützen die neu verlegte Teilfläche, insbesondere die Wärmedämmschicht, vor eindringender Feuchtigkeit bei einem Arbeitsunterbruch. Für die Ausführung der Tagesabschottung sind je nach Gebäudeform und Schichtaufbau unterschiedliche Varianten möglich. Bei Dächern mit Gefälle kleiner als 1,5 % sind Tagesabschottungen als unterlaufsichere Abschottung auszuführen.

3.2.11 Schutz- und Nutzschichten

Flachdächer bieten vielfältigen Nutzen, sie können beispielsweise als begehbare und nutzbare Flächen dienen oder begrünt werden. Je nach Nutzung resultieren unterschiedliche Anforderungen an die Schutz- und Nutzschichten.

Schutzschicht für nicht genutzte Dächer (bekiest)

Die lose aufgebrachte Schutzschicht beschwert die Flachdachabdichtung und muss ein Flächengewicht von mindestens 80 kg/m2 (etwa 50 mm Rundkies) aufweisen.

Bei Umkehrdächern muss die Auflast objektbezogen berechnet werden. Die Auflast ist abhängig von der Windlast, der Dicke der Wärmedämmschicht und der örtlichen Niederschlagsmenge.

Die Randzonen von windexponierten Gebäuden müssen entsprechend der Windbelastung gesichert werden. Dazu kann z.B. die Kiesschicht mit einem Kleber verfestigt werden, oder die exponierten Flächen werden mit Gehwegplatten belegt.

Schutzschicht bei genutzten Dächern

Zwischen der Abdichtung und der Nutzschicht ist eine der Beanspruchung entsprechende Schicht aufzubringen, die verschiedene Funktionen erfüllen kann:

  • Schutzschicht (z.B. mechanische Einflüsse),
  • Drainageschicht (schnelle Entwässerung) und
  • Gleitschicht (z.B. bei Bewegungen aus der Überkonstruktion).

Bei der Planung der verschiedenen Schichten ist zwingend die Nutzung im Gebrauchszustand zu beachten. Insbesondere ist die Druckbelastung durch Blumentröge, Sitzgarnituren etc. zu berücksichtigen.

Bild 3.2.18: Begehbare Nutzschichten in Abhängigkeit von Gefällsverhältnissen und Schwellenhöhen.

Schutzschichten unter geschlossenen Nutzschichten/Belägen

Zwischen Abdichtung und Nutzschicht ist immer eine den Beanspruchungen entsprechende, nicht wasserspeichernde Schutzschicht vorzusehen (kein Vlies). Bei Schutzschichten unter Gehbelägen sind druckfeste Drainageschichten mit einer Mindestdicke von 10 mm notwendig.

Schutzschichten unter offenen Nutzschichten

Unter offenen Nutzschichten ist eine Schutzschicht aus Kunststoff (nicht saugend), Dicke mind. 1,2 mm, der Beanspruchung entsprechend einzubauen.
Direkt unter der offenen Nutzschicht (Terrassenböden) ist ein Brandschutzvlies vorzusehen (vgl. Vorgaben VKF). Das Brandschutzvlies ist keine Schutzschicht.

Geschlossene Nutzschichten (Gehbeläge mit Bettungsschicht oder aufgegossene Nutzschichten)

Gehbeläge müssen in der Falllinie ein minimales Gefälle von 1,5 % aufweisen. Bei rauen Oberflächen ist das Gefälle zu vergrössern, damit der Wasserabfluss sichergestellt ist. Bei Belägen aus Kunst- und Natursteinplatten sowie Keramikplatten ist das minimale Gefalle gemäss Anhang B, Tabelle 8, (Norm SIA 271, Abdichtungen von Hochbauten) einzuhalten.

Bettungsschicht

Die Bettungsschicht unter lose verlegten Belägen hat eine durchschnittliche Dicke von mind. 30 mm aufzuweisen. Die Schichtdicke darf 20 mm nicht unterschreiten. Die Körnung von Splitt, Rundkies und dergleichen beträgt mind. 4 mm. Ab 80 mm Dicke sind bauliche Massnahmen gegen Setzungen vorzusehen.

Offene Beläge

Wasserdurchlässige Nutzschichten (Fugenanteil 1 Meter pro m2 Fläche, offene Fugen mind. 3 mm breit) müssen auf offenen Tragsystemen verlegt sein. Es ist kein Gefälle erforderlich. Empfehlung: Ein Gefälle von 0,5 % soll nicht unterschritten werden und die Lieferantenangaben sind zu berücksichtigen. Die punktuelle Druckbelastung auf die Wärmedämmung ist zu prüfen. Gegebenenfalls sind Druckverteilplatten vorzusehen.

Bei offenen Belägen kann auf eine Sicherheitsrinne verzichtet werden, sofern im Schwellenbereich eine Fuge von 10 mm realisiert wird.

Fugenbreiten bei aufgehenden Bauteilen

Bei allen Belagsystemen ist eine Randfuge von minimal 10 mm einzuplanen. Werden Fugenprofile verwendet, dürfen diese den Wasserabfluss und den Luftaustausch unter dem Belagsystem nicht behindern

Kunst- und Natursteinbeläge

Für Gehbeläge mit Kunst- oder Natursteinen sowie Keramikplatten ist das Gefälle je nach Eigenschaft der Platten und der Verlegart, gemäss den entsprechenden Normen, zu berücksichtigen. Beläge mit offenen Fugen können auch ohne Gefälle verlegt werden. Die Entwässerung ist in der Unterkonstruktion sicherzustellen.

Gussasphalt als Nutzschicht

Die Gussasphaltabdichtung kann in verschiedenen Rezepturen auch als Nutzschichtbelag mit einem Gefälle von mind. 2 % ausgebildet werden. Durch Einstreuen von Splitt oder Quarzsand (frostbeständig) kann die Rutschsicherheit erhöht und die Oberflächenstruktur architektonischen Kriterien angepasst werden. Gussasphalt ist ein thermoplastisches Material; hohe Punktlasten können Eindrücke hinterlassen. Wenn die Gussasphaltnutzschicht speziellen Belastungen standhalten muss, kann ein Härtezusatzmittel beigemengt werden.

Extensive Dachbegrünung

Extensive Dachbegrünungen sind pflegeleichte und kostengünstige, flächige Begrünungen mit Moosen, Sedum, Extensivkräutern und Gräsern. Das Konzept dieser Begrünungsart verlangt einen dünnschichtigen, leichten Aufbau (vgl. Bild 3.2.19). Extensivbegrünungen werden aus verschiedenen Gründen erstellt, wie z.B.:

  • Kompensieren von überbauten Grünflächen,
  • Retention vom Meteorwasser,
  • Schutz der Abdichtung und
  • Geringerere Temperaturschwankungen unter der Vegetationsschicht.
Mehrschichtaufbauten für extensivbegrünte Flachdächer.
Bild 3.2.19: Mehrschichtaufbauten für extensivbegrünte Flachdächer.

Bild 3.2.20: Extensivbegrünung mit vegetationsfreier Zone bei Dunstrohr und Regenwassereinlauf.