Das Gebäude der Zukunft wird ein permanenter Datenlieferant sein. Der Einzug des «Internets der Dinge» ist die Grundlage für die Entwicklung des Gebäudebetriebs mithilfe eines IRP-Systems (s. Abb. 93). Mit sogenannten «Smart Building-Daten» wird die gemeinsame Auswertung und damit das Management der Daten aus dem Bereich der Gebäudetechnik kombiniert mit Daten aus dem Bereich der Gebäudenutzung vornehmlich nutzerbezogener Daten deutlich verbessern.

Abb. 93: Schematische Darstellung eines IRP-Systems
Envenion GmbH

Dabei sind nun zwei Themenbereiche zentral:

  1. die grosse Menge der Daten
  2. die Schnittstellenproblematik durch den Einsatz unterschiedlichster Datenquellen

Natürlich ist mit einem nahezu unlimitierten Einsatz von Sensorik ein Gebäude während seiner Nutzung vollständig erfassbar. Allerdings kommt es darauf an, nicht viele, beliebige Daten zu sammeln, sondern eine geeignete Auswahl an Daten. Welche dies sind, ist im Einzelfall zu prüfen und festzulegen. Dieser Prozess ist dringend zu empfehlen, weil es sonst zu einer schwer zu kontrollierenden Datenflut kommen kann.

Die Komplexität wird durch den Einzug der Digitalisierung in das Gebäude weiter erhöht. Mit Sensoren aller Art wird das allen wohlvertraute Gebäude von einer Blackbox zu einem riesigen Datenlieferanten. Die Herausforderung besteht nun darin, die Vielzahl von Systemen zu konzertieren. Auf der technischen Seite eines Gebäudes bietet eine gute Gebäudeautomation bereits eine unverzichtbare Hilfestellung. Das Zusammenspiel von Heizung, Lüftung und Klimatisierung allein ist schon herausfordernd. Kommen noch weitere Assistenz- und Infrastruktursysteme hinzu, wird es unübersichtlich. Dazu zählen beispielsweise Schliesssysteme, Videoüberwachung, Anwesenheitskontrolle, Alarmierungssystem, Parkplatzkontrolle, Reservierungssysteme für Räume, Kantine und vieles mehr.

Werden nun noch nutzerbezogene und/oder nutzungsbezogene Daten und deren Kosten in die Betrachtung mit einbezogen, ergibt sich daraus ein Infrastructure-Resource-Planning-Werkzeug. Auf der Basis der unterschiedlichen Datenquellen kann mit der Datenverarbeitung der Gebäudebetrieb optimiert gemanagt werden.

Ein Infrastructure Resource Planning (IRP) steht für die unternehmerische Aufgabe, Ressourcen im Sinne des Unternehmenszwecks frühzeitig und bedarfsgerecht zu planen, zu steuern und zu verwalten, also zu managen. Dazu gehört das Gebäude inklusive seiner technischen Ausstattung, Betriebsmittel, Kapital, Informations- und Kommunikationstechnik. Das Ziel des IRP-Systems ist es, dem Unternehmen die Infrastruktur funktionsgerecht und optimiert bereitzustellen, damit die Kernprozesse bestmöglich ablaufen können. Dabei sind laufend Zielkonflikte zu bewältigen. Einer hohen Qualität und Funktionssicherheit der benötigten Dienstleistungen und dem Erfüllen von beispielsweise gesetzgeberischen Vorgaben stehen hohe Produktivität, Kapital- und Personaleinsatz und Komplexitätsreduktion gegenüber. Die Disziplin FM bewältigt diese Managementherausforderung permanent. Ein IRP-System verbindet bestehende Infrastruktur, integriert IoT, visualisiert 3D-BIM und sorgt für die übersichtliche Analyse und die Steuerung aller im Moment relevanter Managementdaten. Im Betrieb steht das Facility Management vor der Herausforderung, dass selten redundante Ereignisse ein Eingreifen erfordern, sondern aufgrund der Dynamik des Zusammenspiels vom komplexen Gebäude mit der sich darin befindlichen Nutzerorganisation immer wieder andere Informationen und Zustände als aktuelle Entscheidungsgrundlage herangezogen werden müssen. Abhilfe schafft also ein intelligentes IRP-System, bei dem die Informationen zusammenlaufen und entsprechend aufbereitet werden. In der Praxis ist ein IRP-System also eine übergreifende IT-Plattform, die mit einer Vielzahl von Analysemöglichkeiten ausgestattet ist. In Abb. 93 sind die Komponenten eines IRP-Systems visualisiert.

Ein IRP-System verbindet das «Smart Building» mit «Smart Management». Ein «Smart Building» ist mit modernster Gebäudetechnik und -Automation ausgerüstet. Der technische Betrieb ist mit hoher Auflösung kontrollierbar und lässt sich so bedarfsgerecht betreiben. Damit dies jedoch nicht nur technisch gelingt, sondern eine umfassende Optimierung möglich ist, wird ein «Smart management» benötigt. Dies setzt wiederum voraus, dass sich die Unternehmensprozesse in dem Zusammenspiel zwischen der Infrastruktur (Gebäude) und dem Betrieb widerspiegeln. Dies wird mit einem aktiven Energiemanagement unter der Berücksichtigung bzw. Einbeziehung der Betriebskosten erreicht.

Die Notwendigkeit eines Instruments wie ein IRP-System ist mittlerweile breit verstanden worden. Smart Management und Smart Building können oder sollen in Zukunft mit geeigneten Kenngrössen zugänglich werden, damit eine Einschätzung zu dem betroffenen Gebäude und dessen Nutzerorganisation hinsichtlich des Einsatzes eines IRP-Systems möglich ist. Folgende Möglichkeiten bestehen bzw. sind in der Entwicklung:

  • EEM (Erfolgsfaktor Energiemanagement) (s. Kapitel 5) aus dem Energiemanagementmodell
    Diese Kenngrösse berücksichtigt viele Managementaspekte und integriert indirekt auch involvierte Kosten. Obwohl der EEM auf die energetische Situation ausgerichtet ist, ist dieser dennoch als Kenngrösse im Zusammenhang mit dem Einsatz eines IRP-Systems geeignet.
  • SRI (Smart Readiness Indicator)
    Diese Kenngrösse wird das Gebäude hinsichtlich seiner Anpassungsfähigkeit an den nutzerdominierten Betrieb beurteilen. Der SRI liefert also direkt eine klare Einschätzung, ob es sich um ein Smart Building handelt und für den Einbezug in ein IRP-System somit auch geeignet ist.

Die Überarbeitung der Europäischen Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (EPBD) im Jahr 2018 zielt darauf ab, intelligente Gebäudetechnologien weiter zu fördern, insbesondere durch die Einführung eines Smart Readiness Indicator (SRI) für Gebäude.
(Quelle: https://smartreadinessindicator.eu/)

Mit diesem Indikator wird es möglich sein, die intelligente Bereitschaft von Gebäuden zu bewerten, d.h. die Fähigkeit von Gebäuden (oder Gebäudeeinheiten), ihren Betrieb an die Bedürfnisse der Nutzer anzupassen und dabei auch die Energieeffizienz und die Gesamtleistung zu optimieren sowie ihren Betrieb als Reaktion auf Signale aus dem Netz anzupassen (Energieflexibilität). Der intelligente Bereitschaftsindikator sollte bei Gebäudeeigentümern und -nutzern das Bewusstsein für den Wert der Gebäudeautomation und der elektronischen Überwachung der technischen Gebäudesysteme schärfen und den Bewohnern Vertrauen in die tatsächlichen Einsparungen durch diese neuen, verbesserten Funktionalitäten vermitteln.

In Übereinstimmung mit den Anforderungen aus der überarbeiteten EPBD wurden bei der Definition der Smart Ready Services im SRI-Katalog drei Schlüsselfunktionalitäten der Smart Readiness in Gebäuden berücksichtigt:

  • Die Fähigkeit, die Energieeffizienzleistung und den Betrieb des Gebäudes durch die Anpassung des Energieverbrauchs, z. B. durch die Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen, aufrechtzuerhalten;
  • die Fähigkeit, die Betriebsweise des Gebäudes an die Bedürfnisse der Bewohner anzupassen, wobei der Verfügbarkeit von Benutzerfreundlichkeit, der Aufrechterhaltung gesunder Innenraumklimabedingungen und der Fähigkeit, über den Energieverbrauch zu berichten, gebührende Aufmerksamkeit geschenkt wird;
  • die Flexibilität des Gesamtstrombedarfs eines Gebäudes einschliesslich seiner Fähigkeit, die Teilnahme an aktiver und passiver sowie impliziter und expliziter Bedarfsreaktion in Bezug auf das Netz zu ermöglichen, z. B. durch Flexibilität und Lastverlagerungskapazitäten.

Der SRI sollte nur den Mehrwert der intelligenteren Steuerbarkeit, Informationserfassung, Kommunikationsfunktionen und Interoperabilität bewerten, nicht aber die (Energie-)Leistung der technischen Gebäudesysteme selbst (z. B. Beleuchtungssteuerung, unabhängig davon, ob es sich um LED- oder Glühlampen handelt), da das Ziel der SRI in erster Linie darin bestehen sollte, den aktuellen Stand der Intelligenz im Vergleich zum maximalen Potenzial dieses spezifischen Gebäudes zu veranschaulichen, und nicht darin, einen Vergleichsrahmen zwischen den Gebäuden zu bilden.

Die Entwicklung hin zu komplexeren IT-Plattformen wie ein IRP-System zeigt die natürliche Weiterentwicklung im Energiemanagement auf. Ein gut organisiertes und aktiv geführtes Energiemanagement ist in jedem Fall die Basis für ein IRP-System. Für Unternehmen ist daher die Weiterentwicklung vom Energiemanagement hin zu einem umfassenden IRP absolut sinnvoll.