1.4.1 Die Energiebilanz

Der Energiehaushalt eines Gebäudes ist ein komplexes Wechselspiel zwischen verschiedenen Einflussgrössen:

  • Raumklima und Nutzerverhalten,
  • Aussenklima,
  • Baukörper,
  • Gebäudetechnikanlagen.

Die Gebäudetechnik hat diejenigen Beiträge an die Behaglichkeit zu liefern, welche mit der baulichen Realisierung nicht erreicht werden. Bild 1.21 zeigt die Jahresenergiebilanz eines Gebäudes [SIA 380/1].

Die Energiebilanz lautet:


Bild 1.21 Jahres-Energieflussbild eines Wohngebäudes mit Heizkessel für Heizung und Warmwasser

1.4.2 Wärmeabfuhr vom beheizten Volumen

  • Transmissions-Wärmeabgabe QT durch die Hülle
  • Lüftungswärmeverlust QV infolge Luftwechsels
  • Das an der Entnahmestelle bezogene Warmwasser verschwindet meist augenblicklich im Ablauf und damit auch sein Energieinhalt QW.

1.4.3 Wärmezufuhr zum beheizten Volumen

  • Energieinhalt QW des an der Entnahmestelle bezogenen Warmwassers
  • Wärmeeinträge Qg, zusammengesetzt aus:
    • internen Einträgen Qi (Personen und Elektrizität),
    • solarem Eintrag Qs.
  • Die Wärmeeinträge stellen in der Heizperiode einen Wärmegewinn dar (ausserhalb der Heizperiode eine Wärmelast). Ein Teil des Gewinns wird weggelüftet wegen Überheizens. Es verbleibt der genutzte Gewinn Qug.
  • Die schliesslich von den Heizflächen zu liefernde Nutz­energie ist der Heizwärmebedarf QH.

1.4.4 Vorgänge im nicht zu beheizenden Volumen

Die Endenergie für Wärmezwecke EHW wird im Wärmeerzeuger und seiner Umgebung zu Nutzwär­me umgewandelt. Dabei entstehen technische Verluste:

  • Wärmeerzeugerverluste,
  • Wärmeverteilverluste und
  • Warmwasserverteilverluste.

Das Verhältnis der erzeugten Nutzwärme (QH+QW) zum Endenergieverbrauch EHW wird als Nutzungsgrad bezeichnet. Er qualifiziert Wärmeerzeuger und Verteilnetze.

Der Elektrizitätsverbrauch im nicht zu beheizenden Volumen sowie derjenige während der Nichtheizperiode lassen die Bilanz des beheizten Volumens unberührt (horizontaler Balken rechts oben).

1.4.5 Standardannahmen und realer Betrieb

Das skizzierte Bilanz-Rechenverfahren erlaubt,

  • mit Standardannahmen für Nutzung, Innen- und Aussenklima einen theoretischen Heizwärmebedarf zu er­­mitteln (amtlicher Systemnachweis),
  • mit erwarteten Werten für das betreffende Objekt die Planung zu verfeinern (Optimierung),
  • mit realen Nutzungs- und Klimadaten die Übereinstimmung mit den gemessenen Energieverbräuchen herzustellen (Messwertvergleich).

Letzteres ist für die Analyse von bestehenden Bauten und die Betriebsoptimierung von Neubauten sehr hilfreich. Standardbilanz und Effektivbilanz klaffen oft beachtlich auseinander. Eine nicht plausibel nachvollziehbare Effektivbilanz kann wertvolle Hinweise auf technische Fehlfunktionen und abweichende Baukonstruktionen liefern.

1.4.6 Flächenbezogene Energien

Alle Energien beziehen sich üblicherweise auf ein Jahr und auf eine kennzeichnende Fläche. Die Energiebezugsfläche EBF ist die Summe aller Geschossflächen (Aussenmasse), für deren Nutzung ein Beheizen oder Klimatisieren notwendig ist. Geschossflächen mit einer lichten Raumhöhe unter 1 m zählen nicht zur Energiebezugsfläche. Hingegen gehören beispielsweise nicht beheizte Treppenhäuser dazu, sofern diese innerhalb der thermischen Hülle (Dämmung) liegen [SIA 380].

Auf die Energiebezugsfläche bezogene Endenergien werden als Energiekennzahlen bezeichnet. Die verbrauchten Endenergieträger können anhand der Rechnungen der Energieversorgungsunternehmen leicht erfasst werden. Der Vergleich von Energiekennzahlen mit Erfahrungswerten, lässt rasch einen allfälligen Erneuerungsbedarf erkennen.