Unter Gebäudeautomation (GA) versteht man die Gesamtheit der Mess-, Steuer-, Regel-, Optimierungs- und Überwachungseinrichtungen in Gebäuden. Sie wird deshalb auch als MSR-Technik bezeichnet.

10.1.1 Komfort und Energieeffizienz

In der Gebäudetechnik sind folgende Tendenzen festzustellen.

Zunehmende Anforderungen

  • Steigende Komfortansprüche der Nutzer
  • Höhere Energieeffizienz
  • Rasche Störungsbehebung

War noch vor wenigen Jahren die Heizungsregelung die wichtigste Funktion, so stehen heute zunehmend die Kühlung der Räume und die Regelung der Elektroverbraucher im Vordergrund.

Bei der Steigerung der Energieeffizienz kann die Gebäudeautomation einen wesentlichen Beitrag leisten. Dies jedoch nur, wenn bei der Planung die Funktionen präzis beschrieben werden.

Die Gebäudeautomation sorgt dafür, dass die Anlagen nur dann laufen, wenn ein Bedarf vorhanden ist. Deutlich wird dies am Beispiel einer Beleuchtung mit Tageslichtnutzung und einer Regelung, die nur so viel Kunstlicht einsetzt wie notwendig.

Qualität in Technik und Planung

Die Qualität der Regelung bei der Wärme- und Kälteerzeugung spielt für die Energieeffizienz eine entscheidende Rolle. Ob eine Kaltwassertemperatur auf beispielsweise 16 °C anstatt 10 °C betrieben wird, kann 20 % weniger Primärenergie bedeuten. Gerade solche «kleinen» Unterschiede von Heiz- und Kaltwassertemperaturen verlangen eine seriöse Planung der Regelung, der hydraulischen Schaltung und der Wärmeübertragungsflächen.

10.1.2 Genauigkeit der Temperaturregelung

Genauigkeit ist zentral

Der Mensch reagiert sensibel auf Temperaturunterschiede (hingegen kann er die Luftfeuchtigkeit weit weniger verlässlich bestimmen). Daher ist eine genauere Regelung von Raumtemperaturen wichtig: Waren bisher 2 K Toleranzwert zulässig, so bedeutete dies bei einem Sollwert von 21,5 °C, dass der Regler in einem Bereich von 20,5 °C bis 22,5 °C regelt. Dies entspricht dem optimalen Temperaturbereich gemäss [EN ISO 7730], Kategorie A. Diese Toleranz kann dazu führen, dass die momentan empfundene Temperatur nicht behagt und der Nutzer den Sollwert manuell nach oben schiebt – mit Folgen für den Energiebedarf. Eine dauernd um 1 K erhöhte Temperatur bedeutet einen um 6 % höheren Energieverbrauch, 1 K tiefere Kühlung erfordert sogar 8 % mehr Energie. Die Genauigkeit der Temperaturregler ist deshalb entscheidend für eine Reduktion des Energieverbrauchs.

Toleranzbereich

Wenn im Toleranzbereich die Zufriedenheit gross ist, dann spricht alles dafür, aus energetischen Gründen an die untere Grenze zu gehen und diese auch möglichst exakt einzuhalten. Ungenaue Regler verpulvern mit dem Über- und Unterschwingen des Sollwerts zu viel Energie. Aus diesen Gründen hat die EU die in der [EN 15500] geforderte minimale Regelgenauigkeit von 2 K auf 1,4 K reduziert. Gute Einzelraumregler erreichen heute Toleranzwerte für Heizen von 0,5 K und Kühlen von 0,3 K. Bild 10.1 veranschaulicht, dass dies eine anspruchsvolle Aufgabe geworden ist.

Bild 10.1 Tagesgang der Wärmeströme in einem Wohn­gebäude im Winter

10.1.3 GA-Effizienzklassen

Die [EN 15232] klassiert die verschiedenen Funktionen einer Gebäudeautomation und bewertet diese in Bezug auf die Energieeffizienz. Das Bild 10.2 zeigt die vorhandenen Funktionen in den Klassen A bis D. Als besonders energieeffizient gelten die bedarfsabhängigen und vernetzten Funktionen im GA-System. Jedoch führt die Klasse A nicht in jedem Fall zu einem Niedrigenergiehaus mit hohem Nutzerkomfort. Die Klassierung soll deshalb bei der Planung zwischen Besteller, Nutzer, Elektro- und HLK-Planer besprochen und auf ihre Zweckmässigkeit beurteilt werden.

Bild 10.2 GA-Effizienzklassen [EN 15232]

10.1.4 Mitwirkung in der Projektierung

Komfort und Kon­se­quen­zen

Die Be­hag­lich­keit des Ein­zel­nen sollte zu­nächst mit einer persönlichen Re­ge­lung angestrebt werden wie beispielsweise durch An­pas­sen der Be­klei­dung. Der Hauptwunsch vieler Be­nut­zer liegt dann bei der Ver­stell­mög­lich­keit. Der «Sollwertknopf» wird gar für je­den Arbeitsplatz ge­for­dert. Diese For­de­rung zu erfüllen, bedeutet aber eine komplexe Anlagentechnik. Wichtig wird damit das Engagement der Bauherrschaft in der Planung.

Beziehung Bau­herr­schaft Nutzer Be­trei­ber

Die Bau­herr­schaft sollte sich zu Beginn der Pla­nung Ge­dan­ken machen über die Be­zie­hung der Betreiber (Haus­wart, tech­ni­scher Dienst) und der Nutzer (Be­woh­ner, Be­leg­schaft). Diese Be­zie­hung, oder ihr Feh­len, beeinflusst das Anlage- und Re­gel­kon­zept. Die Bau­herr­schaft über­legt sich, wie sie die Nutzer in­for­mie­ren und aktiv in den Be­trieb des Ge­bäu­des ein­be­zie­hen will. Für den Be­trei­ber sind das Kennen und Ver­ste­hen der Anlage wich­tig. Dann kann er bei Re­kla­ma­tio­nen erklären, wie die Anlage läuft. Die Nut­zer wer­den so auch mehr Ver­ständ­nis bei Ener­gie­spar­mass­nah­men auf­brin­gen. Das Vor­han­den­sein einer be­stimm­ten An­la­ge ver­pflich­tet den Eigentümer oder die Ver­wal­tung aber auch, Be­triebs­per­so­nal in ge­nü­gen­der An­zahl und Qua­li­fi­ka­ti­on ein­zu­set­zen. In dieser Hinsicht be­ste­hen vielerorts Pro­ble­me. Das Berufsbild des Hauswarts – um ein Bei­spiel zu nennen – bedarf drin­gend einer Aufwertung.

Nutzer nimmt Einfluss

Wo der Nut­zer Einfluss nehmen will, sind die Ein­griffs­mög­lich­kei­ten zu schaf­fen und be­die­nungs­freund­lich zu gestalten. Bei­spie­le:

  • Einzelraumregelung mittels Ther­mo­stat­ven­ti­len oder pro­gram­mier­ba­rer Re­gel­ge­rä­te
  • automatisches Ab­schal­ten bei Nicht­be­nö­ti­gung von elektrischen Verbrauchern, au­to­ma­tisches Wie­de­r­ein­schal­ten
  • manuelles Ein­schal­ten bei Bedarf, au­to­ma­tisches Ausschalten

Der Nut­zer kann zum Ein­grei­fen ge­zwun­gen wer­den, indem man ihm den gewünschten Komfort nur für eine begrenzte Zeit ge­währt. Nach deren Ablauf muss er erneut ein­grei­fen, wenn er den Komfort bei­be­hal­ten will. Beispiel: obligatorische Kom­fort-Vor­wahl der näch­sten Lek­ti­on in jedem Zim­mer eines Schulhauses. Bei Un­ter­las­sung fällt das System automatisch in den Absenkzustand zurück. Bezüglich Ener­gie­eins­parung ist das Einschalten bei Bedarf dem Abschalten bei Nichtbenötigen vorzuziehen. Eine Ana­ly­se der psy­cho­lo­gi­schen Gegebenheiten und der Schadenrisiken wird im Einzelfall zeigen, wo die Gren­zen eines solchen Konzepts liegen.

Projektierung GA

Die Planung der Gebäudeautomation wird oft vernachlässigt. Der Bauherr oder der Architekt verlässt sich oft auf die Planer der Gewerke HLK, Sanitär oder Elektro, dass diese die richtigen Systeme der Gebäudeautomation evaluieren. Dabei wird verkannt, dass die Gebäudeautomation eine Integration aller Systeme ins Gebäude bezweckt.

Bei grösseren oder komplexeren Bauten soll ein GA-Planer beauftragt werden (Bild 10.3). Dieser analysiert die Funktionen aller vorgesehenen Anlagen und erstellt daraus ein GA-Konzept [SWKI BA101-01]:

  • Systemaufbau (Vernetzung der verschiedenen Automatisierungsebenen)
  • Bedienkonzept (Was kann wo bedient werden)
  • Alarmkonzept (Wo werden die Alarme und Störmeldungen angezeigt)
  • Datenpunktkonzept (Funktionen der digitalen und analogen Meldungen)
  • Mengengerüst (Übersicht aller Datenpunkte im Gebäude)
  • Managementfunktionen (Visualisierung, Energie­monitoring usw.)
  • Kostenvoranschlag
  • Realisierungskonzept

Bild 10.3 Organigramm Planungsteam