10.2.1 Be­grif­fe

Messen

Messungen ge­nü­gen­der Genauigkeit sind die Grund­la­ge für Be­rech­nung, Überwachung und Ab­rech­nung von tech­ni­schen Anlagen. Die Re­ge­lung benötigt Mes­sun­gen der Istwerte. Der Be­trei­ber be­nö­tigt Messanzeigen für Optimierung und Un­ter­halt der Anlagen. Messwerte helfen, Fehler und Stö­run­gen zu fin­den und zu be­he­ben. Korrektes Mes­sen ist al­ler­dings eine sehr an­spruchs­vol­le Aufgabe. Eine Messeinrichtung kann als schwarzer
Kasten auf­ge­fasst werden, dessen innere Wirkungs­weise hier un­wich­tig ist (Bild 10.4). Er hat als Eingangssignal die Messgrösse und als Aus­gangs­si­gnal den Messwert als Abbild der Mes­s­grös­se.

Bild 10.4 Messeinrichtung als Black box

Es gibt al­ler­dings kei­ne Messung, wel­che nicht von Fremd­ein­flüs­sen gestört wird. Wenn bei­spiels­wei­se ein Fern­ther­mo­me­ter abgelesen wird, so braucht die Anzeige noch lange nicht die effektiv herr­schen­de Tem­pe­ra­tur zu sein. Einige Ein­flus­s­grös­sen, welche Messungen ver­fäl­schen können:

  • Temperatur, Wär­me­strah­lung
  • Feuchte
  • Luftbewegung, Luftdruck
  • Lage
  • Beschleunigungen (Er­schüt­te­run­gen, Stösse)
  • Störfelder, Störspan­nun­gen
  • Hilfsenergie (Netz­span­nung, Netz­fre­quenz)
  • thermische Übergangswiderstände

Steuern

Bild 10.5 zeigt ein Beispiel einer automatischen Steu­e­rung der Raumtem­pe­ra­tur. Ab­hän­gig von der Aus­sentem­pe­ra­tur beeinflusst die Steue­r­ein­rich­tung, über eine vor­ge­ge­be­ne Kennlinie, die Ventilstellung. Die Steu­e­rung ist durch eine offene Steuerkette ge­kenn­zeich­net: Aus­sen­füh­ler–Steu­er­gerät–Stel­lan­trieb–Stel­lor­gan–Heiz­kör­per–Raum. Of­fensicht­­lich wird die Raumtem­pe­ra­tur nicht nur von der Steue­r­ein­rich­tung (= Aussenfühler + Steuergerät + Stellantrieb) be­ein­flusst, son­dern auch von der Son­nen­e­in­strah­lung. Eine Rück­mel­dung der Aus­gangs­grös­se xa an die Steue­r­ein­rich­tung fin­det trotz Stö­rung nicht statt. Je stärker die Stör­grös­sen, desto we­ni­ger wird es mög­lich sein, eine be­frie­di­gen­de Aus­gangs­grös­se zu er­hal­ten. Dies ist das Merkmal der Steu­e­rung.

Bild 10.5 Beispiel einer Steuerung der Raumtem­pe­ra­tur

Regeln

Bei der Regelung wird die zu regelnde Grösse (Regelgrösse x) fort­lau­fend ge­mes­sen, mit ei­ner Füh­rungs­grös­se w verglichen und an die Führungsgrösse angeglichen. Durch Störgrössen z von aussen her­vor­ge­ru­fe­ne Ver­än­de­run­gen der Re­gelg­rös­se wer­den so fort­lau­fend kor­ri­giert. Ist die Füh­rungsgrösse kon­stant, nennt man sie Sollwert.

Bild 10.6 zeigt ein Bei­spiel einer au­to­ma­ti­schen Re­ge­lung der Raumtem­pe­ra­tur. Die Raum­luft­tem­pe­ra­tur ist in­fol­ge von Stör­grös­sen (Sonne, Aus­sentem­pe­ra­tur) mo­men­tan 24 °C. Dem Regelgerät kann der Wert der Füh­rungs­grös­se w eingegeben werden, ge­gen­wär­tig 20 °C. Der Füh­ler misst x = 24 °C und meldet dies dem Regler. Der Regler vergleicht x mit w und stellt eine Re­gel­ab­wei­chung xw = xw fest. Er meldet deshalb dem Stel­lan­trieb eine neue Stell­g­rös­se y, worauf der Antrieb die­sen Hub ein­stellt. Als Folge davon sinkt die Wär­me­ab­ga­be des Heizkörpers, und die Regelgrösse x fällt. Na­tür­lich wird die Re­gelg­rös­se x auch von der Stör­grös­se z be­ein­flusst. Der Regler ver­gleicht fort­lau­fend x mit w und gibt ent­spre­chen­de Kor­rek­tur­be­feh­le an den Stel­lan­trieb. Er re­gelt damit die Raumtem­pe­ra­tur.

Bild 10.6 Beispiel einer Re­ge­lung der Raumtemperatur

Die Re­ge­lung ist durch einen geschlossenen Re­gel­kreis ge­kenn­zeich­net: Raumfühler–Regelgerät– Stellantrieb–Stellorgan–Heizkörper–Raum–Raumfühler. Die neue Regelgrösse wird dem Regler rückgemeldet, und dies wird ver­wer­tet. Dies ist das Merk­mal der Re­ge­lung.

10.2.2 Regelstrecke

Abgrenzung

Die Re­gel­strec­ke beginnt am Stel­lort (Ort, wo die Stell­g­rös­se in den Massen- oder Ener­gie­strom eingreift) und en­det am Messort. Das Stel­lor­gan gehört zur Regelstrecke (nicht aber der Stel­lan­trieb). Der Mess­füh­ler gehört ebenfalls zur Re­gel­strec­ke.

Zeitverhalten von Re­gel­strec­ken

Es stellen sich zwei Fragen, die beide ex­pe­ri­men­tell beantwortet werden:

  • Wie rea­giert die Re­gelg­rös­se auf eine plötz­li­che Änderung der Stell­g­rös­se? Dazu wird die Stell­­grös­se y sprung­haft ge­än­dert (z = konstant) und die Re­ak­ti­on der Re­gelg­rös­se x be­ob­ach­tet. Die Stell­g­rös­sen-Sprun­gant­wort cha­rak­teri­siert das sogenannte Füh­rungs­ver­hal­ten.
  • Wie rea­giert die Re­gelg­rös­se auf eine plötz­li­che Änderung einer Stör­grös­se? Dazu wird eine Stör­grös­se z sprung­haft geändert (y = konstant) und x be­ob­ach­tet. Die Stör­grös­sen-Sprungantwort cha­rak­te­ri­siert das sogenannte Stör­ver­hal­ten.

Wenn die Re­gelg­rös­se nach jeder Änderung einen Beharrungszustand erreicht, spricht man von einer Re­gel­strec­ke mit Aus­gleich. Praktisch alle Re­gel­strec­ken der Gebäudetech­nik sind von diesem Typ.

Bild 10.7 zeigt das Zeit­ver­hal­ten ei­nes Was­ser­spei­chers nach dem Ein­schal­ten des Stroms. Bestimmend sind die Leistung der Hei­zung, die Was­ser­men­ge und die Wärmeverluste.

Bild 10.7 Sprungantwort einer Regelstrecke mit einem Spei­cher (sogenanntes PT1-Glied)

Bild 10.8 zeigt das Verhalten des Tem­pe­ra­tur­füh­lers ei­ner Bei­misch­schal­tung nach dem Verstellen des Ven­til­hubs. Bei der Füh­ler­plat­zie­rung ist grundsätzlich auf eine geringe Tot­zeit zu achten (L klein). Wenn allerdings die Pum­pe im Rücklauf ein­ge­baut ist, entfällt deren Misch­wir­kung. Dann muss L/D > 25 sein oder ein statischer Mischer eingebaut werden. In Wirk­lich­keit sind weder Rohr noch Fühler träg­heits­los, so dass der An­stieg der Regelgrösse nach der Tot­zeit nicht sprung­haft, sondern ähnlich Bild 10.7 er­folgt. Der Übertragungsbeiwert der Regelstrecke Ks = Δx / Δy ist beim Spei­cher praktisch unabhängig von y (sogenannte P-Re­gel­strec­ke), während dies bei der Bei­misch­schal­tung meist nicht der Fall ist.

Bild 10.8 Sprungantwort der Regelstrecke einer Beimisch­schaltung bei masselosem Rohr und Fühler (sogenanntes Tot­zeit­glied)

Schwierigkeitsgrad der Re­gel­strec­ke

Das Zeit­ver­hal­ten einer beliebigen Re­gel­strec­ke lässt sich mit der Verzugszeit tu, der Aus­gleichs­zeit tg und dem Übertragungsbeiwert Ks be­schrei­ben. Bild 10.9 zeigt die Stör­grös­sen-Sprun­gant­wor­ten von zwei ver­schie­de­nen Regelstrecken:

  • Die obere Sprungantwort weist im Verhältnis zur Ausgleichszeit tg eine kleine Ver­zugs­zeit tu auf. Eine Stö­rung ist für den Regler bereits nach kurzer Zeit er­kenn­bar, und er kann entsprechend schnell darauf rea­gie­ren.
  • Die untere Sprungantwort hat bei gleicher Aus­gleichs­zeit tg eine wesentlich län­ge­re Verzugszeit tu. Der Regler kann eine Störung erst spät erkennen. Er wird deshalb Mühe haben, kor­ri­gie­rend ein­zu­grei­fen.

Bild 10.9 Störgrössen-Sprungantworten einer ein­fa­chen und einer schwierigen Regelstrecke

Daraus ist ersichtlich, dass das Verhältnis von Ver­zugs­zeit zu Ausgleichszeit den Schwie­rig­keits­grad S der Re­gel­strec­ke bestimmt.

Typische Re­gel­strec­ken der Hei­zung­stech­nik weisen eher klei­ne, sol­che der Lüftungstechnik eher grosse Schwie­rig­keits­gra­de auf.

10.2.3 Re­ge­lein­rich­tung

Abgrenzung

Zur Regeleinrichtung gehören die­je­ni­gen Ge­rä­te, die un­mit­tel­bar für die Beeinflussung der Re­gel­strec­ke benötigt werden. Die Re­ge­lein­rich­tung enthält min­de­stens eine Einrichtung

  • zum Er­fas­sen der Re­gelg­rös­se x,
  • zum Vergleich mit der Füh­rungs­grös­se w und
  • zum Bil­den der Stellgrösse y.

Reglerarten

Das Zeit­ver­hal­ten einer Regelstrecke kann vom Re­ge­lung­stech­ni­ker kaum beeinflusst wer­den. Deshalb ist es notwendig, den Regler möglichst gut an die Ei­gen­schaf­ten der Regelstrecke an­zu­pas­sen. Dazu stehen folgende Reg­le­r­ar­ten zur Verfügung:

  • Stetige Regler können die Stellgrösse stufenlos und mit praktisch beliebiger Geschwindigkeit ändern, z.B. P-, PI-, PID-Regler.
  • Unstetige Regler können die Stell­g­rös­se nur sprung­haft in zwei oder mehreren Stufen ver­stel­len, z.B. Zwei­punk­treg­ler Ein-Aus (Thermostaten).
  • Stetigähnliche Reg­ler, z.B. Dreipunktregler (Auf-Still­stand-Zu), wirken auf einen Stellmotor.

P-Reg­ler

Der Proportional-Regler verändert die Stellgrösse proportional zur Regelabweichung. P-Regler sind sehr verbreitet, z.B. Reg­ler ohne Hilf­sener­gie (Ther­mo­stat­ven­ti­le, Über­ström­ven­ti­le). Bild 10.10 zeigt die Wir­kungs­wei­se. Der Schie­ber 1 lässt sich um den Stell­be­reich Yh bewegen. Das Ver­hält­nis a/b des Hebelarms be­stimmt den Be­reich, um den der Was­ser­stand sinken bzw. steigen muss, bis der Schie­ber offen bzw. ge­schlos­sen ist. Dieser sogenannte P-Be­reich Xp beträgt hier 30 cm. Der Soll­wer­tein­stel­ler ist so eingestellt, dass bei ei­nem Was­ser­stand von 200 cm das Stellorgan 50 % geöffnet ist. Eine Stö­rung wird automatisch über die Zu­flus­s­men­ge aus­ge­re­gelt. Nun fällt auf, dass für eine be­stimm­te Kor­rek­tur zuerst eine bestimmte Ab­wei­chung vom Soll­wert auftreten muss. Der P-Regler hat eine la­st­ab­hän­gi­ge bleibende Regelabweichung (P-Ab­wei­chung). Wie gross die­se ist, hängt von der Einstellung und vom P-Be­reich ab:

  • Wenn der Regler, wie gezeichnet, auf 50 % Last ein­ge­stellt ist, tritt die grösste bleibende Re­gel­ab­wei­chung bei Volllast und bei Nulllast auf und beträgt die Hälfte des P-Bereichs.
  • Bei Einstellung auf Nul­llast (bzw. Volllast) tritt die grös­ste bleibende Re­gel­ab­wei­chung bei Volllast (bzw. Nul­llast) auf und ent­spricht dem gan­zen P-Bereich.

Am zweck­mäs­sig­sten ist es, den Regler auf den häu­fig­sten Ar­beits­punkt einzustellen. Dann treten nur un­ter ex­tre­men Bedingungen grös­se­re Ab­wei­chun­gen auf. Es ist mög­lich, den P-Bereich zu verkleinern, indem das Ver­hält­nis a/b vergrössert wird. Leider wird dabei der Regler empfindlicher, z.B. auf Wellen. Damit steigt die Gefahr einer instabilen Regelung, d.h., dass die Re­gelg­rös­se zu schwingen beginnt. Die Wahl des P-Be­reichs ist immer ein Kom­pro­miss zwischen Sta­bi­li­tät und Genauigkeit.

Bild 10.10 Wasserstandsregelung mit P-Regler

I-Regler

Der Integral-Regler ver­än­dert die Stellgrösse um so schnel­ler, je grösser die Regelabweichung ist. Er ver­än­dert die Stellgrösse so lange, bis die Re­gel­ab­wei­chung null wird. Der I-Regler ist jedoch sehr lang­sam und wird deshalb kaum eingesetzt.

PI-Regler

Der P-Regler ist schnell, aber un­ge­nau, der I-Regler lang­sam, aber genau. Der Pro­por­tio­nal-In­te­gral-Regler ist die Kom­bi­na­ti­on der bei­den: schnell und genau. Er wird sehr oft ein­ge­setzt.

PD-Regler

Je grös­ser die Änderungsgeschwindigkeit der Re­gel­ab­wei­chung ist, desto grösser wird vor­aus­sicht­lich die not­wen­di­ge Stell­g­rös­sen­kor­rek­tur. Durch Kom­bi­na­ti­on des P-Reglers mit ei­nem sogenannten D-Glied ist es möglich, diesen noch schneller zu ma­chen. Der PD-Regler hat eben­falls eine bleibende Re­gel­ab­wei­chung. Er wird kaum eingesetzt.

PID-Reg­ler

Der Pro­por­tio­nal-In­te­gral-Dif­fe­ren­ti­al-Reg­ler stellt die Kom­bi­na­ti­on der po­si­ti­ven Ei­gen­schaf­ten obiger Reg­ler dar. Er ist sehr schnell und ge­nau und damit auch für schwie­ri­ge Re­gel­strec­ken ge­eig­net. Er wird sehr oft eingesetzt.