5.5.1 Einfache Abluftanlagen

Die mit Feuchtigkeit und Gerüchen belastete Luft wird in den Nassräumen abgesaugt. Die Ersatzluft strömt über Öffnungen in der Gebäudehülle nach (Bild 5.22).

Bild 5.22 Reine Abluftanlage

Bei eher undichten Bauten (n50> 3 h-1) strömt die Ersatzluft ohne nennenswerten Strömungswiderstand über die zufälligen Leckstellen nach. Das Absaugen der belasteten Luft des Raums mit dem Abluftdurchlass ist gewährleistet, nicht jedoch die Belüftung der Räume und die Reduktion der Lüftungsverluste.

Bei sehr dichten Bauten nach heutigen Standards (n50< 1 h-1) strömt die Ersatzluft im Dauerbetrieb über Aussenluftdurchlässe in den Schlaf- und Wohn­zimmern nach. Die Bemessung und Platzierung der Aussenluftdurchlässe sind entscheidend für das Funktionieren und den Komfort. Der Elektrizitätsbedarf für die Luftförderung ist relativ gering, sofern an die Aussenluftfilter keine besonderen An­sprü­che gestellt werden. Die Lüftungsabwärme kann mit Abluft-Wärmepumpen genutzt werden.

5.5.2 Einfache Lüftungsanlage

Auslegung

Eine einfache Lüftungsanlage enthält Zuluftventilator, Abluftventilator, Wärmerückgewinnung und Filter. Diese Art der Wohnungslüftung wird auch als «kontrollierte Wohnungslüftung» (KWL) oder «Komfortlüftung» bezeichnet. Ohne besondere Vereinbarung schlägt [SIA 382/5] folgende Auslegungswerte vor.

Minimale Zuluft-Volumenströme:

  • für Räume ohne nähere Angabe oder welche als Schlafzimmer für zwei Personen genutzt werden können: 30 m3/h
  • Nutzung für nur eine Persion: 20 m3/h
  • Raum im Durchströmbereich: 0 m3/h

Minimale Abluft-Volumenströme (im Dauerbetrieb, je nach Anforderung):

  • Küche (nicht während des Kochens): 20 bis 35 m3/h
  • Bad oder Dusche (mit oder ohne WC): 30 bis 60 m3/h
  • Separates WC: 15 bis 30 m3/h

Kaskadenlüftung

Die Zuluft wird in die Schlaf- und ggf. Wohnzimmer eingeführt. Die Luft überströmt dann ins Wohnzimmer und den Korridor. Schliesslich wird die Abluft in Bad, WC und Küche entnommen. Diese serielle Luftführung von einem Raum zum andern wird als Kaskadenlüftung bezeichnet (Bild 5.23). Die Zuluftverteilung erfolgt meistens in der Decke oder in Flachkanälen im Bereich Dämmung/Unterlagsboden. Die Stockwerkhöhe muss hierfür etwas grosszügiger bemessen werden. Der Zuluftvolumenstrom muss für jeden Raum einreguliert werden können. Die Luft kann durch vergrösserte Türspalten oder bei Bedarf durch schalldämmende Wanddurchlässe von Raum zu Raum überströmen.

Bild 5.23 Einfache Wohnungslüftungsanlage

Bei genügendem Wirkungsgrad der Wärmerückgewinnung kann auf Lufterhitzer in der Zuluft verzichtet werden. Wenn die Zuluftleitungen innerhalb der thermischen Hülle verlaufen (ohnehin empfehlenswert), gleicht sich die Lufttemperatur mit zunehmender Transportdistanz recht bald an die umgebende Raumtemperatur an.

Wohnungslüftungsgeräte können hohe Anforderungen an Energieeffizienz, Hygiene und Schall erfüllen. Es gibt einen neutralen Produktevergleich nach diesen Kriterien aufgrund eines technischen Reglements [Dek]. Jedoch gewährleistet nur eine einwandfreie Wartung, dass die guten Eigenschaften erhalten bleiben.

Platzierung der Durchlässe

Die Frage, ob im Wohn-Esszimmer ein Zuluftdurchlass notwendig ist, wurde experimentell untersucht und rechnerisch simuliert [Bar]. Dabei wurde eine Wohnung mit lüftungstechnisch besonders ungünstigem Grundriss ausgewählt (Bild 5.24). Das Resultat ist, dass trotzdem die Durchlüftung des offenen Wohn-Esszimmers gut funktioniert. Die Durchmischung ist so stark, dass keine Kurzschlussströmung aus dem Durchgang zum Küchenabluftdurchlass entsteht. Auf Zuluftdurchlässe im Wohnzimmer kann also verzichtet werden. Daraus ergeben sich namhafte Vorteile bezüglich Energieverbrauch, Erstellungs- und Betriebskosten.

Bild 5.24 Beispiel für die Platzierung der Durchlässe für eine ungünstige Zimmeranordnung, ohne Zuluft im Wohnzimmer [Bar]

Verbundlüftung

Die Luft in einer Wohnung vermischt sich gut, solange die Türen offen stehen. Wenn eine Türe geschlossen ist, wird die Zimmerlüftung sichergestellt durch einen aktiven Überströmdurchlass. Dieser enthält einen kleinen, leisen Ventilator, welcher die Luft zwischen Korridor und Zimmer umwälzt. Der Ventilator ist nur bei geschlossener Türe in Betrieb. Zum aktiven Überströmdurchlass gehört ein Überströmdurchlass für die Rückströmung. Aktive Überströmdurchlässe werden in die Zimmertüren oder die Trennwände eingebaut. Damit benötigt eine Wohnung nur einen einzigen Zuluftdurchlass, der irgendwo im Hauptraum platziert werden kann (Bild 5.25). Die Zuluftleitungen zu den Zimmern entfallen. Die Verbundlüftung ist auch für Büros geeignet [Ver].

Bild 5.25 Dieselbe Wohnung mit Verbundlüftung

Einzelraumlüftung

Einzelraumlüftungsgeräte sind kleine, einfache Lüftungsanlagen (meistens mit Wärmerückgewinnung), welche nur einen einzigen Raum versorgen. Diese werden direkt in eine Aussenwand des Raums eingebaut. Das Luftverteilsystem entfällt. Der Betrieb kann optimal an die Benutzung angepasst werden. Allerdings muss auch die Wartung entsprechend individuell erfolgen.

5.5.3 Luftheizung

Eine Luftheizung ist eine einfache Lüftungsanlage mit einem Lufterhitzer, welcher die Zuluft auf eine Temperatur über der Raumtemperatur erwärmt (Bild 5.23). Die mechanische Lüftung übernimmt damit eine Heizfunktion (anstelle oder zusätzlich zu der üblichen Wasserheizung).

Eine Nur-Luft-Heizung kommt praktisch nur beim Einfamilien-Passivhaus mit weitgehend offenem Grundriss infrage. Der Luftvolumenstrom sollte das hygienisch Notwendige aus Gründen des Transportenergiebedarfs und der Kanalgrösse nicht wesentlich überschreiten. Dann sind bei Auslegungsbedingungen in der Regel Zulufttemperaturen von über 40 °C erforderlich (Gefahr des Versengens von Staub). Bad und Küche müssen zu Heizzwecken konzeptwidrig mit Zuluft versorgt werden. Eine Temperaturregelung in den einzelnen Räumen ist kaum möglich. Der Zuluftkanal muss ausserhalb des Raums, für welchen die Warmluft bestimmt ist, gedämmt werden. Andernfalls wird die Wärmeleistung schon ausserhalb des Zielraums abgegeben. Luftheizungen bedürfen sehr sorgfältiger Planung, sonst sind Komfortmängel zu erwarten.

5.5.4 Allgemeine Fragen

Zentrale oder dezentrale Anlagen?

Wohnungslüftungen werden als zentrale Anlagen pro Gebäude, als Anlagen pro Wohnung bis hin zu Geräten pro Raum gebaut. Eine Zentralisierung hat Vorteile bezüglich Wartung. Die Vorteile der Zentralisierung sind jedoch geringer als bei Heizanlagen, da Luft räumlich und energetisch aufwendiger zu transportieren ist. Zentrale Lüftungsanlagen beschränken die individuelle Einflussnahme. Wohnungen für den gehobenen Bedarf eignen sich meistens für dezentrale Lösungen.

Abluft-Wärmepumpen

Wärmepumpen mit Abluft als Wärmequelle können beispielsweise zur Wassererwärmung eingesetzt werden. Die Wärmepumpe wird eine gute Arbeitszahl aufweisen, wenn die Ablufttemperatur hoch ist. Das Konzept bedingt allerdings Dauerbetrieb, was mit der Wasser­erwärmung nur bedingt vereinbar ist.

Kochherde

Die örtlich und zeitlich konzentriert anfallende Abluft beim Kochen sollte nicht über die im Dauerbetrieb stehende Wohnungslüftung abgeführt werden, dafür ist der Volumenstrom zu gering. Der Abluftvolumenstrom sollte in der Regel 150 bis 600 m3/h betragen, damit er wirksam ist. Es bestehen folgende Möglichkeiten für eine intensive Lüftung während des Kochens:

  • Anschluss der Abzugshaube an die einfache Lüftungsanlage: Zu- und Abluftvolumenstrom der Anlage erhöhen und möglichst die gesamte Abluft mittels einer Klappe über die Haube führen. Filterung und Brandschutz beachten.
  • Umlufthaube mit Aktivkohlefilter: Einfaches Konzept, jedoch teure Filter mit beschränkter Standzeit bei fettreichem Kochen.
  • Ablufthaube mit gesteuertem Aussenluftdurchlass: Der Abluft-Ventilator erzeugt einen geringen Unterdruck in der Küche, sodass die Aussenluft über eine automatisierte Klappe oder ein Fenster nachströmt. Günstige Wartung.

In heutigen, dichten Bauten muss das Ersatzluftproblem einwandfrei gelöst werden. Es entstehen sonst viel zu grosse Unterdrücke in der Wohnung. Die Ersatzluft strömt nach auf hygienisch fragwürdige Art durch die Bad-Abluftanlage, den Zimmerofen, die Steckdosen, die Heizungs- und Warmwasserverteilungen.

Feuerung und Wohnungslüftung

Bei Feuerungen innerhalb der dichten, thermischen Gebäudehülle muss die Verbrennungsluft direkt der Feuerung zugeführt werden. Holzfeuerungen im Wohnraum weisen Undichtheiten bei der Feuerraumtür oder dem Aschenbehälter auf. Bei solchen raumluftabhängigen Feuerungen können bei einem Unterdruck Abgase austreten. Als Richtwert gilt, dass der Unterdruck im Aufstellungsraum nicht höher als 4 Pa sein soll [SIA 384/1]. In einem normgemäss dichten Haus stört eine Küchen­abluft (ohne geregelte Ersatzluft) eine Feuerung in unzulässiger Weise. Hingegen ist von einem einzelnen WC- oder Badventilator mit einem Abluftvolumenstrom von 60 m3/h keine nennenswerte Störung zu erwarten.