6.4.1 Kaltwasseranlage

In der Klimatechnik und der Industrie werden für grössere Kühlleistungen hauptsächlich Kaltwasseranlagen eingesetzt. Eine Kaltwasseranlage besteht aus (Bild 6.12):

  • dem Kaltwassersatz (water chiller), um das Anlagewasser (oder Sole) abzukühlen,
  • dem Rückkühlwerk (Wärmesenke), um die nicht nutzbare Abwärme an die Umgebungsluft abzugeben,
  • die Kälteabgabe (Wärmequelle), z.B. Luftkühler, Kühldecken oder Tabs.

Verbunden sind diese drei Hauptbestandteile durch zwei hydraulische Kreise oder Netze:

  • den Kühlwasserkreis und
  • das Kaltwassernetz (oder Solenetz).

Der Kaltwassersatz ist eine Baueinheit hauptsächlich aus Verdampfer, Kompressor und Kondensator (Kapitel 2.4). Der Verdampfer erzeugt Kaltwasser mit einer Vorlauftemperatur von 5 bis 18 °C (Sole auch < 0 °C). Die Rücklauftemperatur ist 4 bis 8 K höher. Aus Effizienzgründen sollte eine Vorlauftemperatur von mindestens 16 °C angestrebt werden. Die Vorteile, indirekt durch Kaltwasser zu kühlen, sind:

  • von der Wärmequelle getrennte Aufstellung des Kaltwassersatzes,
  • es muss bei der Montage nicht in den Kältemittelkreislauf eingegriffen werden,
  • kleine Kältemittelmenge,
  • Hydraulik wie bei Heizungsanlagen.

Bild 6.12 Schema einer Kaltwasseranlage

6.4.2 Kältespeicher

Aus analogen Gründen wie bei der Wärmeerzeugung werden bei der Kälteerzeugung Speicher eingesetzt.

Kaltwasserspeicher

können als Pufferspeicher im Kaltwassernetz eingesetzt werden, um kurzfristig (0,2 bis 2 Stunden) die Energie zu speichern. Sie dienen dazu, minimale Laufzeiten der Kältemaschine zu erreichen. Für Kaltwasserspeicher sind ähnliche Überlegungen wie bei Wärmespeichern hinsichtlich der hydraulischen Schaltungen und der Regelung anzustellen.

Eisspeicher

nutzen die Schmelzwärme von Wasser und speichern deshalb viel mehr Energie pro Volumeneinheit als Kaltwasserspeicher. Die Einbindung in das hydraulische Netz und die Regelung ist zwar schwieriger. Trotzdem werden Eisspeicher aus folgenden Gründen oft eingesetzt:

  • geringere Investition dank kleinerer Kälteerzeugung,
  • Reduktion der elektrischen Spitzenleistung,
  • Ausnutzung günstiger Stromtarife,
  • Überbrückung von Anlageausfällen.

Es gibt verschiedene Eisspeichersysteme. Im Folgenden wird der Eisspeicher mit Wärmeübertragerrohren besprochen, die von Sole durchströmt werden (Bild 6.13). Die Kunststoffrohre befinden sich in einem mit Wasser gefüllten Kunststoffbehälter. Das Umlenkventil (VU) wird nur im Ladebetrieb auf Umlenkung gestellt, sonst auf Durchgang. Oft erfolgt die Kälteabgabe an den Nutzer über ein Kaltwassernetz, was einen Sole-Wasser-Wärmeübertrager bedingt. Der Eisspeicher wird wie folgt bewirtschaftet:

  • Ladebetrieb: Nachts besteht kein Kühlleistungsbedarf. Das Regelventil (VR) regelt auf eine Temperatur θTC von –1 °C. Die Sole mit einer Temperatur unter dem Gefrierpunkt lässt das Wasser gefrieren. Mit einer geschickten Konstruktion werden Beschädigungen am Speichersystem vermieden (System Calmac).
  • Beipassbetrieb: Der Kühlleistungsbedarf wird ganztags vom Kaltwassersatz gedeckt. Das Regelventil (VR) steht so, dass der gesamte Solevolumenstrom den Eisspeicher umgeht.
  • Entladebetrieb: Der Kühlleistungsbedarf übersteigt die Kälteleistung des Kaltwassersatzes. Das Regelventil (VR) regelt θTC auf eine Mischtemperatur von beispielsweise 10 °C, sodass die Leistungsbezüge aus dem Kaltwassersatz und dem Eisspeicher eine ähn­liche Grössenordnung aufweisen.

Bild 6.13 Beispiel einer Eisspeicheranlage

Der Nachteil der Eisspeicherssysteme ist die für die Speicherladung benötigte tiefe Verdampfungstemperatur, welche eine vergleichsweise schlechte Arbeitszahl nach sich zieht. Es ist deshalb zu überlegen, ob die Spitzenleistung durch andere Massnahmen reduziert werden kann.

Bild 6.14 Prinzipien von Rückkühlwerken

6.4.3 Rückkühlung

Bei Kaltwassersätzen und oft auch bei freier Kühlung muss die Abwärme einer Kühlstelle an die Umgebungsluft abgegeben werden. Kühlstellen sind z.B. Kondensatoren oder Bauteilkerne. Nach einer allfälligen Abwärmenutzung wird das Kühlwasser in einem Rückkühlwerk rezykliert:

  • Der Trockenkühler ist ein Rohrbündelwärmeübertrager Wasser–Luft (Bild 6.14 oben, jedoch ohne den gestrichelten Sekundärkreislauf). Im Idealfall kann das Wasser bis zur Lufttemperatur abgekühlt werden.
  • Beim geschlossenen Nasskühler wird das Rohrbündel auf der Luftseite zusätzlich mit Verdunstungswasser besprüht. Durch die Verdunstung kann das Prozesswasser theoretisch bis zur Feuchtkugeltemperatur (Anhang 11.6) abgekühlt werden. Diese ist tiefer als die Lufttemperatur. Dieser Kühler ist für grössere Leistungen geeignet.
  • Der Hybridkühler ist ein geschlossener Nasskühler, der sowohl nass als auch trocken betrieben wird. Die Betriebswahl erfolgt entsprechend der benötigten Leistung. Der Hybridkühler ermöglicht einen geringen Verbrauch an aufbereitetem Verdunstungswasser.
  • Der offene Nasskühler bringt das Kühlwasser ohne Zwischenschaltung eines Wärmeübertragers direkt in Kontakt mit der Luft. Das Prozesswasser rieselt über Füllkörper, dabei verdunstet ein geringer Teil davon. Auch hier kann das Wasser im Idealfall bis zur Feuchtkugeltemperatur abgekühlt werden. Diese Rückkühlwerke sind besonders leistungsfähig. Nachteilig sind die Verunreinigung des Kühlwassers, die Dampfschwaden in der kühlen Jahreszeit und die aufwendigere Wartung.

Abwärmenutzung: Das erwärmte Kühlwasser am Austritt aus dem Kondensator soll nach Möglichkeit noch genutzt werden, etwa für eine Warmwasservorwärmung oder eine Belüftung von kalten Untergeschossen. Da oft nicht der ganze Kühlwasserstrom über eine solche Zusatzeinrichtung geleitet werden kann, wird nur ein zuschaltbarer Teilstrom abgezweigt.

6.4.4 Gekoppelte Kühl- und Heizanlage

Prinzip der Kälte-Wärme-Maschine

Bei vielen Nutzungen besteht sowohl Kälte- als auch Wärmebedarf. Anstelle getrennter Wärme- und Kälteerzeugungen werden die beiden Funktionen mit grossem energetischem Vorteil mittels einer Kältemaschine bzw. Wärmepumpe zusammengelegt. Die Kältenutzungen dienen soweit möglich als Wärmequellen der Anlage, die Wärmenutzungen soweit möglich als Wärmesenken. Eine Ungleichzeitigkeit von Wärme- und Kältebedarf im Rahmen eines Tages wird mit Wasserwärmespeichern überbrückt, eine saisonale Ungleichzeitigkeit mit Erdwärmesonden. Bei grossem Wärmebedarf wird Wärme aus der Sonde bezogen, bei grossem Kältebedarf wird Wärme an die Sonde abgegeben (Bild 6.15).

Bild 6.15 Wärmeflüsse der Kälte-Wärme-Maschine

Leistung und Gesamtleistungszahl

In Restaurants, Bäckereien, Metzgereien, Verkaufslokalen besteht ein Leistungsbedarf für alle vier Nutzungen. Die Leistungsbedarfe der verschiedenen Nutzungen hängen stark von der Aussentemperatur ab (Bild 6.16).

Bild 6.16 Kühlleistungs- und Wärmeleistungsbedarf (24 h-Mittelwerte) am Beispiel einer Autobahnraststätte, a: Heizleistungsbedarf vorhanden, b: weder Heiz- noch Klimakälteleistungsbedarf, c: Klimakälteleistungsbedarf vorhanden [BFE6]

Die Gesamtleistungszahl (gesamte Nutzleistung/elektrische Leistung) der Kälte-Wärme-Maschine ist abhängig vom Betriebszustand. Sie bewegt sich zwischen folgenden Eckwerten (vereinfachtes Beispiel):

  • reine Kältenutzung, εKM = 2,
  • reine Wärmenutzung, εWP = 3,
  • optimale gekoppelte Nutzung, εKWM = εKM + εWP = 5.

Das Optimum wird erreicht, wenn der Heizleistungsbedarf gerade um die elektrische Leistung höher ist als der Kühlleistungsbedarf, d.h., wenn das Verhältnis Heiz- zur Kühlleistung 1,5 beträgt.

Direkt- und Indirektsysteme

Mit Direktverdampfer bzw. Direktkondensator ausgerüstete Anlagen, wie diejenige nach Bild 6.16, sind besonders energieeffizient. Sie sind aber anspruchsvoll in der Planung. Nachteilig ist der grosse Kältemittelbedarf (lange Leitungen zu den Peripheriegeräten), sodass Direktsysteme nur für kleinere Leistungen zulässig sind.

Bei Indirektsystemen bedienen Zwischenkreisläufe die Peripheriegeräte. Wegen des modulareren Aufbaus können Seriemaschinen eingesetzt werden, sodass die Planung einfacher ist. Eine Klimakälte-Wärme-Anlage mit Indirektsystem wird in [BFE1] detailliert beschrieben.