8.3.1 Analyse nach [SIA 2056]

Das Merkblatt SIA 2056 «Elektrizität in Gebäuden – Energie- und Leistungsbedarf» ist auf die Phase Vorprojekt gemäss [SIA 112] ausgerichtet. Es werden keine Grenz- und Zielwerte gefordert, das Merkblatt enthält jedoch in den Hinweisen und Tabellen umfangreiche Informationen zu aktuellen Werten und dient damit der Effizienzoptimierung des Elektrizitätsverbrauchs. Das Zielpublikum sind die Fachingenieure der Gebäudetechnik, in erster Linie Elektroplaner.

Es werden folgende Themen neu bzw. neuartig behandelt:

  • Geräte: Elektrische Geräte werden nicht als einzelne Gerätekategorien behandelt, sondern als Gerätekombinationen funktioneller Art zusammengefasst, womit eine Quantifizierung in der Vorprojektphase besser möglich wird. Beispiele von Gerätekombination sind: «Gastro 1»: eine Teeküche mit Kühlschrank und Geschirrspüler. «Gastro 2»: Gastro 1 plus Backofen, Grill etc., aber noch nicht ein Restaurant. «Büro sporadisch» und «Büro normal» sind kleine bzw. normal ausgestattete Büroarbeitsplätze. Für alle Gerätekombinationen werden Energie- und Leistungsbedarf je nach Ausstattung und Nutzung angegeben.
  • Prozessanlagen: Es werden nur einige häufig vorkommende Anlagen wie z.B. gewerbliche Kühl- und Tiefkühlmöbel oder Grossküchengeräte behandelt. Industrielle Prozessanlagen können wegen deren Vielfalt nach wie vor nicht behandelt werden.
  • Beleuchtung: SIA 2056 enthält eine vereinfachte Berechnungsmethode, basierend auf der Norm [SIA 387/4], damit diese nicht unbedingt für die Elektrizitätsberechnungen in der Vorprojektphase benötigt wird.
  • Allgemeine Gebäudetechnik: Unter diesem Begriff gibt es viele neue Anwendungen mit teils nicht unerheblichem Elektrizitätsbedarf, von Inhouse-Mobilfunk über Videoüberwachung bis Zutrittskontrolle. Für 26 Unterkategorien enthält SIA 2056 Angaben zu Energie- und Leistungsbedarf (Bild 8.5).
  • Wärme: SIA 2056 gibt knappe Angaben, wie der elektrische Leistungs- und Energiebedarf von Wärmepumpenheizungen, basierend auf [SIA 384/3], von Hilfsenergie für Heizung/Warmwasser und von elektrischen Heizbändern zu berechnen sind.
  • Lüftung/Klimatisierung: SIA 2056 ermittelt den Leistungs- und Energiebedarf von Lüftungsanlagen anhand der Nutzfläche, der spezifischen Ventilatorleistung oder der Druckdifferenz. Die Anlagenplanung, welche die Basisdaten hierfür liefert, muss auf der Grundlage von [SIA 382/1] erfolgen.
  • Elektrizitätsbedarf von Wohnbauten: Anhand eines einfachen Rechenmodells können der Leistungs- und Energiebedarf von Wohnbauten ermittelt werden, basierend entweder auf der Personenzahl oder der Wohnungsfläche.
  • Elektrizitätserzeugung: Für gebäudeeigene Fotovol-
    taikanlagen und Wärmekraftkopplung liefert SIA 2056 einfache Berechnungsmodelle für deren Beitrag zur Elektrizitätsbilanz. Auch Batteriespeicher (mit PV) werden berücksichtigt. Die berechneten Werte dienen nur der Abschätzung in der frühen Projektphase; für die Projektierung ist nach den einschlägigen Normen und Methoden zu rechnen.

Der ermittelte Elektrizitätsbedarf für elektrische Geräte, Anlagen und Beleuchtung bildet auch eine Grundlage für die Bestimmung der internen Wärmeeinträge Elektrizität bei der Optimierung des Heizwärmebedarfs nach Kapitel 1.4.

Das Merkblatt [SIA 2024] «Raumnutzungsdaten für die Energie- und Gebäudetechnik» kann neben dem thermischen Bedarf auch eine Abschätzung des elektrischen Leistungs- und Energiebedarfs von Gebäuden liefern, allerdings nur auf Basis der Nettogeschossflächen pro Raum und ohne Berücksichtigung der allgemeinen Gebäudetechnik. Die Ergebnisse aus SIA 2056 sind deshalb umfassender und genauer.

Hinweise zur Vorgeschichte: Das Merkblatt SIA 2056 ersetzt Teile der ausser Kraft gesetzten Norm SIA 380/4 «Elektrische Energie im Hochbau». Das Thema «Lüftung» wird neu in [SIA 382/1], «Beleuchtung» in [SIA 387/4] behandelt. Der frühere Begriff «Betriebseinrichtungen» wird nicht mehr verwendet.

Bild 8.5 Inhalt «Allgemeine Gebäudetechnik» [SIA 2056]

8.3.2 Verbrauchs- und Erfolgskontrolle

Nutzen der Verbrauchsmessung

Aus verschiedenen Gründen und zu verschiedenen Zeiten ist der Elektrizitätsverbrauch interessant:

  • Funktions- und Erfolgskontrolle bei Neubauten oder nach Erneuerungen bzw. Effizienzmassnahmen;
  • Abrechnung von Energiekosten nach effektivem Verbrauch (z.B. Gemeinschafts-Waschküche in MFH oder zentrale Dienste in Nichtwohnbauten);
  • Zustandsaufnahme vor Sanierungen bzw. Erneuerungen;
  • für Eigenverbrauchsgemeinschaften mit Eigenstrom-Erzeugungsanlagen (z.B. PV, vgl. Kapitel 8.5) liefert die Verbrauchsmessung der einzelnen Bezüger die Grundlage für die Stromkosten-Verrechnung.

Messkonzept

Oft ist nur ein einziger Elektrizitätszähler pro Gebäude installiert. Er dient in erster Linie der Verrechnung durch das Elektrizitätswerk. Eine feinere Aufgliederung des Verbrauchs wird durch die Installation sogenannter Privatzähler für wichtige Verbrauchergruppen, wie beispielsweise Heizzentralen, erreicht. Zu diesem Zweck werden elektronische Energiemessgeräte ins Verteiltableau eingebaut. Solche nicht eichfähigen Messgeräte kosten etwa 100.– (einphasig) bis 400.– CHF (dreiphasig). Das kann sich sogar nachträglich lohnen. Voraussetzung für die Erfassung sinnvoller Verbrauchergruppen ist eine zweckmässig aufgebaute Elektroverteilung. Geeignete Sektoren sind z.B. Beleuchtung, Wärmeversorgung, allgemeine Gebäudetechnik, Steckdosen/Geräte.

Steckbare Energie- und Leistungsmessgeräte lassen sich zwischen Verbraucher und Steckdose einstecken und zeigen Verbrauch, Leistung und z.T. weitere Daten wie den Leistungsfaktor an. Es gibt heute sehr kostengünstige und recht genaue Energiemessgeräte [Top1]. Wenn die Werte als Verlauf über einen gewissen Zeitraum gewünscht werden, sind teurere, registrierende Messgeräte erforderlich.

Für die temporäre bzw. nachträgliche Messung fest installierter Geräte oder Anlagen sind oft dreiphasig messende Geräte und eine Installation durch Fachpersonal erforderlich. Die Einrichtung der Messung sollte einwandfrei dokumentiert werden, damit die Ergebnisse nachvollziehbar und vertrauenswürdig sind.

Energiebuchhaltung

Viele Gebäudeautomations- (GA-) oder «Smart-Home»-Systeme können – entsprechende Energiezähler oder Sensoren vorausgesetzt – eine Energiebuchhaltung liefern. Es ist darauf zu achten, dass diese Funktionen auch aktiviert und konfiguriert werden. Der erhoffte Nutzen ergibt sich natürlich nur, wenn die Ergebnisse geeignet dargestellt und analysiert werden.

Auch ohne GA kann eine Energiebuchhaltung mit althergebrachten Mitteln etabliert werden: Zählerstände regelmässig, z.B. monatlich erfassen und in (elektronische) Tabellenformulare eintragen, welche die Auswertung erleichtern.

Damit lassen sich betriebliche Unregelmässigkeiten erkennen und der Erfolg stromsparender Massnahmen kann laufend kontrolliert werden.