Ausgangslage

Die Familie Steinegger von May stand vor der Entscheidung, das alte rund 80-jährige Haus zu sanieren oder durch einen Neubau zu ersetzen. In verschiedenen Studien wurden die zu erwartenden Konsequenzen dargelegt. Nutzflächengrösse, Nutzungsqualitäten und Kosten wurden verglichen. Der Entscheid fiel zu Gunsten jener Variante, welche die höchste Zukunftsfähigkeit versprach. So entstand auf dem durch eine Baulinie eingeschränkten Bauplatz ein nach Miniergie-P-Eco zertifizierter Ersatzbau, der die bestehende Siedlungsstruktur sinnvoll ergänzt.

Die gesetzmässig maximale Ausnutzung soll ausgeschöpft werden, damit der Bau auch in Zukunft möglichst sinnvoll und von verschiedenen Bewohnern genutzt werden kann. Statisch sollten möglichst wenig tragende Elemente eine hohe Flexibilität gewährleisten. So kann jedes Geschoss nachträglich auf einfache Weise zu einer separaten Wohnung umgestaltet werden. Hierfür nahm die Bauherrschaft gewisse Mehrkosten in Kauf.

Das Haus benötigt nur noch einen minimalen Input an Fremdenergie und nutzt vor allem Solarenergie. Die gewählten Baumaterialien sind nachwachsend, arm an grauer Energie und problemlos rückführbar in den Kreislauf der Natur.

Abbildung 96: Direktgewinn über drei Geschosse mit grosszügigen Fenstern. Fassadenintegrierte Warmwasseranlage.
 

Konstruktion

Im Erdgeschoss wird die Statik von massiven, rund 28 Tonnen schweren Stampf­lehmwänden übernommen, im Obergeschoss von einzelnen Zimmerwänden. Innovativ ist der Holzboden: Rund 120m³ mondphasengerecht geschlagenes Tannenholz wurde kreuzweise verlegt und durch rund 600 Buchendübel pro Geschoss zu einer steifen Platte vereint. Absolut metallfrei verbunden bildet dies eine Grundlage vergleichbar mit einer massiven Betondecke. Die tragenden Aussenwände sind auf das statische Minimum reduziert (Holzständer 16 cm), werden innen durch eine gedämmte Installationsebene ergänzt und aussen soweit gedämmt, dass die Minergie-P-Anforderungen erfüllt werden.

Vierfache Sonnennutzung

Sämtliche energetischen Anforderungen von Minergie-P sind erfüllt. Die Winddichtigkeitsmessung ergab den sehr guten Wert von 0,27 bei geforderten 0,6. Die Werte entsprechen der Luftwechselrate n50,st nach Minergie, also dem Luftwechsel bei einer Druckdifferenz von 50 Pa. Für die Installationen wurden die elektrobiologischen Richtlinien angewandt. Das Regenwasser wird in einem 5000 Liter fassenden erdverlegten Tank gesammelt und für Toilette und Gartenbewässerung genutzt, was rund 50% des Trinkwasserverbrauches einspart. Das Gebäude nutzt die Sonne auf vier Arten. Die grosszügigen Südfenster mit rund 35 m2 Fläche ermöglichen einen optimalen solaren Direktgewinn, der in den Steinböden und den Lehmwänden gespeichert wird. 8 m2 fassadenintegrierte Sonnenkollektoren erwärmen das Wasser mit einem hohen Deckungsgrad. Reicht die Sonnenwärme nicht aus, deckt ein Pelletofen den kleinen Restwärmebedarf.

Abbildung 97: Die organische, dem Sonnenverlauf folgende Form prägt den Innen- und Aussenraum.
 

Baubiologische Materialien

Das Haus setzt bewusst auf eine hohe Qualität der verwendeten Materialien. Sie sind langlebig, kostengünstig im Unterhalt, einfach zu reparieren, multifunktional und gewährleisten gesundes Wohnklima. Während das Untergeschoss mit Recyclingbeton erstellt wurde, prägen ab der Bodenplatte die Materialien Holz, Holzfaserplatten, Kork, Kokos und Glas das Gebäude. Alle Bauteile sind trennbar eingebaut, so dass sie ohne grossen Aufwand ausgebaut und wiederverwendet werden können. Ist die äussere Schicht durch Verwitterung unbrauchbar geworden, kann sie ebenfalls einfach rückgebaut und ersetzt werden. Die Fenster sind so eingesetzt, dass jederzeit ein kompletter Ersatz mit geringem Aufwand möglich ist. Die Badezimmer sind mit einer Kalkglätte anstelle von Platten ausgeführt, die sich angenehm anfühlt und eine homogene Oberfläche aufweist.

Objektdaten
Baujahr 2010
Standort Kilchberg
Anzahl Wohnungen 1– 3, wandelbar
Grundstücksfläche 830 m3
Gebäudevolumen SIA 416 996 m3
Energiebezugsfläche (korrigiert) EBF 381 m2
Gebäudehüllziffer 1,64
Gebäudehüllfläche (unkorrigiert) 772 m2
Anteil Fenster und Türen an der Gebäudehüllfläche 11,7 %
Spezifische Speicherfähigkeit SIA 380/1 0,08 kWh/(m2 K)
Heizwärmebedarf SIA 380/1 14,2 kWh/(m2 a)
Energieverbrauch Wärme (Heizung und Warmwasser) 28,1 kWh/(m2 a)
Label Minergie-P-Eco
Projektverfasser Oikos, Jörg Watter
 
Abbildung 98: Wandelbarkeit der Grundrisse – mit minimalem Aufwand können aus einer Wohnung 2 oder 3 Wohnungen entstehen, womit die Bewohnerzahl auf 7 bis 8 erhöht werden kann.
 
 

Aussenwand

  • Holzschalung (20 mm)
  • Lattenrost (25 mm)
  • Hinterlüftung (30 mm)
  • Windpapier
  • Holzfaserdämmplatte (16 cm)
  • Windpapier
  • Holzschalung (15 mm)
  • Holzkonstruktion, mit Zelluloseflocken gedämmt (16 cm)
  • Pavaplan 3F (0,8 cm), Stösse und Anschlüsse Boden, Wand, Decke abkleben
  • Lattung horizontal (4 cm), gedämmt
  • Lattung vertikal (4 cm), gedämmt
  • Gipsfaserplatte (1,5 cm)

 

Dach

  • Substrat (8 cm) inkl. Ansaat
  • Gummischrotmatte
  • Abdichtungsbahn
  • 3-Schicht-Platte (27 mm)
  • Hinterlüftungslattung konisch (10  cm – 14 cm), Montage mit Nageldichtungen
  • Unterdachbahn, diffusionsoffen, wasserdicht
  • Isoroof (35 mm)
  • Balkenlage mit Zellulosedämmung (28 cm)
  • Dampfbremse
  • Balkendecke,1-lagig (14 cm)
Abbildung 99: Im Schnitt ist die massive, kreuzweise verlegte und nur mit Holzdübeln verbundene Holzdecke (total 36 cm Holz) gut sichtbar.