Das sanierte Wohnhaus Bünter in Horgen ist nach Minergie-P-Standard zertifiziert und erreicht dank einer 60 m2 grossen Photovoltaikanlage eine positive Energiebilanz. Schonender Umgang mit der bestehenden Bausubstanz, energetisch möglichst autark und eine baubiologisch und bauökologisch konsequente Bauweise waren die drei Hauptkriterien der Bauherrschaft. Die Bewohner sind sich bewusst, dass sie einen massgebenden Einfluss auf den Energieverbrauch des Hauses haben.

Sonnenenergie in drei Bereichen genutzt

Die Analyse des bestehenden Baues ergab, dass Sonnenenergie auf drei Arten genutzt werden kann:

1. Solarer Direktgewinn: Da sich die Hauptfassade gegen Süd-Südwesten richtet, wurde eine hohe passive Nutzung der Sonnenenergie angestrebt. Die grosszügigen Fensteröffnungen ermöglichen es der Sonne, im Winter tief in das Gebäude einzudringen. Über die rund 13 m2 Solarfenster können bis zu 5200 Watt Heizenergie gewonnen werden. Als Speichermasse dienen die massiven Lehmwände sowie die dicken Lehmputze in den einzelnen Geschossen. An einem sonnigen Wintertag können so über 50% der benötigten Gesamtenergie geerntet werden. Die Zusatzheizung kommt nur zum Einsatz, wenn es mehrere Tage lang stark bewölkt ist. Zusdem hat dieses System den Vorteil, dass der Bewohner selber entscheiden kann, ob er die Zusatzheizung starten will oder einen dickeren Pullover anzieht.
2. Solaranlage für Warmwasser: Neben den Solarfenstern wurde in der Fassade eine 5 m2 grosse thermische Solaranlage zur Wassererwärmung integriert. Sie deckt über 60% der benötigten Warmwasserenergie.
3. Photovoltaikanlage auf dem Hauptdach: Auf dem südöstlichen Dachteil produziert eine vollintegrierte Photovoltaikanlage mit einer Fläche von 60 m2 6700 kWh – rund doppelt so viel elektrische Energie, wie die Bewohner benötigen.

Objektdaten
Baujahr1760, Sanierung: 2009
StandortHorgen
Anzahl Wohnungen1– 2, wandelbar
Gebäudevolumen SIA 416597 m3
Energiebezugsfläche (korrigiert) EBF236 m2
Gebäudehüllziffer1,9
Gebäudehüllfläche (unkorrigiert)464 m2
Anteil Fenster und Türen an der Gebäudehüllfläche9 %
Spezifische Speicherfähigkeit SIA 380/10,03 kWh/(m2 K)
Heizwärmebedarf SIA 380/119,4 kWh/(m2 a)
CO2-Emissionenvorher 15 576 kg/a nach Sanierung 2780 kg/a Reduktion von 82 %
LabelMinergie-P-Sanierung
ProjektverfasserOikos, Jörg Watter

Gesunde Baumaterialien

Sämtliche verwendeten Materialien wurden auf ihre baubiologischen Eigenschaften geprüft, um ein schadstofffreies Innenraumklima zu gewährleisten. Massivholz, Kalk, Lehm und Naturfarben bilden das Grundgerüst. Für die Dämmung wurden Kork, Zelluloseflocken und Holzfaserdämmstoffe eingesetzt. Alle diese Baustoffe benötigen in der Herstellung geringe Mengen an grauer Energie.

Bestehende Bausubstanz

Während im Erdgeschoss zum Teil ganze Wände ersetzt werden mussten, konnte im Obergeschoss auf den bestehenden Wänden aufgebaut werden. So wurde das ganze Gebäude mit vorgefertigten Holzelementen «eingepackt». Stolz ist Walter Bünter insbesondere auf das Dachgeschoss, wo die alte Tragstruktur gereinigt und so weiterverwendet werden konnte, wie es einst die Erbauer vor 250 Jahren gestaltet hatten. Dank der Verwendung von baubiologischen Materialien ist die Aus­senhülle weiterhin diffusionsoffen.

Das Regenwasser wird genutzt

Um die Wasserressourcen zu schonen, wurde ein 5000-Liter-Regenwassertank eingebaut. Dieses Wasser wird zur Spülung der Toiletten, für die Waschmaschine und den grosszügigen Garten genutzt. So können rund 40 % Frischwasser gespart werden. Ein neuartiger zweistufiger Kalkwandler, der ohne Strom und Salz funktioniert, schützt die Installationen vor Verkalkung. Reinigungs- und Wartungsmittel können stark reduziert werden, es entstehen weniger Kosten und Umweltschädigung.

Abbildung 90: Bestehendes Gebäude mit Werkstatt im Erdgeschoss, Wohnung im Obergeschoss und kaltem Estrich vor der Sanierung.

 

Abbildung 91: Haus Bünter nach der Sanierung – grosse Fenster nach Süden, Fassadenintegrierte Warmwasserkollektoren und Stromproduktion auf dem 60 m2 grossen Dach. Zusammen mit dem Dorfbrunnen bleibt so ein Stück Identität langfristig erhalten.

 

Abbildung 92: 250-jähriger Dachstuhl in neuem Kleid: Balkenlage bestehend gebürstet, Dachdämmung aufgesetzt inklusive neuer Dachstatik, Fassadenbereich mit ungebrannten Lehmsteinen ausgefacht.

 

Abbildung 93: Dreifache Solarnutzung (Direkt, Warmwasser und Strom), Zusatzheizung mit Pelletofen, Lehm als Energiespeicher, Komfortlüftungsanlage mit Erdregister, Regenwassernutzung.
 

Dachaufbau

  • Photovoltaikelemente/Ziegeldach
  • Ziegellattung/Konterlattung
  • Diagonalschalung (27 mm)
  • Pavatex Abdeckbahn, diffusionsoffen
  • Pavatex Isoroof-Natur (35 mm)
  • Neue Sparrenlage (24 cm), Zwischenraum gedämmt
  • Neuer Trägerrost (12 cm), Zwischenraum gedämmt
  • Leichte Dampfbremse
  • 1. Dachschalung (24 mm), raum­seitig gehobelt
  • Bestehende Sparren (im Vordach­bereich abgesägt)

Wandaufbau Obergeschoss, bestehend und neu

  • Bestehende Wand, Holzriegel und Mauerwerk
  • Toleranzbereich (3,6 mm), Dämmmaterial geschüttet
  • Pavaplan 3F (8 mm)
  • Holzständer (24 cm), ausgeflockt
  • Pavatex Isolair (35 mm) (Nord-West-Fassade), 2-mal Knauf-Gipsplatte (1,5 cm), Feuerwiderstand EI 60 (Süd-Ost-Fassade)
  • Rostlattung vertikal (20 mm)
  • Rostlattung horizontal (30 mm)
  • Holz-Fassadenschalung

Wandaufbau Erdgeschoss neu

  • Fermacellplatte (1,5 cm)
  • Holzständer (16 cm), ausgeflockt
  • Diagonalschalung (27 mm)
  • Dampfbremse
  • Toleranzbereich
  • Pavaplan 3F (8 mm)
  • Holzkonstruktion (24 cm), ausgeflockt
  • Pavatex Isolair (35 mm) (Nord-West- Fassade), 2-mal Knauf-Gipsplatte (1,5 cm), Feuerwiderstand EI 60 (Süd-Ost-Fassade)
  • Rostlattung vertikal (20 mm)
  • Rostlattung horizontal (30 mm)
  • Holz-Fassadenschalung

 

Abbildung 94: Sämtliche Bauteile sind mechanisch verbunden und homogen verwendet (keine Verbundstoffe), das bedeutet einfach reparierbar, einfach trennbar, einfach sortierbar und somit fast 100% kreislauf­fähig.

 

Heizen

Reicht im Winter die Sonnenenergie nicht aus, um das Haus zu beheizen, wird die benötigte Heizenergie von einem zentral platzierten Pelletofen geliefert. Dank optimaler U-Werte für die Gebäudehülle und Fenster liegt der Bedarf nur bei rund 10 W/m2. Geheizt wird höchstens während 2 bis 3 Monaten im Winter, was einem Jahresverbrauch von ungefähr 150 l Heizöl entspricht.

Lüftung

Die Lüftungsanlage versorgt das ganze Haus mit frischer Luft. Vor allem im Winter müssen daher die Fenster zum Lüften nicht geöffnet werden, die Wärme bleibt im Haus. Die Zuluft wird durch ein Erdregister angesaugt, dadurch im Winter durch die Erde vorgewärmt und im Sommer gekühlt. Ein für das Minergie-P-Zertifikat notwendiger Luftdichtigkeitstest belegt, dass das Haus winddicht gebaut ist und keine undichten Stellen vorhanden sind, die zu Energieverlusten führen könnten.

Ökobilanz

Viel graue Energie wurde eingespart indem ein bestehendes Haus, das seit Jahren nicht mehr genutzt wurde, wieder in den Zyklus des nutzbaren gebracht wurde. «Abfall» konnte so vermieden werden, was das Haus zu einem idealen Beispiel für ein «cradle to cradle»-Produkt macht. Es wurden konsequent baubiologische, natürliche Materialien verwendet, die sehr wenig graue Energie enthalten und problemlos repariert oder wiederverwendet werden können. Die Elektroinstallationen wurden minimal gehalten, alle Apparate sind A-klassig.

Abbildungen 95: Die bestehende Struktur wurde mit einer zusätzlichen vorgefertigten Holzkonstruktion umhüllt und hochwertig gedämmt. Der einfache Aufbau mit Holzstützen lässt eine hohe Flexibilität für künftige Nutzungen zu.
Abbildung 95-1: Erdgeschoss

 

Abbildung 95-2: Obergeschoss

 

Abbildung 95-3: Dachgeschoss.