Der Transport von Feuchte in Baustoffen setzt je nach Transportphänomen treibende Ursachen voraus:

  • Wasserdampfdruckdifferenz (Dampfdruckgradient dp/dx) → Diffusionsstrom. Dabei muss offener Porenraum zur Verfügung stehen, was im hygroskopischen Bereich unterhalb des kritischen Wassergehaltes ukr zutrifft (dies ist im Allgemeinen für « normal » trockene Baustoffe in der Praxis der Fall (vgl. Werte in Abb. 3.14, Tab. 3.6))
  • Temperaturdifferenz (Temperaturgradient dθ/dx) → Erhöhung des Dampfdruckgradienten;
  • Wassergehaltsdifferenz (Stoffeuchtegradient du/dx) → kapillarer Wasserstrom. Dabei muss freies, ungebundenes Wasser vorausgesetzt werden, was im Bereich höherer Wassergehalte zutrifft, z. B. bei der Austrocknung von Baufeuchte oder Durchfeuchtung infolge Schlagregens. Unterhalb des kritischen Wassergehaltes ukr ist dieser Transport nicht mehr von Bedeutung.

Die obigen Feststellungen zum Feuchtetransport erlauben folgende Schlüsse [3.8]:

  • Für den Nachweis Kondensationsmenge ↔ Austrocknungskapazität im Gleichgewichtszustand ist im Normalfall die alleinige Betrachtung der Wasserdampfdiffusion ausreichend, da die Baustoffe – nach Austrocknung der Baufeuchte – im Allgemeinen Wassergehalte unterhalb des kritischen Wassergehaltes ukr aufweisen (vgl. Werte in Abb. 3.14, Tab. 3.6).
  • In Spezialfällen, bei denen höhere Wassergehalte auftreten, wie z. B. bei Austrocknungs- oder Beregnungsvorgängen, muss eine gesamtheitliche Betrachtung (gekoppelter instationärer Wärme- und Feuchtetransport) beigezogen werden. Es bestehen dazu entsprechende numerische Rechenverfahren [3.5, 3.9, 3.18, 3.19]. Sie sind jedoch für eine Handhabung in der Praxis zu aufwendig, es fehlen oft noch die dafür notwendigen Baustoffkennwerte [3.10], und die Fragen in bezug auf zu verwendende Referenzklimadaten (Aussenklima: Feuchte-Test-Referenzjahr (MDRY: Moisture Durability Test Year) sowie Innenklima: Raumfeuchtebelastung (MICC: Moisture Indoor Climate Classes)) sind noch nicht restlos geklärt [3.12].

Die Kapillarität spielt vor allem in Baustoffen mit Porenradien zwischen 0,1 µm und 1 mm eine wesentliche Rolle. Sehr feinkapillare bzw. sehr grobkapillare Baustoffe zeigen praktisch keine aufsteigende Feuchte (kapillare Wasseraufnahme).

Oberflächenspannungen aufgrund der gegenseitigen Anziehungskräfte der Flüssigkeitsmoleküle (Kohäsion) und Benetzbarkeit infolge Kraftwirkung an der Grenzfläche Flüssigkeit – Feststoff (Adhäsion) sind Ursachen für den kapillaren Feuchtetransport in porösen Baustoffen.

Experimentelle Untersuchungen des zeitlichen Ablaufes des Saugvorganges bei Baumaterialien haben ergeben, dass die Saugweite und damit die kapillare Wasseraufnahme eines Baustoffes in horizontaler Richtung bei unmittelbarem Kontakt mit flüssigem Wasser proportional mit der Wurzel der Zeit zunimmt:

(3.10)

Für vertikale Saugversuche ist das -Gesetz nur in beschränktem Rahmen – bei kurzen Steigzeiten – anwendbar [3.11].

Der Wasseraufnahmekoeffizient w ist die anhand eines Saugversuches ermittelte, aufgesaugte, flächenbezogene Wassermenge während einer Saugzeit von 1 h.

Dieser Baustoffkennwert kann dazu benutzt werden, die Wasseraufnahmefähigkeit von Baustoffen bei Kontakt mit flüssigem Wasser zu charakterisieren: