Der durch Luftwechsel entstehende Wärmeverluststrom beträgt:

(4.29)

Wegen der Vielzahl von Parametern, die den Luftwechsel beeinflussen (z. B. Fugenarten, undichte Rolladenkästen, Undichtigkeiten der Gebäudehülle, Benutzerverhalten, Abluftanlagen etc.), kann es zur Abschätzung der Luftwechselwärmeverluste vorteilhaft sein, Erfahrungswerte aus Messkampagnen beizuziehen (vgl. Tab. 4.10).

Bei tiefen Aussentemperaturen wird im Allgemeinen weniger stark gelüftet als während der Übergangsperioden. Im Mittel kann für monatliche Energiebilanzen mit einem saisonalen Gang des Luftwechsels (Monatsmittel, mit Benutzereinfluss) gemäss untenstehender Tabelle gerechnet werden [4.16].

Der heutige Trend, durch vermehrtes Abdichten von Fugen und Undichtigkeiten die Energieverluste zu minimalisieren und den Lärmschutz – vor allem bei Fenstern und Türen – zu verbessern, führt unter Umständen zu ungenügender Raumluftqualität (CO2-Gehalt, Radonkonzentration, Geruchsstoffe etc.) infolge mangelnder Frischluftzufuhr.

Die dem Aufenthalt des Menschen dienenden Räume müssen aus heutiger Sicht bezüglich Lufthygiene mit minimalen Frischluftmengen von (12–15) m3 · h–1 · Per–1 versorgt werden. Räume mit Rauchern erfordern ungefähr die doppelte Frischluftmenge [4.14].

Für Wohnbauten, die den heutigen Wärmedämmvorschriften entsprechen, erscheint ein Aussenluftwechsel von (0,3–0,4) h–1 bzw. (0,4–0,6) h–1 ohne bzw. mit Berücksichtigung des Benutzerverhaltens angepasst. Um allfälliges Oberflächenkondensat im Bereich kritischer Wärmebrücken zu vermeiden, sind aber unter Umständen höhere Luftwechselraten erforderlich.

Durch sog. Stosslüftung (kurzzeitiges Lüften, ca. 3 bis 5 Minuten) kann die Raumluft bei geringem Wärmeverlust innert kurzer Zeit erneuert werden (kein oder nur geringes Abkühlen der wärmespeichernden Innenbauteile!).

Zur Beurteilung der Luftdichtigkeit der gesamten Gebäudehülle kann der sog. na,50-Wert beigezogen werden: ein Wert, der den Gesamtluftwechsel bei einer künstlich erzeugten, stationären Druckdifferenz von 50 Pa über der Gebäudehülle angibt. Der na,50-Wert kann relativ einfach aus sog. Differenzdruckmessungen bestimmt werden und eignet sich gut zur Beschreibung der Luftdichtigkeit der gesamten Gebäudehülle. Basierend auf Messungen und Erfahrungen werden folgende na,50-Werte für gut wärmegedämmte Wohnbauten empfohlen [4.13]:

Für den zu erwartenden Luftwechsel unter natürlichen Bedingungen sind hingegen na,B-Werte aus statistischen Erfassungen oder aus genaueren Berechnungen zu verwenden.

Neuere Normen verwenden anstelle des na,50-Luftwechsels den sog. spezifischen Luftstrom durch die Gebäudehülle, qa,50. Dieser beschreibt den Luftleckagetrom qv,50 bei Normalbedingungen und 50 Pa Druckdifferenz, bezogen auf die Aussenhüllfläche des Gebäudes:

(4.30)

Der na,50-Wert ist mit dem spezifischen Luftstrom qa,50 wie folgt verknüpft:

(4.31)

Das folgende Diagramm, an der EMPA entwickelt, erlaubt eine erste grobe Schätzung der zu erwartenden mittleren Luftwechselzahlen auf Grund von na,50-Messwerten [4.18]. Das Verfahren ist in der vorliegenden Version für niedrige und höhere Bauten anwendbar.

Diagramm zur Abschätzung des mittleren Luftwechsels in Wohnbauten aufgrund von na,50-Messwerten
Abbildung 4.26: Diagramm zur Abschätzung des mittleren Luftwechsels in Wohnbauten aufgrund von na,50-Messwerten (ausgezogene Linien: Grundriss mit Fenstern in 3 bzw. 4 Fassaden; gestrichelt: Fenster in zwei Fassaden; Windstärken nahe beim Gebäude; bei abgeschirmten Gebäuden sind die an freier Lage ermittelten Windstärken vorher entsprechend zu reduzieren)