Unter einem Energiekonzept wird eine Untersuchung verstanden, wie ein Gebäude so energieeffizient wie möglich geplant und erstellt werden kann. Gleichzeitig soll der Komfort sowohl im Winter wie auch im Sommer hoch sein. Dazu sind drei Teilkonzepte erforderlich.

Zum Ersten ist das Gebäude so zu planen und zu bauen, dass der Komfort im Gebäude mit möglichst wenig Energieverbrauch erreicht werden kann. Dies ist Aufgabe des Architekten zusammen mit dem Bauphysiker. Die Form und Ausrichtung des Gebäudes, die Fensteranordnung, Grösse und Beschattung, die Dachgestaltung (für möglichst viel Fotovoltaik) sowie die Wärmedämmung und Baumasse sind zu optimieren. Dies kann als nachhaltiges Entwurfs- und Baukonzept bezeichnet werden.

Zum Zweiten ist zu untersuchen, wie das Gebäude am sinnvollsten mit der noch erforderlichen Energie (Wärme für Heizung und Warmwasser, Kälte für Kühlung, Strom für Beleuchtung und Betriebseinrichtungen, Ladestationen für Elektrofahrzeuge etc.) versorgt werden kann. Anzustreben ist eine zu 100 % fossilfreie und regenerative Energieversorgung. Es soll geklärt werden, wie möglichst viel Strom vor Ort erzeugt und ob resp. wie Umgebungswärme oder Nah- oder Fernwärme genutzt werden kann. Zu prüfen ist auch eine Eigenverbrauchsgemeinschaft resp. ein Zusammenschluss zum Eigenverbrauch (ZEV) mit Nachbarn, um einen möglichst hohen Eigenverbrauch an PV-Strom zu ermöglichen. Hier kann von einem Energieversorgungskonzept gesprochen werden.

Zum Dritten muss geklärt werden, wie die ggf. erforderliche Umwandlung, Speicherung und Verteilung der Energie innerhalb des Gebäudes vor sich gehen soll. Es ist festzulegen, mit welchen Systemen der Gebäudetechnik das Gebäude ausgerüstet werden soll. Dabei sind die Gewerke der Gebäudetechnik (Heizung, Kühlung, Lüftung, Sanitär, Elektro und Gebäudeautomation) integral zu betrachten. Gleichzeitig sollten die Vorgaben an das Messkonzept definiert werden. Hier kann von einem Gebäudetechnikkonzept gesprochen werden.

Diese drei Subkonzepte werden oft unter dem Begriff Energiekonzept zusammengefasst. Sie sind aufeinander abzustimmen und müssen in einer frühen Konzeptphase bearbeitet werden. Es ist immer der Winter- und der Sommerfall zu optimieren: Wie kann das Gebäude im Winter angenehm warm und im Sommer angenehm kühl behalten werden, wie kann es kontrolliert belüftet werden, mit einem Minimum an Energie- und Technikbedarf.

8.2.1 Zielsetzung

Wie erwähnt, muss als Erstes eine klare, möglichst ambitionierte Zielsetzung erfolgen. Nur damit wird ein zielgerichtetes Vorgehen möglich, die gestellten Anforderungen sind bekannt und es können anspruchsvolle Ziele erreicht werden.

Die Ziele müssen von der Bauherrschaft vorgegeben werden. Je nach Erfahrungen und Kenntnissen der Bauherrschaft kann eine Beratung durch einen Energiefachmann sinnvoll oder nötig sein. Gegebenenfalls kann auch mit einem an Energiefragen interessierten Architekten oder einem Bauphysiker zusammengearbeitet werden. Die einzelnen Ziele können auch gewichtet werden, um so mögliche Varianten besser vergleichen zu können. Es empfiehlt sich, der Zielsetzung einen genügend hohen Stellenwert einzuräumen. Nur so können die Ziele anschliessend effizient erreicht und Enttäuschungen oder unnötige Arbeit und «Ehrenrunden» vermieden werden. Aus der Erfahrung lässt sich sagen, dass je anspruchsvoller die Ziele gesetzt werden, desto besser wird die Lösung. Für ein Energiekonzept können beispielsweise folgende Ziele im Vordergrund stehen:

  • Fossilfreie Energieversorgung
  • Kein Verbrauch an nicht regenerierbarer Primärenergie
  • Maximale Produktion und Nutzung von regenerierbarer Energie
  • Minimierung auch der grauen CO2-Emissionen
  • Minimale Emissionen an Schadstoffen (z. B. in urbaner Umgebung)
  • Erreichung eines vorgegebenen Komfortniveaus im Sommer und Winter
  • Einfache Gebäudetechnik (eher Lean-Tech statt High-Tech-Lösung)
  • Minimale Unterhaltskosten der Gebäudetechnik resp. des Gebäudes
  • Bewährte Systeme
  • Innovative Systeme und Technik
  • Flexible Systeme und Raumnutzung
  • Erreichung bestimmter Zielwerte oder Labels (z. B. nach MuKEn, Minergie®, DGNB-Swiss, SNBS, 2000-Watt-Gesellschaft, 2000-Watt-Areal)
  • Minimaler Platzbedarf der Gebäudetechnik
  • Vorgaben an die Versorgungssicherheit resp. Redundanz der Systeme
  • Ermöglichen von Energiespeicherung und Demand-side-Management
  • Smarte Ladestationen für Elektrofahrzeuge
  • Langfristiger Werterhalt des Gebäudes
  • usw.

Die Ziele können in einem Lastenheft für das Energiekonzept vorgegeben werden. In diesem Lastenheft kann der Bauherr auch diejenigen Lösungen und Randbedingungen definieren, welche er schon kennt resp. sicher erfüllt haben will. Im Lastenheft muss des Weiteren vorgegeben werden, wie die Umsetzung des Energiekonzeptes sichergestellt wird und wer dafür verantwortlich ist. Der Energiekonzeptplaner erstellt daraus das konkrete Energiekonzept als Pflichtenheft für das Gebäude. Dieses zeigt die umzusetzenden Lösungsmöglichkeiten auf und stellt die verbindliche Vorgabe für die weitere Planung dar. Es muss sichergestellt werden, dass die im Lastenheft vorgegeben Ziele und das darauf basierend erarbeitete Energiekonzept über den ganzen Planungs- und Bauprozess hinweg beachtet und umgesetzt wird. In der Praxis ist oft zu beobachten, dass ein zu Beginn erstelltes Energiekonzept in den weiteren Planungs- und Realisierungsschritten laufend verwässert wird und am Ende nicht viel davon übrigbleibt. Die Ziele der Bauherrschaft können dann selbstredend nicht erreicht werden.

Auch für bestehende Bauten kann ein Energiekonzept erstellt werden. Darin werden die langfristige Planung und ein sinnvolles Vorgehen definiert, wie ein heute noch mit Mängeln und Schwachstellen behafteter Altbau mittelfristig saniert werden kann. Dabei werden die ohnehin erforderlichen Erneuerungen, Sanierungen und Umbauten so ins Konzept integriert, dass am Ende des Planungshorizontes ein ambitioniertes Ziel erreicht werden kann und das Gebäude ganzheitlich und zielgerichtet optimiert wird. Es sollen nicht einfach die gerade nötigen Veränderungen konzeptlos vorgenommen werden.

Leider wird auch heute nur für die wenigsten bestehenden Bauten ein Energiekonzept erstellt. Noch am ehesten wird bei grösseren Umbauten oder Umnutzungen ein Energiekonzept erstellt. Kleinere Umbauten sowie der Ersatz von Anlagen erfolgen meist aufgrund des momentanen Bedarfs, ohne dass dahinter ein längerfristiges Konzept oder eine strategische Zielsetzung steht. Bestehende Schwachstellen eines Gebäudes können so oft nicht behoben werden. Im Endeffekt können weder die Nachhaltigkeit des Gebäudes noch die Bewirtschaftungskosten optimiert werden.

8.2.2 Vorgehen

Das Energiekonzept steht bei einem Neubau am Beginn der Planung, im Idealfall zusammen mit dem Beginn der architektonischen Entwürfe für das Gebäude. Ein erstes Energiekonzept sollte auch bereits Teil des Wettbewerbsverfahrens zur Auswahl des Planerteams sein. Lediglich die strategische Planung kommt noch vorher: Was soll wann wo gebaut werden, wie könnte der Raumbedarf anders gedeckt werden, ist ein eigenes Gebäude oder Mietobjekt sinnvoll, für wie lange soll resp. kann das Gebäude wie geplant genutzt werden etc.

Das Energiekonzept behandelt sowohl das Gebäude an sich als auch die Energieversorgung und die ganze Gebäudetechnik, das heisst die drei zu Beginn des Kapitels 8.2 beschrieben Teilkonzepte. Es muss deshalb in einem interdisziplinären Team unter Leitung eines Energie- resp. Gebäudetechnikspezialisten (z.B. eines Energieingenieurs oder eines Spezialisten in nachhaltigem Bauen) erarbeitet werden. Diese Person muss im Gebiet der Energie- und Gebäudetechnik ein Generalist sein, d.h. er oder sie muss alle für das Energiekonzept wichtigen Spezialgebiete sowie deren theoretische Grundlagen kennen. Zudem sollte diese Person so viel von der Praxis wissen, dass keine nicht ausführbaren oder an kleinen praktischen Details scheiternden Lösungen vorgeschlagen werden. Zum Team gehört auch der Architekt, der Bauingenieur (Statiker), meistens der Bauphysiker oder einzelne Gebäudetechnikplaner und idealerweise ein Bauherrenvertreter.

Die folgenden Sachgebiete spielen für das Erarbeiten eines Energiekonzeptes eine Rolle.

Für das nachhaltige Entwurfs- und Baukonzept:

  • Architektur
  • Bauphysik
  • Fassaden- und Fenstertechnik
  • Bautechnik (Statik)
  • Fensterbeschattung
  • Aktive und passive Solarenergie
  • Tageslichtnutzung
  • Materialwahl

Für das Energieversorgungskonzept:

  • Gesetzliche Grundlagen
  • Quartier- und Stadtplanung aus Sicht Energie
  • regenerierbare Energie, Fotovoltaik
  • Fern- und Nahwärme (Hoch- und Niedertemperatur)
  • Geologie, Nutzung des Untergrunds, Grundwasser
  • Nutzung von Umgebungswärme (Aussenluft, Oberflächenwasser)
  • Nutzung von Biomasse
  • Abwärmenutzung

Für das Gebäudetechnikkonzept:

  • Heizungstechnik
  • Lüftungs- und Klimatechnik
  • Kältetechnik
  • Sanitärtechnik
  • Elektrotechnik
  • Beleuchtung
  • Gebäudeautomation
  • Messtechnik
  • Komfortkriterien, Ergonomie, Gesundheitsschutz

Übergeordnet resp. für alle Teilkonzepte:

  • Kosten- und Wirtschaftlichkeitsrechnung, LCC-Rechnungen
  • Nutzung von Simulationstools und Energie-Berechnungsmethoden
  • Ökologie, LCA-Betrachtungen
  • weitere Nachhaltigkeitsaspekte
  • Kenntnisse betreffend Standards und Labels

Kommunikation und soziale Aspekte

Um ein Energiekonzept innerhalb eines interdisziplinären Planungsteams einbringen und umsetzen zu können, muss die verantwortliche Person für das Energiekonzept zudem ein ausgesprochener «Teamplayer» sein und gleichzeitig so viel Kompetenz und Führungskraft ausstrahlen, dass sie anerkannt wird und ihre Ideen und Ansprüche durchsetzen kann.

In der Praxis gibt es kaum jemanden, der oder die in allen genannten Sachgebieten eines Energiekonzepts vertiefte Kenntnisse hat. Die fehlenden Kenntnisse müssen deshalb bei Spezialisten des betreffenden Sachgebiets eingeholt werden.

Die wichtigste, aber manchmal schwierige Schnittstelle besteht zwischen der Architektur und der Energietechnik. Es ist klar: Das architektonische Konzept muss viele unterschiedliche Anforderungen erfüllen wie Funktionalität und Nutzbarkeit des Gebäudes, ästhetische Qualität, Kosten, Statik, Sicherheit, baurechtliche Randbedingungen. Ein Bau muss vom Architekten, aber auch nach energetischen und gebäudetechnischen Aspekten geplant werden. Nur so können die Ziele des Energiekonzepts mit minimalem Aufwand erreicht werden. Ohne Berücksichtigung der energetischen Aspekte beim architektonischen Gebäudeentwurf kann auch mit einem noch so intelligenten Energieversorgungs- und Gebäudetechnikkonzept eine anspruchsvolle Zielsetzung kaum oder gar nicht erreicht werden. Nur wenn alle drei Teilkonzepte hohen Anforderungen genügen, kann ein zukunftsfähiges Gebäude geplant und errichtet werden.

Während der Konzeptbearbeitung sollte die Energiefachperson (oft zusammen mit dem Bauphysiker) den Architekten darin beraten und dazu anhalten, den Gebäudeentwurf, die Fassadengestaltung und den Innenausbau so zu planen, dass ein tiefer Energieverbrauch, eine einfache Gebäudetechnik und eine hoher Komforts möglich werden. Er muss gleichzeitig die übrigen Anforderungen an die Architektur anerkennen und den Architekten darin unterstützen, seine gestalterischen Vorstellungen und Wünsche möglichst umzusetzen. Eine hochwertige architektonische Gestaltung eines Gebäudes und gleichzeitig die Erfüllung ambitionierter Ziele beim Energiekonzept sollte nicht als Gegensatz verstanden werden, sondern als Ansporn zu gemeinsamen Höchstleistungen. Dass auf diese Weise Gebäude verwirklicht werden können, die in architektonischer wie auch energetischer Sicht vorbildlich sind, zeigen heute viele Beispiele.

8.2.3 Vorgehen bei bestehenden Bauten

Bei bestehenden Bauten muss das Vorgehen insofern angepasst werden, als hier wesentlich mehr Randbedingungen fest vorgegeben sind. Das Energiekonzept soll, ausgehend vom Ist-Zustand des Gebäudes und des Energiebedarfs, die weiteren Schritte und vor allem ein Endziel aufzeigen. Vom Endziel abhängig, können dann zielgerichtet alle nötigen Sanierungen und anfallenden Ersatzinvestitionen in die Gebäudetechnik und -hülle vorgenommen werden. Dazu erforderlich ist eine Zustandsanalyse und eine Mehrjahresplanung der in den nächsten 5 bis 10 Jahren anstehenden Ersatzmassnahmen.

Die anfallenden Ersatzmassnahmen und Sanierungsschritte haben vielfach einen gegenseitigen Einfluss. So beeinflusst der Ersatz einer alten Klimaanlage den Wärme- und Kälteleistungsbedarf. Eine Erneuerung der Beleuchtung beeinflusst den Strombedarf, den Kühlbedarf im Sommer und auch den Heizbedarf im Winter. Zudem könnte sich z.B. die Möglichkeit ergeben, mit der Beleuchtung auch die Doppeldecke zu sanieren resp. ganz wegzulassen. Damit erhöht sich die Speicherfähigkeit der Räume und die Kühllast sinkt.

Der Ersatz der Fenster hat Einflüsse auf den Heizbedarf (besserer U-Wert), den Lüftungsbedarf (neu öffenbar, im Winter dicht), den Kühlbedarf (neu äusserer Sonnenschutz). Damit soll aufgezeigt werden, dass nur ein konzeptionell und gesamtheitlich geplantes Vorgehen zu einem optimalen Endresultat führt. Ansonsten entsteht ein Flickwerk und viele Chancen zu Verbesserungen und Kosteneinsparungen werden verpasst.

Bei falschem Vorgehen werden Sachzwänge erzeugt, welche die Möglichkeiten bei nachfolgenden Umbauten einschränken, oder es werden unnötige Investitionen getätigt. Muss beispielsweise ein Heizkessel notfallmässig ersetzt werden, reicht die Zeit, um die Umstellung auf eine Wärmepumpe zu planen, oft nicht. Werden wenige Jahre nachher die Fenster erneuert, ist nachher die neue Wärmeerzeugung zu gross dimensioniert. Nur ein auf ein mittel- und langfristiges Ziel ausgerichtetes Energiekonzept verhindert solche nicht optimale Lösungen und kann helfen, die Investitionen zu optimieren. Anspruchsvolle Ziele werden nur so erreichbar.

Beispiel:
Ein Bürogebäude aus den 1980er-Jahren verfügt über eine schlecht wärmegedämmte Fassade (U-Wert 0,7 W/m2K und einigen Wärmebrücken), nicht öffenbare Fenster mit 2-fach-Verglasung (U-Wert 2,8 W/m2K mit dazwischen liegenden Lamellenstoren), eine Klimaanlage mit 6-fachem Luftwechsel (6 h-1) und zwei Ölheizkessel. Der Innenausbau mit Spannteppich und abgehängter Decke sowie leichten Bürotrennwänden ist ebenfalls veraltet. Die alten FL-Einbau-Rasterleuchten haben ca. 15 W/m2 Anschlussleistung.
Ziel könnte es sein, am Ende ein Gebäude mit gut speichernden Gruppenbüros zu haben, öffenbare Fenster mit äusserem Sonnenschutz, eine effiziente LED-Beleuchtung, keine mechanische Kälteerzeugung mehr, nur noch eine Lüftung mit dem hygienisch erforderlichen Luftwechsel (mit effizienter WRG). Die Wärmeerzeugung wird dann noch einen Bruchteil der heutigen Leistung benötigen, sodass eine kleine Wärmepumpe reicht.
Mit einem Energiekonzept wird eine nötige Sanierung der Wärmeerzeugung vorerst so ausgeführt, dass nur ein Kessel durch eine kleinere Wärmepumpe ersetzt wird. Falls Grundwasser nutzbar ist oder Erdwärmesonden gebohrt werden können, kann eine entsprechende Wärmepumpe eingebaut werden. Ansonsten muss auf eine Luft/Wasser-Wärmepumpe zurückgegriffen werden, die über einen Luftwärmetauscher aussen verfügt. Der andere wird vorerst als Spitzenkessel mit nur wenigen Betriebsstunden belassen. An der Kälte- und Klimaanlage wird nur das Nötigste gemacht, bis die Fenster (neu mit 0,8 W/m2K und aussen liegenden Lamellenstoren) und gleichzeitig die Fassade (neu mit 0,15 W/m2K ohne wesentliche Wärmebrücken) erneuert sind. Anschliessend werden der Innenausbau und die Decken mit der Beleuchtung saniert. Die Decken werden teilweise offen gestaltet, teilweise mit Heiz- und Kühlelementen ausgestattet, welche gleichzeitig die Raumakustik verbessern. Die neue LED-Beleuchtung mit 5 W/m2K bietet einen höheren Sehkomfort und hat sehr tiefe Instandhaltungskosten. Dann kann eine neue Lüftung (unter Nutzung der bestehenden Kanäle) installiert werden, die nur noch auf den hygienisch notwendigen Aussenluftwechsel dimensioniert wird (ca. 1,2 Luftwechsel pro Stunde). Der alte Heizkessel kann nun stillgelegt werden, der Öltankraum kann umgebaut und anderweitig verwendet werden. Falls Grundwasser oder Erdwärmesonden genutzt werden, kann im Sommer damit über die Kühldecken direkt gekühlt werden. Ansonsten wird nachts der Wärmetauscher der Luft-WP zur freien Kühlung genutzt. Wenn noch eine PV-Anlage auf dem Dach sowie eventuell auch als Fassadenverkleidung installiert wurde, dann entsteht aus der alten Energieschleuder ein modernes, sehr komfortables Null-Energiegebäude mit tiefen Betriebskosten, das im Betrieb keine CO2-Emissionen mehr erzeugt.
Überlegen Sie sich, wie das Resultat wäre, wenn ungeplant oder konzeptlos vorgegangen würde.

Ein solches Energiekonzept für bestehende Gebäude darf nicht mit der energetischen Betriebsoptimierung der bestehenden Anlagen und Gebäude verwechselt oder gleichgesetzt werden. Die Anstrengungen (und Erfolge) der Betriebsoptimierung müssen im Energiekonzept berücksichtigt werden. Das Energiekonzept umfasst aber im Gegensatz zur «täglichen» Arbeit der Betriebsoptimierung die grossen Sanierungs-, Umbau- und Erneuerungsvorhaben sowie die Koordination und holistische, längerfristige Planung dieser Projekte.

Hemmnisse zur Erstellung eines solchen Energiekonzepts sind neben der Unkenntnis über den Nutzen vor allem, dass die Nutzung eines Gebäudes oft nicht längerfristig bekannt ist. Zudem sind die für den Gebäudebetrieb verantwortlichen Personen vielfach in die tägliche Arbeit verstrickte und mit dringenden Problemen zugedeckte Praktiker. Deswegen sind sie oft nicht in der Lage, längerfristige Konzepte zu erarbeiten. Der unvorhergesehene Ausfall einer Anlage zur falschen Zeit, der einen sofortigen Ersatz nötig macht, kann das Konzept zudem infrage stellen oder das geplante Vorgehen erschweren.

8.2.4 Werkzeuge für Energiekonzepte

Organisatorische Voraussetzungen

Innerhalb der Bauherrschaft muss der Wille bestehen, ein energetisch mustergültiges Gebäude zu besitzen resp. zu erstellen. Dieses Ziel muss auch den externen Planern kommuniziert werden. Entweder ist seitens Bauherrschaft der Projektleiter für das Energiekonzept (Beauftragung, Genehmigung, Kontrolle der Umsetzung) oder der interne Energiebeauftragte verantwortlich oder es wird ein externer Berater bestimmt. In jedem Fall muss diese verantwortliche Person über gute Fachkenntnisse verfügen, aber auch über die nötigen sozialen Kompetenzen. Sie sollte auch über das ganze Projektvorhaben hinweg mit dieser Aufgabe betraut bleiben.

Integrale Planung:
Entsprechend der obigen Aufzählung der Sachgebiete, welche ein Energiekonzept beeinflussen, wird klar, dass ein Energiekonzept innerhalb eines Teams erarbeitet werden muss. Die Organisation im Planungsteam spielt eine wesentliche Rolle bei der Frage, welche Ziele erreicht werden können. Der Bauherr kann dies steuern, indem er den Planungsauftrag entsprechend vergibt. Die integrale Planung ist nicht nur für das Vorgehen wichtig, sondern kann auch als das wichtigste Werkzeug für ein energetisch optimiertes Bauvorhaben bezeichnet werden. Oft werden zusätzliche Leistungen zu den üblichen Honorarleistungen erforderlich sein, welche abgegolten werden müssen.

Im Einzelfall kann die Organisation im Planungsteam (das Projektorganigramm) unterschiedlich aussehen. Auch hier sind eine klare und einfache Struktur sowie klare Kompetenz- resp. Aufgabenzuordnungen wichtig. Fast noch wichtiger ist jedoch, wie die «Chemie» innerhalb des Teams spielt. Gute Kommunikation und Zusammenarbeit ist matchentscheidend. Dies gelingt nur bei gegenseitiger Achtung und Akzeptanz, sowie wenn alle am gleichen Strick ziehen.

Energiekonzept als Pflichtenheft

Das Pflichtenheft basiert auf dem Lastenheft des Bauherrn, in welchem dieser seine Anforderungen und Zielsetzungen vorgibt. Das Lastenheft enthält alle relevanten Projektziele, Randbedingungen und Anforderungen an das Bauvorhaben. Die Vorgaben und Zielformulierungen vom Bauherrn sollen Nutzung, Finanzierung, Betrieb, architektonische Vorstellungen, Energieversorgung und Anforderungen an die Gebäudetechnik, Ökologie, ggf. zu erreichende Labels etc. umfassen. Insbesondere wichtig ist die klare Vorgabe der Erfordernisse für einen kostengünstigen und effizienten Betrieb des Gebäudes. Ebenfalls wichtig ist es, den Grad an Flexibilität der Gebäudenutzung vorzugeben, damit auf spätere Nutzungsänderungen und neue Ansprüche reagiert werden kann.

Das Pflichtenheft ist ein Arbeitsinstrument, in welchem jeder relevante Themenkreis eines Gebäudes behandelt wird. Im Pflichtenheft werden die Vorgaben, Zielwerte und Lösungswege definiert. Es dient der klaren Kommunikation von einer übergeordneten Stelle im Projekt zur nächst unteren resp. zur zeitlich folgenden, z. B. vom Konzeptplaner zu den Sachbearbeitern. In diesem Sinne stellt das Pflichtenheft dann das konkrete Energiekonzept dar.

Die klar strukturierte, umfassende und präzise Information im Pflichtenheft dient als Informationsbasis und zur Erfolgskontrolle der Planung und Ausführung. In diesem Sinne ist das Pflichtenheft ein wesentlicher Bestandteil der Qualitätssicherung in einem Projekt.

Ein Pflichtenheft erfüllt seine Aufgabe nur dann, wenn es laufend dem Projektfortschritt angepasst wird. Gleichzeitig muss die Einhaltung der übergeordneten Ziele und fixen Vorgaben laufend kontrolliert werden, um Abweichungen möglichst früh erkennen zu können.

Da das Pflichtenheft den Bau gewerkeübergreifend beschreibt, sollte es im Team und ggf. unter Beizug von Spezialisten der Fachgebiete geschrieben werden. Nach dem Verfassen und im Laufe des Projekts bei wesentlichen Veränderungen muss das Pflichtenheft dem Bauherrn zur Genehmigung vorgelegt werden.

Fachkenntnisse

Wie oben beschrieben, sind Kenntnisse vieler Fachgebiete der Bauwirtschaft für ein Energiekonzept relevant. Es muss sichergestellt sein, dass alle Gebiete im Energieplanungsteam abgedeckt sind oder dass die drei einzelnen Teilkonzepte je von einer Fachperson bearbeitet werden. Diese drei Personen müssen dann aber eng zusammenarbeiten. Bei kleinen und wenig komplexen Bauvorhaben kann u. U. eine Person alle Fachkenntnisse auf sich vereinigen.

Nutzung, Instandhaltung und ­Gebäudebetrieb

Kenntnisse der Nutzung oder der Nutzungsarten sind für ein Energiekonzept ebenfalls wichtig. Ein Energiekonzept sollte auch den Betrieb und die Instandhaltung der technischen Anlagen und die Gebäudenutzung erleichtern und vereinfachen. Deswegen sind diesbezügliche Kenntnisse wichtig und es muss mit Fachleuten aus dem Gebäudebetrieb und dem Facility Management zusammengearbeitet werden.

Simulationen

Unter einer Simulation wird eine typischerweise in Zeitschritten vorgenommene Berechnung verstanden, welche einen mit physikalischen Gesetzen formulierbaren Sachverhalt abbildet. In der Gebäudetechnik wird mit Simulation eine dynamische Berechnung eines Raumes, eines Gebäudes oder einer Anlage bezeichnet. Diese umfasst im Unterschied zu einer statischen Berechnung, welche einen Momentanwert abbildet, eine schrittweise Berechnung über einen längeren Zeitraum. Typischerweise werden diese Berechnungen in Stundenschritten durchgeführt. Dabei werden auch sogenannt dynamische Effekte wie die Wärmespeicherung in Wänden und Decken sowie die zeitlich variable Nutzung mitberücksichtigt.

Simulationen sind recht anspruchsvolle Aufgaben, da nicht nur die technischen und physikalischen Grundlagen beherrscht werden müssen, sondern auch die erforderlichen Computerprogramme. Es gibt in der Schweiz Spezialisten in einigen Planungsbüros sowie an der ZHAW in Wädenswil sowie an der Hochschule für Technik und Architektur in Horw, Luzern. Diese Institution betreibt auch Forschung auf diesem Gebiet und bietet Berechnungen als Dienstleistung an.

Jede Simulation basiert auf Eingabedaten. Das Resultat kann nur so gut sein wie diese Eingaben. Es gilt der bekannte Spruch: «garbage in = garbage out».

Die Resultate von Simulationsrechnungen sehen oft beeindruckend aus. Grafische Darstellungen von Temperaturverläufen und Leistungsdaten erwecken den Eindruck hoher fachlicher Kompetenz. Wie die Architekten heute ihre Projekte mit dreidimensionalen Visualisierungen darstellen, kann ein Gebäudetechnikplaner seine Konzepte mit Simulationsresultaten untermauern. Dies ist aber nicht immer eine Garantie für hervorragende Arbeit, sodass man sich von solchen Darstellungen nicht blenden lassen darf. Das Konzept muss in sich stimmig sein, die Simulationen müssen korrekt sein und relevante Sachverhalte abbilden.

Fachgerechte Simulationsrechnungen können im Sinne von Sensitivitätsuntersuchungen Auskunft über die Auswirkung von verschiedenen Varianten geben. Unterschiedliche Varianten können so verglichen werden. Es kann eine Optimierung stattfinden und die Entscheidungsfindung für die beste Variante wird unterstützt.

Mit den entsprechenden Kenntnissen und Fähigkeiten ist es auch möglich, den Energiehaushalt und die zu erwartenden Raumtemperaturen im Voraus zu berechnen und so insbesondere ein neues oder ungewöhnliches Konzept auf seine Machbarkeit zu testen. Um solche Ergebnisse auf ihre Richtigkeit zu prüfen, sollte jede Simulation validiert werden, das heisst entweder mit Messwerten oder mit statischen Berechnungen verglichen werden.

In vielen Kantonen ist heute für grössere Klimaanlagen resp. für die mechanische Kühlung von Räumen ab einer bestimmten Leistung ein Bedarfsnachweis erforderlich. Auch dazu werden Simulationsrechnungen eingesetzt, um rechnerisch nachzuweisen, dass ohne eine solche Klimaanlage zu hohe Raumtemperaturen zu erwarten wären. Darauf basiert dann die Bewilligung, falls weitere Vorgaben wie eine gute Beschattung der Fenster eingehalten werden.

Nebst Simulationsprogrammen für Energiehaushalt, HLK-Anlagen und Raumtemperaturen gibt es auch Simulationsprogramme für die künstliche und natürliche Beleuchtung und für viele weitere Gebiete. Insbesondere können auch der Ertrag von Solaranlagen simuliert werden, die langfristen Bodentemperaturen bei Feldern von Erdwärmesonden oder die Fremdbeschattung von Gebäuden und Fassaden.

Normen, Richtlinien, Empfehlungen

Normen, Richtlinien und Empfehlungen können weitere Werkzeuge für Energiekonzepte sein. Diese reflektieren den Stand der Technik und können auch als Nachweis für die Einhaltung von Gesetzen und Sicherheitsanforderungen dienen. Ebenso fördern sie die klare Kommunikation mit allen Beteiligten und können in Verträgen genutzt werden, um klare Anforderungen zu definieren.

In der Schweiz haben die Normen des SIA (Schweiz. Ingenieur- und Architektenverein), aber auch Richtlinien und Empfehlungen anerkannter Fachvereine, insbesondere von SWKI (Die Planer, früher Schweiz. Verein der Wärme- und Klimaingenieure), Suissetec (Verband der HLKS-Installateure) und weiteren insofern einen rechtlich verbindlichen Charakter, als im Schadensfalle dem Planer ein Verschulden angelastet wird, wenn er gegen Normen und Richtlinien verstossen hat. Diese Normen und Richtlinien gelten bei Gerichtsfällen als Stand der Technik.

Umgekehrt kann das zu strikte Festhalten an bestehenden Normen und Richtlinien hemmend auf den Fortschritt und auf neue, innovative Lösungen wirken. Hier ist zwischen dem möglichen Nutzen und dem Risiko abzuwägen. Der Planer muss sich sicher sein, dass auch bei einer Abweichung des Standes der Technik kein Schaden eintritt.

Natürlich darf ein Energiekonzept in keinen Punkten von zwingenden gesetzlichen Vorschriften abweichen. Insofern sind auch Kenntnisse der relevanten Vorschriften erforderlich.

8.2.5 Darstellung des Energiekonzeptes

Das Ergebnis eines Energiekonzeptes kann ein Bericht sein, der als Beilage auch einfache Schemata und Pläne enthalten kann. Der Bericht sollte knapp formuliert sein und klare Aussagen in einer auch für Laien verständlichen Sprache enthalten. Aus den gemachten Untersuchungen und Variantenstudien sollten klare und konkrete Empfehlungen abgeleitet sein.

Auch sollten für die weiteren Planungsschritte die nötigen und überprüfbaren Vorgaben enthalten sein.Auch ein Pflichtenheft wird in Form eines schriftlichen Berichtes verfasst und kann analog aussehen.

Ein typischer Aufbau eines Energiekonzeptberichts könnte wie folgt aussehen:

    1. Zusammenfassung
    2. Grundlagen, Ausgangslage
    3. Vorgaben aus Lastenheft Bauherr
    4. Untersuchte Lösungsvarianten
    5. Darstellung und Beschreibung der empfohlenen Lösungsvariante
    6. Beschreibung der Anforderungen und des Vorgehens zur Umsetzung
    7. Schlussfolgerungen und Empfehlungen
    8. Anhang mit Berechnungsresultaten, Details zu den Lösungsvarianten, Daten etc.
    9. Beilagen: ev. Pläne, Schemata

Zur Verdeutlichung der Aussagen und Lösungsvorschläge sind grafische Darstellungen hilfreich (Beispiele siehe Abb. 32, Abb. 33 und Abb. 34). Gut bewährt hat sich auch die Darstellung von Raummodulen in Schnitt und eventuell Grundriss, um die Funktionalität und Ausrüstung typischer resp. repräsentativer Räume zu verdeutlichen.


Abb. 32: Beispiel Schemaschnitt Dock E (Midfield), Zürich Flughafen

nach: Energiekonzept Dock Midfield Zürich Flughafen, ARGE Zayetta, 1998

 


Abb. 33: Raummodul Klassenzimmer

aus: Amt für Hochbauten Stadt Zürich, 2008, Raummodul Klassenzimmer, Standard

Abb. 34: Lüftungskonzept Swisscom Businesspark, Ittigen bei Bern
(Konzept: Ernst Basler + Partner AG, Architekt, Bild: Atelier 5 Architekten und Planer AG / Aus https://atelier5.ch/arbeiten/2014-swisscom-businesspark-ittigen?cat=&cHash=dc615d3b2c124e2f965b873cedca831e)

8.2.6 Kosten

Ein Energiekonzept verursacht auch Kosten in Form von Honoraren und der eigenen Arbeit der Bauherrschaft. Der Nutzen lohnt diese Kosten aber immer. Erfahrungsgemäss kann für kleine Bauten mit einem Honorar von etwa 1 % der Investitionskosten für die Gebäudetechnik (resp. ca. ¼ % der Gesamtinvestition) gerechnet werden. Bei sehr grossen Bauten können auch schon Resultate mit der Hälfte dieser Prozentsätze erreicht werden. Es ergeben sich Beträge von CHF 5000.– bis ca. CHF 250’000.–. Für Bauten unter einer Bausumme von CHF 2 Mio. lohnen sich spezielle Energiekonzepte nur in Ausnahmefällen oder bei besonderen Anforderungen. Hier sollten gute Standardlösungen vorgezogen werden.