Die Leittechnik umfasst die selbstständigen Regelgeräte in den technischen Anlagen und deren übergeordnete Leitzentrale, die eigentliche Bedienungsstelle. Mit ihr werden die Anlagen u.a. optimal überwacht. Dabei funktionieren die einzelnen Anlagen nach wie vor selbstständig. Der Anwendungsbereich erstreckt sich vom einzelnen grösseren Gebäude bis zu Gebäudekomplexen. An die Leittechnik können alle haustechnischen Anlagen angeschlossen werden, von der Beleuchtung bis zur Storensteuerung.
Durch die kostengünstige Web-Anbindung wird eine Leittechnik für jede Anlage, ja sogar für eine kleine Steuerung möglich. Damit können Leittechnikfunktionen und vor allem eine Fernüberwachung durch die Anlageersteller/Unternehmer realisiert werden. Für die Betriebsführung komplexer Gebäude ist es vorteilhaft, den Betrieb aller Anlagen zentral überwachen zu können.
10.4.1 Autonome Steuerung und Regelung
Bild 10.15 zeigt verbindungsprogrammierte Steuerung und analoge Regelung. Die Aufgaben der Betriebsführung, wie Koordination zu anderen Anlagen, Energiemanagement, Service- und Unterhaltsorganisation und die Störungslokalisierung, werden mit Rundgängen sichergestellt.
Bild 10.15 Konventionelle Anlage mit personalintensiver Überwachung
10.4.2 Gebäudeautomation mit Leittechnik
Hier sind Steuerung, Regelung und Leittechnik voll integriert gemäss Bild 10.16. Dabei werden häufig schon im Regelsystem Optimierungsfunktionen realisiert, die früher Gegenstand der Leittechnik waren. Die Tendenz zur Verlagerung der Rechnerintelligenz von der Zentrale in die Unterstation ist unverkennbar. Der Vorteil des integrierten Regel- und Leitsystems besteht darin, dass die Regelung zusätzlich die Datenakquisition für die Leittechnik und die Betriebsüberwachung übernimmt. Für komplexe Anlagen können Energiemanagementaufgaben sowie verflochtene Regel- und Steuerstrategien durchgeführt werden, die mit autonomen Systemen kaum zu bewältigen sind.
Bild 10.16 Integriertes Regel- und Leitsystem
10.4.3 Aufbau der Gebäudeautomation
Der Aufbau ist hierarchisch. Folgende Systemebenen sind zu unterscheiden (Bild 10.17):
- Die Feldebene umfasst die Gesamtheit der Sensoren, mit denen Daten erfasst werden (Fühler, Bewegungsmelder, Lichtschalter usw.), und der Aktoren, mit denen in die Prozesse eingegriffen wird (Ventile, Motoren, Klappen usw.).
- Auf der Automationsebene werden die von den Sensoren erfassten Informationen verarbeitet. Die Istwerte werden mit den fest eingestellten oder nach ökonomischen und ökologischen Kriterien optimierten Sollwerten verglichen. Daraus ergeben sich die Befehle, um die Sollwerte zu erreichen.
- Die Managementebene dient der Betriebsführung. Sie gibt für die Prozesse Sollwerte bzw. zugehörige Kriterien (Zeitprogramme usw.) vor. Sie dient der Überwachung und löst Alarm aus beim Überschreiten von Grenzwerten, die nicht schon durch die untergeordneten Ebenen behandelt werden konnten. Es werden die Prozesse benutzergerecht dargestellt, statistische Auswertungen gemacht, der Betriebsverlauf dokumentiert und Abrechnungen erstellt.
Bild 10.17 Funktionale Ebenen der Gebäudeautomation
Entsprechend den Systemebenen werden auch hierarchische Kommunikationsebenen unterschieden, über die der Datenaustausch abgewickelt wird:
- Feldbussysteme, wie z.B. KNX oder LON,
- Automationsbussysteme, wie z.B. BACnet,
- Netzwerke auf der Managementebene mit TCP/IP.
10.4.4 Bussysteme in der Gebäudeautomation
Die Bussysteme dienen der Signalübertragung im ganzen Gebäude. Es ist gleichgültig, an welchem Ort einzelne Komponenten auf den Bus geschaltet werden. Die Bussysteme sind installationsmässig einfacher als die konventionelle Technik. Sie ermöglichen damit, wesentlich komplexere Aufgaben zu lösen. Die Software wird in der Regel durch den Gerätehersteller entwickelt. Zur Software gehört auch ein klarer Anforderungskatalog (kann nicht einfach an den Softwareersteller delegiert werden). Funktionsänderungen sind frei programmierbar ohne Verdrahtungsänderungen (Achtung, dass sich keine Fehler einschleichen!). In einfacheren Fällen wird Standardsoftware eingesetzt.
Nachstehend einige wichtige heute verwendete Bussysteme:
KNX ist der wichtigste Feldbus der Gebäudeautomation und wird im Wohnbereich wie auch im komplexen Zweckbau eingesetzt. KNX ist eine Weiterentwicklung des EIB und ist auch mit diesem kompatibel. In einem KNX-Bussystem ist es möglich, eine bedarfsabhängige Steuerung und Regelung zu realisieren und Beleuchtung, Heizung, Kühlung, Lüftung, Storen usw. energieeffizient zu vernetzen.
LON: «Local Operating Network» ist ein Feldbus-Standard für höhere Anforderungen. Gegenüber dem KNX ist LON schneller und kann somit für eine stetige Regelung eingesetzt werden. Das Prinzip LON basiert auf einer direkten Sensor-Aktor-Kommunikation, was zu einer Entlastung in der Bus-Kommunikation führt.
Enocean: Drahtlose Datenübertragung auf der Basis von Piezo-Technologie. Erlaubt die Platzierung von Temperaturfühlern und Bedientastern auf Glas.
BACnet: «Building Automation and Control Networks» steht in der GA für die Einbindung von Anlageteilen wie Kältemaschinen, Heizkessel usw. Die Kommunikation ist relativ schnell und robust.
MP-Bus: Der MP-Bus (Belimo AG, Hinwil) hat das Ziel, den Verdrahtungsaufwand in der HLK-Anlage zu reduzieren. Obwohl kein offizieller Standard, hat sich der MP-Bus in der Schweiz für eine energieoptimale Volumenstromregelung (VAV) oder Temperaturregelung etabliert.
M-Bus: Der «Meter-Bus» ist ein Feldbus für die Verbrauchsdatenerfassung. Die Übertragung erfolgt mit einer Zweidrahtleitung von einem Slave (Messeinrichtung) zu einem Master (Datenauswertung). Der M-Bus hat sich von einem Wärmezählerbus zu einem universellen Feldbussystem entwickelt, bei dem auch Temperaturen und Volumenströme zu Regelzwecken übertragen werden können.
DALI: «Digital Addressable Lighting Interface» ist der Standard für Beleuchtungssteuerungen. Beliebt ist DALI für die Realisierung von «Szenen» oder «Licht-Stimmungen», bei denen der einzelne Beleuchtungskörper eine vordefinierte Leuchtstärke einnimmt. An eine DALI-Insellösung können bis zu 64 Geräte (Leuchtkörper) angeschlossen werden.
DigitalStrom ist aus einem Spinoff der ETH Zürich entstanden, mit dem Ziel, über die bestehende elektrische Installation im Gebäude intelligente Funktionen zu realisieren. Die Kernfunktionen sind Beleuchtung, Storen, Gerätesteuerung und Verbrauchsmessung. Die Verbreitung ist vorläufig auf die Schweiz konzentriert.