Das Haus mit seiner warmseitigen Masse ist der Wärmespeicher. Man sitzt sozusagen im Ofen, alle Flächen strahlen Wärme ab. Eine Erkenntnis ist dabei zentral: Um Wärme aufnehmen zu können, muss die Masse ein wenig wärmer werden dürfen. Um Wärme abgeben zu können, ist es umgekehrt. Damit man im Komfortbereich bleibt, sollte diese langsame Aufwärts- und Abwärtsbewegung der Massentemperatur innerhalb von 3 K stattfinden. Während die Sonne ins Haus strahlt, kann die Lufttemperatur die momentane Massentemperatur auch um 4 K übersteigen, ohne dass man dies als unangenehm empfindet. Man wählt dann eine etwas leichtere Bekleidung und geniesst die Wärme.

Auch für ein gutes Hochsommerklima ist die Hausmasse wesentlich.

In unserem Klima ist eine aktive Sommerkühlung nicht notwendig. Im von aussen gut beschatteten, massiven solaren Direktgewinnhaus ist nächtliche Querlüftung – abgesehen von aussergewöhnlichen Hitzeperioden – ausreichend.

Abbildung 22: Auf diesem Bild sieht man die Dynamik im Nullheizenergie-Haus Trin (1. bis 7. Februar 1995). Die Zieltemperatur im Schlafgeschoss betrug 18°C bis 19°C (es können auch problemlos höhere Zieltemperaturen gefahren werden). Das ist der Normalverlauf im Hochwinter. In der Übergangszeit ist ausreichend Sonnenwärme vorhanden.

 

Abbildung 23: Der hohe Sonnenstand vom 6. bis 12. Juli bringt nur noch rund 500 W/m2auf die senkrechte Glasfläche (im Februar rund 1000 W/m2).

 

Abbildung 24: Sehr hohe Hitzebelastung im Ausnahmesommer 2015 bei voll belegtem Haus Gasser. Im Bild vier schwülheisse Nächte von 20°C bis 22°C und Tagestemperaturen bis 35°C. Dennoch bewegten sich die maximalen Innentemperaturen je nach Stockwerk bei lediglich 25,5°C bzw. 28°C. Die ersten zwei «Normalhochsommertage» von 30 C und Nachttemperaturen von 16°C bis 18°C ergeben nur mit Nachtauskühlung angenehme Innentemperaturen von 23,5°C bis 25,5°C.

 

Abbildung 25: Durch das Leitsystem gesteuerte, nach aussen öffnende und wettersichere Fenster beim Haus Gasser. An der Ostfassade werden über Nacht drei, an der Westfassade zwei solche Fenster geöffnet – ab dem 1. Obergeschoss. Es versteht sich von selbst, dass Querlüftungsöffnungen in Erdgeschossen einbruch­sicher gelöst werden müssen.

 

Abbildung 26: Der oft aus feuerpolizeilichen Gründen vorhandene RWA (Rauch- und Wärmeabzug) kann sinnvoll ins Leitsystem integriert und zur Nachtauskühlung eingesetzt werden.

 

Eine funktionsfähige bauliche Nachtauskühlung stellt allerdings konstruktive und gestalterische Anforderungen, wie die Abbildungen 25 bis 27 zeigen. Die Querlüftungsklappen müssen wettersicher konstruiert sein, dass eine Nachtauskühlung bei grösseren Gebäuden auch automatisierbar wird. Wenn beispielsweise die Querlüftung pro Stockwerk erfolgt, kann dies mit einer Temperaturmessung (Vergleich von Durchschnitts­innentemperatur und Aussentemperatur) ausgelöst werden. Sobald in der Nacht ab 22 Uhr die Aussentemperatur 2 K tiefer ist als die Raumlufttemperatur, wird geöffnet. Bei kleinerer Temperaturdifferenz wird wieder geschlossen. Eine Querlüftung ist optimal, wenn zwei gegenüberliegende Fassadenflächen, mög­­lichst in der Hauptwindrichtung, geöffnet werden können. Eine Übereck-Lüftung funktioniert aber auch. Dies bedingt eine entsprechende Grundrissgestaltung. Sehr wirkungsvoll sind auch vertikale Luftbewegungen. Dazu dienen beispielsweise (wettersichere) Treppenhäuser mit ohnehin erforderlichen Rauch- und Wärmeabzugsvorrichtungen. Diese können am tiefsten Punkt mit einer mindestens gleich grossen Zuluftöffnung versehen werden. Zusätzlich zu beachten ist die Einbruchsicherheit, dies gilt insbesondere bei Erd­geschoss-Querlüftungen. Querlüftungen sind wichtig und können auch interessante Architekturelemente sein.

Abbildung 27: Die wettersicheren, automatisierten Querlüftungsklappen des ÖKK-Verwaltungsgebäudes in Landquart von Bearth und Deplazes, Chur. Hier sieht man die Beschattungslösung und den inneren Blendschutz mittels Vorhängen. Als problematisch haben sich hier die nicht gelöste Übereck-Verschattung und die aus Kostengründen gewählte 2-fach-Verglasung erwiesen.