2.1.1 Wärmetransportarten und deren charakteristische Eigenschaften

Der Austausch von Wärme zwischen einem System und seiner Umgebung kann auf verschiedene Arten erfolgen: Wärmeleitung, Wärmestrahlung und Wärmeströmung (Konvektion).

Wärmeleitung

Bei der Wärmeleitung, die hauptsächlich in festen Körpern und stehenden Flüssigkeiten stattfindet, wird die Wärme sowohl durch thermische Gitterschwingungen (Phononen) als auch durch frei bewegliche Elektronen vom Ort höherer Temperatur (höheres Energieniveau) zum Ort niedrigerer Temperatur (niedrigeres Energieniveau) übertragen. Sie erfolgt somit von Teilchen zu Teilchen und ist an eine Temperaturdifferenz gebunden. Der Wärmeträger bleibt im Allgemeinen ortsfest (kein Massetransport!).

Beispiel: Wärmetransport in einem einseitig erwärmten Eisenstab.

Temperaturverlauf und Wärmestrom in einem Stab bei Wärmeleitung bei stationären Randbedingungen
Abbildung 2.1: Temperaturverlauf und Wärmestrom in einem Stab bei Wärmeleitung bei stationären Randbedingungen

Wärmeleitfähigkeit ࿽ in Abhängigkeit der Rohdichte
Abbildung 2.2: Wärmeleitfähigkeit λ in Abhängigkeit der Rohdichte

Die Wärmeleitfähigkeit λ, d. h. die charakteristische Materialgrösse, die angibt, welche Wärmemenge in 1 s zwischen zwei planparallelen Flächen von 1 m2 im Abstand von 1 m bei einer Temperaturdifferenz von 1 K fliesst, wird aus Messungen an möglichst homogenen Probekörpern bestimmt. Reine Metalle sind allgemein gute Wärmeleiter; über die Isolatoren zu den Gasen nimmt dann die Wärmeleitfähigkeit zunehmend ab. Diese λ-Werte sind aber nicht für alle Stoffe eine konstante Grösse; speziell bei den normalerweise porösen Baustoffen spielen Zusammensetzung, Rohdichte, Porenstruktur, Feuchtegehalt und Temperatur eine entscheidende Rolle. So steigt die Wärmeleitfähigkeit dieser Stoffe mit abnehmender Porosität (Ersatz der Porenluft durch festen Baustoff) und steigendem Wassergehalt (Ersatz der Porenluft durch Wasser).

Je kleiner die Wärmeleitfähigkeit, desto besser die Wärmedämmwirkung des Baustoffes.

Der auf die Flächeneinheit bezogene Wärmestrom, die Wärmestromdichte q, ist im stationären Zustand über den ganzen Querschnitt konstant und berechnet sich als

(2.1)

Die am Bau verwendeten Materialien lassen sich hinsichtlich der Wärmeleitfähigkeit aufgrund ihrer Rohdichten einstufen (vgl. Abb. 2.2).

Wärmestrahlung

Bei der Wärmestrahlung wird die thermische Energie durch elektromagnetische Strahlung (auch im Vakuum) übertragen, ohne « materiellen » Wärmeüberträger, d. h., es braucht keine Masse als Transportmedium. Die Wärmestrahlung benötigt keine Temperaturdifferenz als treibende Kraft. Jeder Körper strahlt, und zwar um so stärker, je höher seine Temperatur ist (Beispiele: Sonnenstrahlung, IR-Grill).

Je nach Temperatur der strahlenden Oberfläche ändert sich die Farbe des Strahlers, d. h. die «Wellenlängenverteilung» der Strahlung. Je heisser die Quelle, desto kurzwelliger das Maximum der Strahlung und desto grösser die gesamte abgestrahlte Intensität (Leistung pro Fläche!).

Strahlungsintensitätsverteilung bei verschiedenen Temperaturen und Wien’sches Verschiebungsgesetz
Abbildung 2.3: Strahlungsintensitätsverteilung bei verschiedenen Temperaturen und Wien’sches Verschiebungsgesetz (vgl. Formel 2.2)

(2.2)

Langwellige Strahlung (Wellenlänge λ > 0,8 µm) wird als Wärme-(lnfrarot-)Strahlung, kurzwelligere Strahlung (0,4 µm < λ < 0,8 µm) als Licht wahrgenommen. So strahlt z. B. die Sonne (Oberflächentemperatur Ts ≈ 6000 K) hauptsächlich zwischen 0,2 und 3 µm, wogegen die Wärmeabstrahlung von Wandoberflächen (Oberflächentemperatur Ts ≈ 300 K) ganz im unsichtbaren, langwelligen Bereich (λ > 3 µm) liegt.

Neben dem Flächeninhalt A des Strahlers und dessen Oberflächentemperatur Ts (in K) wird der abfliessende Wärmestrom Φ insbesondere auch durch das Abstrahlvermögen (→ Emissionsgrad ε) des Oberflächenmaterials bestimmt:

(2.3)

Die Wärmeabstrahlung einer Oberfläche ist umso grösser, je grösser deren Emissionsvermögen und je höher deren Temperatur.

Der Wärmeaustausch durch Strahlung zwischen Oberflächen wird primär bestimmt durch:

  • die Oberflächentemperaturen (Ts (in K))
  • Strahlungseigenschaften der Oberflächen (α, ε, ρ)
  • die gegenseitige Lage der Flächen zueinander (Form-/Oberflächenfaktor Fjn)

Stehen sich zwei Oberflächen gegenüber, so kann der Strahlungsaustausch vereinfacht wie folgt beschrieben werden (siehe auch Anhang 9.7.4):

(2.4)

Für F12 = 1, ε1 = ε2 = 1 wird häufig ein linearisierter Ansatz verwendet:

(2.5)

Formfaktoren für typische geometrische Anordnungen sind:

Form-/Oberflächenfaktoren bei ausgewählten Geometrien
Abbildung 2.4: Form-/Oberflächenfaktoren bei ausgewählten Geometrien

Körper mit einem Emissionsgrad ε = 1 werden schwarze Strahler, Körper mit ε < 1 graue Strahler genannt. Strahlung kann aber auch von Körpern teilweise oder vollständig aufgenommen (Absorption) oder durchgelassen werden (Transmission).

Diese charakteristischen Strahlungsparameter zeigen eine deutliche Abhängigkeit sowohl von der Temperatur wie von der Wellenlänge. Bei einer bestimmten Wellenlänge λ und einer bestimmten Temperatur Ts gilt:

(2.6)

Für bestimmte Temperaturen lassen sich aber in bauphysikalisch wichtigen Spektralbereichen – z. B. Sonneneinstrahlung auf Erdoberfläche (0,3–3 µm) und Wärmestrahlung (1–50 µm) – Mittelwerte dieser Grössen über den entsprechenden Wellenlängenbereich bilden:

Wechselwirkung Strahlung-Materie
Abbildung 2.5: Wechselwirkung Strahlung-Materie

Spektraler Reflexionsgrad von Verputzschichten
Abbildung 2.6: Spektraler Reflexionsgrad von Verputzschichten (T ≈ 300 K)

Einer Hauswand z. B. wird einerseits durch Sonneneinstrahlung – sowohl direkt wie diffus (λ = 0,3–3 µm) – und andererseits durch Infrarotstrahlung der Atmosphäre (λ ≈ 3–100 µm) Wärme zugeführt. Eine Gebäudeoberfläche ihrerseits strahlt gemäss dem Stefan-Boltzmann’schen Gesetz proportional zur vierten Potenz ihrer Oberflächentemperatur Ts Energie ab. So kann in einer klaren Winternacht die Strahlungsbilanz für stark abstrahlende Oberflächen (grosser Emissionsgrad) der Gebäudehülle defizitär werden, und es treten – speziell bei Flachdächern – Unterkühlungen von mehreren Graden unter der Lufttemperatur auf (Vergrösserung der Wärmeverluste [2.1]).

Spektralverteilung der Sonnenstrahlung und der Infrarotstrahlung von Gebäudeoberflächen und der Atmosphäre
Abbildung 2.7: Spektralverteilung der Sonnenstrahlung und der Infrarotstrahlung von Gebäudeoberflächen und der Atmosphäre [2.1]

Wärmeströmung (Konvektion)

Bei der Konvektion oder Wärmeströmung, die nur in Gasen oder Flüssigkeiten stattfindet, wird die Wärme durch Bewegungsvorgänge (Strömung oder Ortsänderung) transportiert. Ursachen sind innere Kräfte oder äussere Kräfte.

Beispiele: Wärmetransport im Meer oder in der Atmosphäre, Raumheizung, Thermik (Segelfliegen).

Nach den Kräften, die die Luftbewegung bewirken, unterscheidet man:

  • freie Konvektion, Strömung durch thermische Auftriebskräfte bei konstantem Druck (Dichteänderungen), laminar oder turbulent
  • erzwungene Konvektion, Strömung infolge « mechanischer » Druckdifferenz (z. B. Winddruck), vorwiegend turbulent

Der Wärmetransport durch Konvektion an Oberflächen wird hauptsächlich von folgenden Parametern beeinflusst:

  • Temperaturdifferenz Wandoberfläche θsi/Luft (Δθ)
  • Anströmgeschwindigkeit der Luft (v)
  • Art der Strömung: laminar/turbulent (→ Reynoldszahl Re)
  • Wärmestromrichtung (horizontal, vertikal auf-oder abwärts)
  • Oberflächenbeschaffenheit (Rauhigkeit)
  • mittlere Lufttemperatur (θa)
  • Geometrie und Abmessungen des Bauteils (Ecken, Nischen etc.)

Der konvektive Wärmestrom an einer Grenzfläche fest/gasförmig lässt sich trotz komplexer Zusammenhänge in erster Näherung in Anlehnung an die Wärmeleitung linearisieren:

(2.7)

Für die Bestimmung von hc in W · (m2 · K)–1 können die folgenden Ansätze verwendet werden:

  • Innenoberflächen:

  

Nach EN ISO 6946  [2.3] sind folgende Richtwerte für den Regelquerschnitt anzuwenden:

  • Wärmestrom horizontal hci = 2,5 W/(m2 K)
  • Wärmestrom aufwärts hci = 5,0 W/(m2 K)
  • Wärmestrom abwärts hci = 0,7 W/(m2 K)
  • Aussenoberflächen:
Konvektionswärmeübergangskoeffizient an Innenoberflächen; einerseits für vertikalen
Abbildung 2.8: Konvektionswärmeübergangskoeffizient an Innenoberflächen; einerseits für vertikalen (oben), andererseits für horizontalen (unten) Wärmefluss

hce = 4,0 + 4 · v

Konvektionswärmeübergangskoeffizient an Aussenoberflächen
Abbildung 2.9: Konvektionswärmeübergangskoeffizient an Aussenoberflächen

2.1.2 Baustoffdaten und Einflussgrössen

Die wärmeschutztechnischen Eigenschaften eines Baustoffes müssen nach einheitlichen Verfahren (z. B. EN ISO 10456 [2.4]) ermittelt werden. Es werden dabei folgende Bezeichnungen verwendet:

  • Messwert, bestimmt unter definierten Prüfbedingungen bezüglich Temperatur, Feuchtegehalt und Alterungszustand
  • Nennwert, bestimmt durch eine statistische Auswertung der Messwerte (90 % Fraktile, Vertrauensintervall 90 %), bezogen auf Referenzbedingungen (10 °C, 50 % r. F., gealtert)
  • Bemessungswert (Rechenwert), anzunehmen als typisch für ein Produkt im eingebauten Zustand

Die Umrechnung der Wärmeleitfähigkeit von einer Randbedingung 1 auf eine Randbedingung 2 erfolgt nach ISO 10456 gemäss folgenden Ansätzen:

(2.8)

  • Temperaturumrechnung
(2.9)

  • Feuchteumrechnung
(2.10)

Bzw.

(2.11)

2.1.3 Wärmeübergang Baustoffoberfläche/Luft

Der Wärmeaustausch einer Oberfläche mit der angrenzenden Luft kann mit einem kombinierten Wärmeübergangskoeffizienten (Strahlung + Konvektion) charakterisiert werden:

(2.12)

Bei energetischen Berechnungen können folgende Fälle unterschieden werden:

Wärmeübergangskoeffizienten am Gebäude gemäss Norm SIA 180
Abbildung 2.10: Wärmeübergangskoeffizienten am Gebäude gemäss Norm SIA 180 [2.6]

Bei Energie- und Temperaturberechnungen (Wärmebrückenberechnungen) sind die in Tabelle 2.6 aufgeführten Wärmeübergangswiderstände zu verwenden:

(2.13)

2.1.4 Wärmedurchlasswiderstände von Luftschichten

Den Luftschichten innerhalb von Baukonstruktionen, speziell bei Verglasungen/Fensterrahmen, können thermische Widerstände oder äquivalente Wärmeleitzahlen zugeordnet werden. Die Anteile der einzelnen Wärmetransportprozesse variieren besonders stark in Funktion der Luftspaltbreite sowie der Strahlungseigenschaften der Begrenzungsflächen:

Wärmedurchlasswiderstand eines abgeschlossenen Luftzwischenraumes
Abbildung 2.11: Wärmedurchlasswiderstand eines abgeschlossenen Luftzwischenraumes (1/Λs) in Abhängigkeit von Dicke d und Begrenzungsoberflächen

Aufgrund des geometrischen Aufbaus lassen sich grundsätzlich folgende Typen von Lufthohlräumen unterscheiden:

  • A Luftschichten, die beidseitig durch planparallele Ebenen abgetrennt werden (d << b)
  • B rechteckförmige Lufthohlräume (b/d < 10)
  • C Lufthohlräume in Fensterrahmenprofilen mit beliebigen Querschnittsformen

Ruhende Luftschichten

Eine Luftschicht gilt als ruhend, wenn der Luftraum gegenüber der Umgebung abgeschlossen ist.

Für geschlossene Luftschichten vom Typ A bei nichtmetallischen Oberflächen sind die Wärmedurchlasswiderstände R in Tabelle 2.7 gemäss EN ISO 6946  [2.3] angegeben.

Bei Verglasungen kann der Wärmedurchlasskoeffizient Λs des Scheibenzwischenraumes gemäss EN 673 [2.12] ermittelt werden:

(2.14)

(2.15)

(2.16)

(2.17)

(2.18)

(2.19)

Bei eingeschlossenen Luftkammern vom Typ B gemäss Abb. 2.12 kann der Widerstand der Luftschicht bzw. die äquivalente Wärmeleitfähigkeit λeq nach EN ISO 6946 [2.3] wie folgt ermittelt werden:

Luftkammer vom Typ B
Abbildung 2.12: Luftkammer vom Typ B [2.3]
(2.20)

(2.21)

(2.21a)

(2.21b)

Für ε1 = ε2 = 0,9 und Tm = 283 K gilt:

(2.22)

(2.23)

Bei Lufthohlräumen vom Typ C wird gemäss EN ISO 10077 – 2 [2.8] die Querschnittsform in eine äquivalente Rechtecksform umgewandelt, wobei die Fläche und das Seitenverhältnis konstant gehalten werden. Der Wärmedurchlasswiderstand wird anschliessend analog zum Typ B ermittelt.

Bei Wärmebrückenberechnungen wird in der Regel anstelle des Wärmedurchlasswiderstandes die äquivalente Wärmeleitfähigkeit λeq einer Luftschicht verwendet (siehe Tab. 2.9).

Luftschichten vom Typ C
Abbildung 2.13: Luftschichten vom Typ C

Schwach belüftete Luftschichten

Eine Luftschicht ist schwach belüftet, wenn der Luftaustausch mit der Aussenumgebung durch Öffnungen folgender Grössen begrenzt wird:

  • > 500 mm2 bis ≤ 1500 mm2 je m Länge für vertikale Luftschichten
  • > 500 mm2 bis ≤ 1500 mm2 je m2 Oberfläche für horizontale Luftschichten

Der Wärmedurchlasswiderstand einer schwach belüfteten Luftschicht beträgt rund die Hälfte des entsprechenden Wertes einer ruhenden Luftschicht.

Stark belüftete Luftschichten

Eine Luftschicht gilt als stark belüftet, wenn die Öffnungen zwischen Luftschicht und Aussenumgebung 1500 mm2 je m Länge bzw. je m2 Fläche überschreiten. Bei stark belüfteten Luftschichten kann als äusserer Wärmeübergangswiderstand (Luftschicht inkl. aller Schichten zwischen Luftspalt und Aussenumgebung) der innere Wärmeübergangswiderstand desselben Bauteiles verwendet werden (vgl. Hinterlüftung in Abb. 2.10).

2.1.5 Wärmedurchgang und Temperaturverteilung

Der Wärmedurchgang bei einer Wand-, Boden- oder Deckenkonstruktion ist durch zwei grundlegend verschiedene Transportmechanismen gekennzeichnet:

  1. Wärmedurchlass durch die verschiedenen Materialschichten: Wärmeleitung
  2. Wärmeübergang an den Grenzflächen Wandoberfläche/Luft: Wärmestrahlung/Konvektion und Leitung
Wärmetransportmechanismen an einer Wand
Abbildung 2.14: Wärmetransportmechanismen an einer Wand (θi > θe)

Im stationären Zustand (d. h. bei festgehaltener Innen- und Aussentemperatur) ist der Wärmestrom Ф konstant und fliesst im Regelquerschnitt senkrecht durch die Wandoberflächen. Der durch die Temperaturdifferenz zwischen den beiden Oberflächen einer Bauteilschicht j hervorgerufenen Wärmestromdichte q setzt das Material einen sog. Wärmedurchlasswiderstand dj/λj entgegen:

(2.24)

Ähnlich wie beim elektrischen Strom, der durch hintereinandergeschaltete Widerstände fliesst (Δϕel = (Rel1 + Rel2 + … Reln) · I), bestimmt bei einer aus mehreren Schichten aufgebauten Wandkonstruktion der Gesamtwärmedurchlasswiderstand 1/ΛMS = Σdjj aller Materialschichten (MS) den Wärmetransport:

Elektrisches Analogiemodell einer mehrschaligen Wand
Abbildung 2.15: Elektrisches Analogiemodell einer mehrschaligen Wand

(2.25)

U-Wert: Wärmedurchgangskoeffizient

Definition U-Wert
Abbildung 2.16: Definition U-Wert

Der Wärmedurchgangskoeffizient U in W/(m2 · K)gibt den Wärmestrom (Einheit Watt!) an, der im stationären Zustand durch 1 m2 eines Bauteiles (Regelquerschnitt!) senkrecht zur Oberfläche fliesst, wenn zwischen den beidseitig angrenzenden Räumen ein Temperaturunterschied von 1 K herrscht.

Die Wärmedämmfähigkeit einer Konstruktion ist umso besser, je kleiner der Wärmedurchgangskoeffizient U ausfällt.

Die Wärmedämmanforderungen für Wände und Dächer lassen sich aus heutiger Sicht grob wie folgt qualifizieren:

Bei bekanntem U-Wert lässt sich nun die Wärmestromdichte q in einem Bauelement bei gegebener stationärer Temperaturdifferenz Δθ = θi – θe berechnen:

(2.26)

In alten Normen werden der Wärmedurchgangskoeffizient mit k und der Wärmeübergangskoeffizient mit α bezeichnet.

Ermittlung des Temperaturverlaufs in einer Baukonstruktion

a) rechnerisch

Temperaturverlauf in dreischichtiger Wandkonstruktion
Abbildung 2.17: Temperaturverlauf in dreischichtiger Wandkonstruktion

An den Oberflächen ergeben sich folgende Temperatursprünge:

(2.27)

Temperatursprung in der Schicht j:

(2.28)

Temperatursprung in der Tiefe x (von aussen):

(2.29)

b) grafisch

Die letzte Gleichung zur Berechnung des Temperaturverlaufes stellt eine Gerade dar mit der Steigung q = U · (θi – θe), wenn als x-Achsenwerte die entsprechenden thermischen Widerstände der einzelnen Schichten (1/hi, djj, 1/he) abgetragen werden. Grafisch erhält man den Temperaturverlauf in einem Bauteil wie folgt (vgl. Abb. 2.18):

  1. Anhand des Wärmedurchgangswiderstands 1/U und der beiden Lufttemperaturen θi und θe wird die Gerade im Temperatur-Widerstands-Diagramm festgelegt. Temperaturen an Schichtgrenzen oder in einzelnen Schichten lassen sich entsprechend ihren Wärmedurchlasswiderständen herauslesen.
  2. Die Temperaturen an den einzelnen Schichtgrenzen aus 1. werden entsprechend der Tiefe der Schichtgrenze ins Temperatur-Schichtdicken- Diagramm übertragen (→ x-Achsen-Transformation bei gleichbleibender y-Achsen-Einteilung). Innerhalb der einzelnen Baumaterialschichten ist der Temperaturverlauf linear.

Thermische Widerstände und …

Aufgrund der Analogie zwischen Ladungs- und Wärmetransport mit

(2.30)

kann dem elektrischen Widerstand

(2.31)

ein thermischer Widerstand

(2.32)

gegenübergestellt werden. In den einschlägigen « thermischen » Normen bezieht man sich z. B. bei der Angabe zulässiger U-Werte auf 1 m2 Regelquerschnitt, was letztlich dazu geführt hat, dass der Begriff «Widerstand» als Verknüpfung zwischen Ursache (Δθ) und auftretender Wirkung (Фth) nicht mehr «artrein» verwendet wird. Der Wärmedurchgangswiderstand als Kehrwert des U-Wertes wäre konsequenterweise als flächenspezifischer thermischer Widerstand eines Regelquerschnittbauteils zu bezeichnen.

U-Werte von Verglasungen: Ug

Der Wärmedurchgang im Scheibenzwischenraum (SZR) einer Verglasung findet durch Strahlung, Konvektion und Wärmeleitung statt (vgl. Berechnungsgrundlagen in Abschnitt 2.1.4). Die Konvektions- und Wärmeleitungseigenschaften können durch den Einsatz von Edelgasen reduziert werden, im Vordergrund stehen dabei Argon, Krypton und Xenon. Für jedes Edelgas liegt eine optimale Spaltbreite vor, bei welcher die Wärmedurchlasszahl infolge Konvektion/Leitung ein Minimum aufweist (siehe Abb. 2.20). Bei Xenon liegt diese bei 8 mm, bei Krypton bei 12 mm, bei Argon bei 16 mm und bei der Luft bei 18 mm.

U-Wert und Temperaturverlauf bei Aussenwandkonstruktion
Abbildung 2.18: U-Wert und Temperaturverlauf bei Aussenwandkonstruktion

U-Werte in W/(m2·K) ausgewählter Konstruktionen als Richtwerte für die Bemessung von Wärmedämmschichten
Abbildung 2.19: U-Werte in W/(m2·K) ausgewählter Konstruktionen als Richtwerte für die Bemessung von Wärmedämmschichten (λWD ≈ 0,04 W·(m·K)–1)

Wärmedurchlasszahl Konvektion/Leitung Λa im Scheibenzwischenraum
Abbildung 2.20: Wärmedurchlasszahl Konvektion/Leitung Λa im Scheibenzwischenraum

Der Wärmedurchgang infolge Strahlung kann durch den Einsatz von infrarotreflektierenden, jedoch farblich neutralen Beschichtungen reduziert werden. Die Wirkung der Beschichtungen auf die Wärmedurchlasszahl Strahlung wird über den Emissionsgrad ε charakterisiert: je kleiner der Emissionsgrad, desto geringer die Wärmedurchlasszahl.

Wärmedurchlasszahl Strahlung Λr im Scheibenzwischenraum
Abbildung 2.21: Wärmedurchlasszahl Strahlung Λr im Scheibenzwischenraum

In der Praxis kommen Beschichtungen mit folgenden Emissionsgraden zum Einsatz:

  • Pyrolytische Beschichtungen ε = 14–20 % (E16)
  • Aufgedampfte Beschichtungen ε = 8–12 % (E10)
  • Aufgedampfte Beschichtungen ε = 4–6 % (E5)
  • Aufgedampfte Beschichtungen ε = 2–4 % (E3)

Bei Edelgasen müssen der Füllgrad und die Leckrate beachtet werden. Der U-Wert einer 2-fach-Wärmeschutzverglasung mit Edelgasfüllung ist in Abhängigkeit des Luftanteils in Abbildung 2.22 dargestellt.

Einfluss des Luftanteils auf den U-Wert einer 2-IV mit Wärmeschutzglas
Abbildung 2.22: Einfluss des Luftanteils auf den U-Wert einer 2-IV mit Wärmeschutzglas (ε ≈ 5 %)

Tabelle 2.11 vermittelt einen Überblick über die auf dem Markt verfügbaren Verglasungen und deren thermische und optische Eigenschaften.

U-Werte von Fenstern: Uw

Verglasung, Fensterrahmen und Glasrandabschluss weisen unterschiedliche Wärmedämmeigenschaften auf. Für die Bestimmung des Fenster-U-Wertes UW müssen deshalb folgende Teilbereiche unterschieden werden (vgl. [2.7] und [2.14]):

Fenster-U-Wert Uw nach
Abbildung 2.23: Fenster-U-Wert Uw nach [2.7]

Detaillierte Angaben zu Glas- und Fenster-U-Werten sind in Anhang 9.12 zusammengestellt.

2.1.6 Strahlungsaustausch mit der Umgebung

Am Strahlungsaustausch der Gebäudehülle mit der Umgebung sind folgende Grössen beteiligt:

  • kurzwellige Einstrahlung der Sonne, ΦSonne
  • langwellige Abstrahlung (Infrarot) der Oberfläche, ΦIR (aus)
  • langwellige Einstrahlung (Infrarot) der Umgebung (Atmosphäre und Gelände), ΦIR (ein)
Strahlungsaustauschvorgänge an der Gebäudehülle, mit Hauptwellenbereichen in ࿽m
Abbildung 2.24: Strahlungsaustauschvorgänge an der Gebäudehülle, mit Hauptwellenbereichen in µm

Um die Sonneneinstrahlungsintensität auf eine Bauteiloberfläche ermitteln zu können, ist die Kenntnis der Position der Sonne in Bezug auf die Flächennormale der bestrahlten Fläche erforderlich. Für den Fall der direkten Sonneneinstrahlung gilt:

(2.33)

Winkel und Parameter für Sonnenstrahlungsberechnungen
Abbildung 2.25: Winkel und Parameter für Sonnenstrahlungsberechnungen

(2.34)

Direkte Sonnenstrahlung IB,n auf Normalfläche
Abbildung 2.26: Direkte Sonnenstrahlung IB,n auf Normalfläche (zur Sonne) (Bj: Trübungskoeffizient, vgl. Abb. 2.29)

Durch Hindernisse beschattete Bereiche können wie folgt erfasst werden:

Winkel für Beschattungsberechnungen
Abbildung 2.27: Winkel für Beschattungsberechnungen (Beschattungswinkel ε)

Mit Hilfe des Sonnenstandsdiagrammes in Abb. 2.28 kann der Jahresgang der Sonne auf einfache Weise ermittelt werden.

Um die gesamte Sonneneinstrahlungsintensität (sog. Globalstrahlung IG) auf eine geneigte Fläche zu erhalten, ist neben der direkten Einstrahlung IB noch der diffuse Eintrag vom Himmel (u. U. inkl. Wolken) und die diffuse Reflexion an der Erdoberfläche zu berücksichtigen:

(2.35)

Liegen globale wie diffuse Einstrahlung auf eine Horizontalfläche in Funktion des Sonnenstandes ϕS als Messgrösse vor, so lässt sich die Globalstrahlung zu einem bestimmten Zeitpunkt wie folgt abschätzen (3-Strahlungskomponenten-Modell [2.24]):

(2.36)

Sonnenstandsdiagramm zur Bestimmung der Sonnenhöhe und des Azimuts
Abbildung 2.28: Sonnenstandsdiagramm zur Bestimmung der Sonnenhöhe und des Azimuts (Quelle: [2,40])

Für den Fall einer vertikalen Wand kann mit Hilfe der Diagramme von Abb. 2.29 die diffuse Einstrahlung ID,W wie folgt abgeschätzt werden:

(2.37)

Die diffuse Strahlung auf eine geneigte Fläche kann in analoger Weise zwischen den Werten der horizontalen Fläche und der entsprechenden vertikalen Wand interpoliert werden (vgl. Abb. 2.29).

Für detaillierte Angaben zur Generierung von Stundenwerten für die lokale Sonneneinstrahlung sei auf die Dokumentation METEONORM und das zugehörige Computerprogramm hingewiesen [2.24].

Im Infrarotbereich steht der Wärmestrahlung einer Oberfläche die Einstrahlung der Umgebung (Atmosphäre und Gelände) gegenüber. Der resultierende Wärmeverlust kann in folgende Teile zerlegt werden:

Diffuse Einstrahlung auf Horizontalfläche bzw. Vertikalflächen verschiedener Orientierungen
Abbildung 2.29: Diffuse Einstrahlung auf Horizontalfläche bzw. Vertikalflächen verschiedener Orientierungen [2.28], Trübungskoeffizient B:
B1 = 0,05: Klare Luft im Winter
B2 = 0,10: Landluft bei sommerlicher Schönwetterlage
B3 = 0,15: Stadtluft bei sommerlicher Schönwetterlage
B4 = 0,20: Luft mit starkem Dunstgehalt
B5 = 0,25: Sehr dunstige Luft an warmen, schwülen Sommertagen

  • Strahlungsverlust an die Umgebung (ε ≈ 1), die sich auf Aussenlufttemperaturniveau befindet. Dieser Anteil wird in der Regel mit dem Wärmeübergangskoeffizienten he,r erfasst und mit dem konvektiven Wärmeübergangskoeffizienten zu einem äusseren Wärmeübergangskoeffizienten he zusammengefasst.
  • Zusatzverlust im Infrarotbereich infolge Strahlungsdefizits bei klarem Himmel (vgl. Abb. 2.7). Dieser Infrarotzusatzverlust ΔIR kann wie folgt rechnerisch abgeschätzt werden [2.16]:
(2.38)

Das Emissionsvermögen des klaren Himmels ist in erster Linie von der Taupunkttemperatur der Aussenluft abhängig. Es kann folgende Korrelation nach [2.15], [2.16] verwendet werden:

(2.39)

Bei bewölktem Himmel kann die Emissivität nach Unsworth [2.17] folgendermassen abgeschätzt werden:

(2.40)

Opake Bauteile

Der Einfluss der Strahlungskomponenten im kurz- und langwelligen Bereich auf den Wärmedurchgang kann mit Hilfe einer sog. Strahlungslufttemperatur θe* beschrieben werden. Darunter verstehen wir eine fiktive (« korrigierte ») Aussenlufttemperatur, bei der ein Bauteil dieselbe Wärmestromdichte aufweist wie unter dem Einfluss der Strahlungskomponenten (vgl. [2.19]).

(2.41)

Kenngrössen zum Strahlungsdurchgang bei Gläsern
Abbildung 2.30: Kenngrössen zum Strahlungsdurchgang bei Gläsern

Transparente Bauteile

Bei lichtdurchlässigen Bauteilen gelangt die Sonnenstrahlung teilweise direkt ins Gebäudeinnere, ein Teil wird an den Gläsern reflektiert, und ein Teil wird von den Schichten (primär Gläser) absorbiert (vgl. Abb. 2.30). Der Gesamtenergiedurchlassgrad g einer Verglasung gibt an, welcher Anteil der aussen einfallenden Strahlung im Innern des Gebäudes wärmewirksam wird. Für die Bestimmung der Kenngrössen nach EN 410 [2.13] sind die Spektraldaten der verwendeten Gläser (siehe Abb. 2.31) erforderlich.

(2.42)

Die sekundäre Wärmeabgabe nach innen berechnet sich wie folgt:

Einfachverglasung:

(2.43)

Zweifachverglasung:

(2.44)

Dreifachverglasung:

(2.45)

Die Transmissions- und Reflexionseigenschaften von Gläsern können je nach Einsatzzweck durch das Anbringen von metallischen Beschichtungen beeinflusst werden, wobei zwischen folgenden Produkten unterschieden wird (siehe auch Abb. 2.33):

  • Wärmeschutzgläser

Verminderter Wärmedurchgang bei hoher Solar- und Lichtdurchlässigkeit

  • Sonnenschutzgläser

Verminderte Solardurchlässigkeit bei hoher Lichtdurchlässigkeit

Spektralkurven von typischen Sonnen- und Wärmeschutzgläsern
Abbildung 2.31: Spektralkurven von typischen Sonnen- und Wärmeschutzgläsern
Abbildung 2.32 zeigt den Einfluss des Einfallswinkels auf den Strahlungsdurchgang.

Die Wärmestrombilanz pro m2 Fensterglas kann nach folgender Formel ermittelt werden:

Einfluss des Einfallswinkels auf den Strahlungsdurchgang
Abbildung 2.32: Einfluss des Einfallswinkels auf den Strahlungsdurchgang (0°: senkrechter Einfall, 90°: Einfall parallel zur Oberfläche)

Qualitative Anforderungen an Spezialgläser
Abbildung 2.33: Qualitative Anforderungen an Spezialgläser (idealisiert)

(2.46)