Die (Teil-)Energiekennzahlen lassen sich nun mit Vergleichswerten vergleichen. Vergleichswerte finden sich in den SIA-Normen und Merkblättern (z. B. Merkblatt SIA 2056, Elektrizität in Gebäuden – Energie- und Leistungsbedarf, 2019), aber auch in Forschungsberichten und Untersuchungsergebnissen (z. B. unter www.energieforschung.ch), bei vergleichbaren Unternehmen, bei Kantonen oder Städten oder auch im eigenen Betrieb, falls dieser über mehrere Gebäude verfügt.

Aus dem Vergleich lässt sich der energetische Zustand des untersuchten Gebäudes beurteilen. Auch Vergleichswerte, bezogen auf die Leistungsgrössen des Unternehmens (z. B. Wärmeverbrauch pro Übernachtung, Stromverbrauch pro Mahlzeit, Wasserbedarf pro Kilogramm produziertes Papier), können wertvolle Hinweise auf Schwachstellen und das Optimierungspotenzial geben.

Natürlich muss ein im Vergleich guter eigener Wert nicht zwingend bedeuten, dass nicht doch noch Verbesserungsmöglichkeiten vorhanden sind, wie es umgekehrt nicht in jedem Fall möglich ist, den besten Wert zu erreichen. Jedoch ist ein solcher Vergleich ein gutes Mittel, das mögliche Optimierungspotenzial transparent zu machen und so ein zielgerichtetes Vorgehen zu ermöglichen. Aus der Differenz zwischen Istwert und Vergleichswert, multipliziert mit der Anzahl der Bezugsgrössen (z. B. Quadratmeter), lässt sich sofort das Sparpotenzial und daraus auch die Kosteneinsparung pro Jahr errechnen.

Es ist klar, dass die Aussagekraft und Nutzbarkeit solcher Vergleiche umso besser sind, je detailliertere Kennzahlen und Vergleichszahlen vorliegen. Leider macht dies das Erheben von Kennzahlen aufwendiger. Das Finden von detaillierten Vergleichswerten ist ebenso schwierig.

Schwachstellen

In diesem Zusammenhang werden unter Schwachstellen Installationen mit Energiesparpotenzial verstanden. Es gilt also, Möglichkeiten zu suchen, um durch eine Verbesserung den Energieverbrauch reduzieren zu können. Gleichzeitig soll auch angestrebt werden, fossile Brennstoffe durch nicht fossile Energieträger, am besten durch regenerative Energie, zu ersetzen. Der Komfort resp. die Funktionalität müssen dabei weiterhin erfüllt werden. Es geht also nicht darum, nachher im dicken Pullover zu frieren, sondern dort Massnahmen zu ergreifen, wo der verlangte Komfort resp. die Leistung mit weniger Energieaufwand bereitgestellt werden kann. Oft wird man bei solchen Untersuchungen auch auf Fälle stossen, bei denen der Komfort oder die gebotene Leistung nicht genügen. Dann ist es besonders sinnvoll, Massnahmen zu ergreifen. Dabei muss versucht werden, beide Ziele, mehr Komfort oder Leistung und optimierter Energieverbrauch, synchron zu erreichen.

Schwachstellen lassen sich einerseits über die Vergleichswerte finden. Jedoch geben diese Werte keinerlei Auskunft über den Grund des im Vergleich zu hohen Energieverbrauches. Es wird nur ersichtlich, ob und allenfalls wo ein im Vergleich zu hoher Energieverbrauch auftritt. Um Verbesserungen zu erreichen, müssen nun konkrete Schwachstellen und praktisch umsetzbare Verbesserungsmassnahmen gefunden werden. Dazu braucht es neben der Kenntnis des Gebäudes, der installierten Anlagen und Geräte auch das Verstehen der Prozesse und der Nutzung. Mit Gespür, Erfahrung und energietechnischen sowie gebäudetechnischen Kenntnissen muss nun nach Mängeln und Verbesserungsmöglichkeiten gesucht werden. Dazu ist eine Inspektion des Gebäudes und seiner Anlagen erforderlich. Ebenso müssen alle verfügbaren Unterlagen über Bau, Gebäudetechnik, Anlagen und Geräte vorhanden sein und die Gebäudenutzung muss bekannt sein.

Die wichtigsten Know-how-Träger sind fast immer Hauswarte, Gebäudeverantwortliche oder Mitarbeitende des technischen Dienstes. Ohne diese Personen können viele Schwachstellen nicht gefunden werden. Auch ist es meist nutzlos, ohne ihre Mitwirkung zu versuchen, Verbesserungen umzusetzen. Eine Schwachstellenanalyse darf von diesen Personen nicht als Kontrolle ihrer Arbeit oder gar als Misstrauensvotum in Bezug auf ihre Kompetenzen verstanden werden. Besser ist es, ihnen Gelegenheit zu geben, schon lange bekannte Mängel und erwünschte Verbesserungen aufzuzeigen und umzusetzen. Bei allen Massnahmen ist die Umsetzung wesentlich einfacher, wenn von Anfang an alle betroffenen Personen informiert werden und sie ihre Wünsche, Ideen und Anliegen in die Schwachstellenanalyse einbringen können. Gegen den Willen von Betroffenen eine von aussen aufoktroyierte Massnahmenliste umzusetzen, ist sehr schwierig und führt kaum zum erhofften Erfolg.

Daneben können auch Gespräche mit den Gebäudenutzern, seien es Angestellte, Bewohner, Kunden oder Mieter, zu wertvollen Erkenntnissen führen.

Oft ist es sinnvoll, die Schwachstellenanalyse an einen externen Energieberater zu vergeben.

Die Untersuchung kann anhand einer Checkliste erfolgen, um alle möglichen Sparpotenziale zu finden Dies ermöglicht ein strukturiertes Vorgehen. Keine Bauteile oder möglichen Problemfelder gehen vergessen. Im Anhang 14.2 findet sich ein Beispiel einer solchen Checkliste, wobei kein Anspruch auf Vollständigkeit besteht.

Es ist zu empfehlen, vor Beginn einer Schwachstellenanalyse eine entsprechende Checkliste für den konkreten Fall aufzustellen. Dabei kann auch bewusst auf Bereiche verzichtet werden, bei denen bekannt ist, dass kaum Schwachstellen oder Sparpotenziale vorhanden sind. Ebenso kann eine Unterteilung in Bereiche mit tendenziell grossem Sparpotenzial und solchen mit kleinem Sparpotenzial vorgenommen werden. Dabei helfen eine möglichst detailliert aufgestellte Energiebilanz, ein Energieflussdiagramm, Teil-Energiekennzahlen sowie der Vergleich mit Kennzahlen.

Bei jedem Untersuchungspunkt muss mit Sachkenntnis beurteilt werden, ob eine Schwachstelle vorhanden ist, wie eine Verbesserung aussehen könnte, was diese einspart resp. nützt (Energie und Betriebskosten, eventuell Verbesserung des Komforts oder der Leistung), wie und wann diese Verbesserung realisiert werden könnte und was diese Massnahme etwa an Kosten verursacht. Dabei ist wiederum wichtig, nicht alles bis ins Detail und auf die letzte Kommastelle genau erfassen zu wollen, sondern mit Abschätzungen und Erfahrungswerten zu möglichst realistischen Zahlen zu kommen.

Bei grossen resp. den wichtigsten Bau- und Technikelementen, z. B. der Wärmeerzeugung oder der Gebäudehülle, kann auch eine vertiefte Untersuchung sinnvoll sein. Eventuell können hier auch verschiedene Varianten von Verbesserungen erarbeitet werden.

Aus dieser Arbeit folgt eine Liste mit allen möglichen Massnahmen, was im nächsten Kapitel erklärt wird.