Um Energiemanagement operativ erfolgreich umzusetzen, kann eine immer gleiche Methodik definiert werden. Je nach Aufgabe oder Teilgebiet des Energiemanagements werden die Massnahmen und Prozesse nach dieser Methodik den Anforderungen entsprechend abgeleitet.

3.3.1 Zielsetzung

Am Anfang eines erfolgreichen EM steht die ­Definition der anzustrebenden Ziele. Nur mit klaren Zielen vor Augen kann ein positives Resul­tat erreicht werden. Die Ziele brauchen dabei nicht fix zu sein, sondern sie können sich im Verlaufe der Zeit ändern und neuen Erkenntnissen, Anforderungen oder äusseren Umständen angepasst werden. Die Ziele sollten mit den übrigen Unternehmenszielen im Einklang stehen. Typischerweise stehen folgende Ziele des Ener­giemanagements im Vordergrund:

  • Versorgungssicherheit
  • Kostenoptimierung
  • Umweltschonung
  • Kostenzuordnung

Mit diesen Zielen sollen folgende Verbesserungen erreicht werden:

  • Gewährleistung der Funktionalität des ­Gebäudes resp. der Anlagen und ­Ein­richtungen
  • Erfüllung oder Verbesserung der Komfortkriterien
  • Verbesserte Kostentransparenz und ver­ursachergerechte Kostenverrechnung
  • Kosteneinsparung
  • Erreichung von Zielen des Umwelt­managements
  • PR-Zwecke: Verbesserung des Images des Unternehmens

Heute wird teilweise von den Behörden ein Energiemanagement verlangt, z.B. bei Gross­verbrauchern oder im Rahmen einer UVP (Umweltverträglichkeitsprüfung). Je nachdem können sich auch Vorteile bei der Bewilligung neuer Bauten und Anlagen ergeben, z.B. im Kanton ­Zürich. Und nicht zuletzt kann sich durch ein erfolgreiches Energiemanagement der Wert eines Gebäudes oder Unternehmens erhöhen.

Als Teil des Umweltmanagements (z.B. ISO 14001) müssen die Ziele des Energiemanagements auch den Umweltzielen des Unter­nehmens angepasst sein. Neu gibt es die Norm SN EN ISO 50001 «Energiemanagementsysteme – Anforderungen mit Anleitung zur Anwendung», 2011, welche für Unternehmungen eine Grundlage bietet, erfolgreich ein Energiemanagement einzuführen. Diese Norm ist abgestimmt auf ISO 9001 «Qualitätsmanagement» und ISO 14001 «Umweltmanagement». Organisationen ­können, basierend auf diesen ISO-Normen, analoge Systeme für Qualität, Umwelt und Energie aufbauen. Auf Stufe Geschäftsleitung, typischerweise als Stab, sollten die Verantwortlichkeiten dafür geregelt sein.

3.3.2 Vorgehen

Um die Ziele zu erreichen, ist ein geeignetes, strukturiertes Vorgehen erforderlich. Die Schritte sind prinzipiell immer die folgenden:

  • Zielsetzung
  • Erfassen der aktuellen Situation
  • Bilden von Kennzahlen
  • Erstellen von Verläufen und Statistiken
  • Vergleich mit Referenzwerten
  • Schwachstellenanalyse
  • Optimierungsvarianten und Massnahmenplan erarbeiten
  • Kosten-Nutzen-Analyse
  • Massnahmen umsetzen
  • Erfolgskontrolle

Diese Schritte werden in den folgenden Kapiteln detailliert besprochen. Einer der wichtigsten Schritte ist die Erfolgskontrolle. Nur so kann der Nutzen der Massnahmen erfasst werden und ein Vergleich zu den Voraussagen wird möglich. Weiter können wichtige Erfahrungen für zukünftige Projekte und Massnahmen ge­wonnen werden.

3.3.3 Herausforderungen

Für ein effizientes, zielgerichtetes Vorgehen im oben genannten Sinn ist eine Projektdefinition und -planung unumgänglich. Oft sind im eigenen Betrieb nicht genügend fachliche und personelle Ressourcen vorhanden, sodass einzelne oder alle Vorgehensschritte an externe Fachleute vergeben werden müssen. Die externen Spezialisten müssen in jedem Fall durch interne Personen eng begleitet werden, um den Erfolg des Projekts zu garantieren. Die externen Berater sind auf die intern gesammelten Daten und Kennwerte angewiesen. Die Erfassung dieser ­Daten kann kaum an externe ­Stellen delegiert werden, es sei denn im Rahmen des Out­sourcings des ganzen technischen Gebäudemanagements.

Eine weitere Hauptherausforderung für Energieverantwortliche sind oft die Zuständigkeits- und Eigentumsverhältnisse: Der Gebäudenutzer ist zunehmend nicht der Eigentümer der Gebäude, sondern ein Mieter. Der Gebäudebetreiber ist vom Eigentümer engagiert und hat nicht dieselben Zielvorgaben wie der Nutzer. Damit sind drei Parteien involviert, welche nicht nur unter­schiedliche Interessen und Ziele haben, sondern oft auch separat über Budgets bestimmen ­können.

Diese Probleme können auch auftreten, wenn die drei Rollen Betreiber, Eigentümer und Nutzer von unterschiedlichen Organisations­einheiten innerhalb desselben Konzerns wahrgenommen werden. In einer solchen Konstellation betreffen die Energiemanagementprozesse und -massnahmen mindestens drei Parteien, was oft zu Spannungen oder nur schwer lösbaren Zielkonflikten führt. Hier ist es Aufgabe der Geschäftsleitung, klare Vorgaben zu machen und Verantwortungen wie auch Kompetenzen zuzuweisen.

In jedem Fall muss das Energiemanagement immer in Zusammenarbeit mit den betroffenen Stellen und Personen erfolgen. Dies betrifft insbesondere die Massnahmenplanung. Von «aussen» aufoktroyierte Massnahmen werden meist sehr schlecht akzeptiert und bleiben deshalb ohne Erfolg. Deswegen sind Energie­optimierungsprojekte, die massgeblich von externen Beratern beeinflusst werden, oft nur teilweise erfolgreich. Die Personen, welche operativ Energieeffizienzmassnahmen umsetzen müssen, müssen in den ganzen Prozess einbezogen werden, und ihre Interessen und Bedürfnisse, aber auch ihr Know-how und ihre Ideen ­müssen ein­fliessen können.

3.3.4 Einführung eines Energiemanagementsystems

Die Einführung eines Energiemanagementsystems kann gemäss der nachfolgenden sechs Schritte erfolgen, die alle gut vorbereitet werden sollten, damit sich der gewünschte Erfolg einstellt.

Schritt 1: Projektplanung

  • Zunächst muss ein Projektplan erstellt werden.
  • Die notwendige Zeit für die einzelnen Umsetzungsschritte ist einzuschätzen.
  • Stellen Sie sich bei der Erstellung Ihres Projektplans folgende Leitfragen:
    • Wann können diese Arbeiten gemacht werden?
    • Wie viel Zeit brauchen Sie für die einzelnen Schritte?
  • Planen Sie auf Basis des von Ihnen ermittelten Zeitaufwands und der Verantwortlichkeiten den zeitlichen Ablauf, indem Sie jedem Arbeitspaket einen Zeitrahmen zuordnen.
  • Verantwortlichkeiten können Sie in einer Verantwortungs- und Aufgabenmatrix beschreiben, in der Sie auch zugleich notwendige Informationsflüsse festlegen.
  • Die Überwachung des Projektplans ist Aufgabe des Projektleiters.
  • Projektmanagement ist immer auch Krisenmanagement.
  • Um den Stand der Umsetzung des EnMS ISO 50001 bewerten und sich jederzeit einen Überblick über den aktuellen Stand des Projekts verschaffen zu können, nutzen Sie am besten ein Formblatt zum Umsetzungsstand Energiemanagementsystemprojekt.

Schritt 2: Mitarbeiterinformation

  • Neben dem Engagement der Unternehmensleitung ist die Unterstützung durch die Mitarbeiter ein entscheidender Erfolgsfaktor des Energiemanagements.
  • Die meisten Menschen wollen gute Arbeit leisten – es ist Ihre Aufgabe, ihnen zu erklären, was Sie von ihnen wollen.
  • Die Mitarbeiter kennen oftmals die Probleme vor Ort besser als so manche Führungskraft – nutzen Sie dieses Potenzial, binden Sie die Mitarbeiter in den Aufbau des Managementsystems ein und machen Sie aus Betroffenen Beteiligte.
  • Betroffene leiden (und versuchen, sich unerwünschte Mehrarbeit so gut es geht vom Leib zu halten).
  • Beteiligte, die den Sinn und Nutzen von Aktivitäten verstehen, werden eher mitarbeiten.
  • Informieren Sie daher die Mitarbeiter zu Beginn des Projekts über die geplante Einführung Energiemanagementsystem ISO 50001 EnMS,
  • was Sie sich davon erhoffen und
  • was auf die Mitarbeiter zukommt.
  • Bewährte Methoden zur Information Ihrer Mitarbeiter sind beispielsweise:
    • Mitarbeiterversammlung
    • Information durch die jeweiligen Vorgesetzten
    • Unternehmens-/Mitarbeiterzeitung
    • Aushänge
    • Brief an jeden Mitarbeiter, Rundmail
    • Intranet
  • Fordern Sie die Mitarbeiter auf, Sie im Rahmen der energetischen Bewertung auf Energieverschwendung und Einsparmöglichkeiten hinzuweisen.
  • Überlegen Sie sich, wie Mitarbeiter jederzeit Verbesserungsvorschläge machen können (feste Sprechstunde des Energiemanagementbeauftragten?) und
  • wie Sie mit diesen umgehen (wenn Sie nicht antworten, werden bald keine Vorschläge mehr eingehen).

Schritt 3: Anwendungsbereich & Grenzen festlegen

  • Definition des Anwendungsbereiches Ihres zukünftigen Energiemanagementsystems und seiner Grenzen.
  • Legen Sie also diesen Anwendungsbereich fest!
  • Soll sich das Energiemanagementsystem ISO 50001 auf Ihr gesamtes Unternehmen, vielleicht auch auf mehrere Standorte oder nur auf gewisse Bereiche bzw. wertschöpfende Aktivitäten (beispielsweise die Produktion) im Unternehmen erstrecken?

Schritt 4: Organisationsstruktur & Verantwortlichkeiten beschreiben

  • Beschreibung der Aufbauorganisation und Festlegung von Verantwortlichkeiten für alle wichtigen Aufgaben.
  • Dieser Punkt gehört aber ohnehin zu den Organisationspflichten der Leitung eines Unternehmens.
  • Wenn Verantwortlichkeiten und Aufgaben dokumentiert werden, erleichtert dies die Überwachung und interne Auditierung im Rahmen des Energiemanagementsystems.
  • Alle Verantwortlichkeiten und Aufgaben dokumentieren und diese Dokumentation mit jedem folgenden Schritt komplettieren.
  • Diese Aufgabe ist nicht mit einem Organigramm alleine zu erledigen, denn dieses stellt zwar die Aufbauorganisation dar, beschreibt aber nicht die Verantwortlichkeiten und Aufgaben der einzelnen Funktionen.
  • Wenn es hierfür in Ihrem Unternehmen bereits eine funktionierende Struktur gibt – beispielsweise Stellenbeschreibungen – können Sie diese selbstverständlich verwenden.
  • Wo das nicht der Fall ist, können Sie diese mithilfe eines Formblattes zur Stellenbeschreibung Energiemanagementbeauftragter ISO 50001 erstellen.

Schritt 5: Energiepolitik erarbeiten

  • Die Energiepolitik ist ein strategisches Dokument, mit dem Sie die Ausrichtung Ihrer Organisation in Bezug auf das Energiemanagement festlegen.
  • Die hier vorgegebenen Ambitionen setzen den Rahmen für die Festlegung von Energiezielen, die Sie sich setzen werden.
  • Dabei sollten Sie sich stets an folgenden Fragestellungen, auf die Ihre Energiepolitik Antworten geben sollte, orientieren:
    • Welche Grundwerte und Überzeugungen bestimmen unseren Umgang mit Energie?
    • Warum ist uns die Einführung vom EnMS – Energiemanagementsystem ISO 50001 wichtig?
    • Welche Leitlinien sollen unseren zukünftigen Umgang mit Energie bestimmen?
    • Dabei ist darauf zu achten, dass die Energiepolitik nicht im Gegensatz zu den allgemeinen Unternehmensleit-linien stehen darf.

Schritt 6: Rechtsvorschriften & andere Anforderungen

  • Bei der Umsetzung der Anforderungen zu rechtlichen und anderen Anforderungen ist auch die Energiepolitik zu beachten, die eine Verpflichtung zur Einhaltung dieser Anforderungen enthalten muss.
  • Daher müssen Sie die relevanten rechtlichen und anderen Anforderungen und ihren Bezug zu Energieeinsatz, Energieeffizienz und Energieverbrauch in Ihrem Unternehmen ermitteln und ihre Einhaltung sicherstellen, d.h. Verantwortlichkeiten und Abläufe regeln und überwachen.