4.1.1 Fossile Energiequellen

Lange Zeit ist man davon ausgegangen, dass es ein Problem mit sich erschöpfenden Energieressourcen geben wird (Abb. 1). Insbesondere für Erdöl wurde dies mehrfach prognostiziert. So wurde auch der Begriff «Peak Oil» eingeführt (Abb. 2). Nach dieser Prognose steigt die Rohölförderung aufgrund des zunehmenden Bedarfs so lange an, bis die einfach förderbaren, nachgewiesenen Reserven an ein Ende kommen. Die Förderung nimmt ab dann kontinuierlich ab. Dies konnte für einzelne Ölquellen wie auch für ganze ölfördernde Länder gezeigt werden. Mit einer Superposition der Voraussage für alle ölfördernden Länder wurde ein kommender «Peak Oil» auch für die ganze Welt postuliert.

Abb. 1: Plakat des Eidgenössischen Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartements, 1979 1

 

Inzwischen können wir feststellen, dass infolge neuer Fördertechniken, neu gefundener Lagerstätten und neu zugänglicher Lagerstätten weit mehr fossile Energieressourcen genutzt werden können, als vor wenigen Jahrzehnten je für möglich gehalten wurde. Trotz laufend steigender Förderung steigen die nachgewiesenen Reserven nach wie vor ähnlich rasch wie deren Abbau. Je nach Quelle und je nach Annahme betreffend Fördertechniken und Förderkosten unterscheiden sich auch neue Prognosen über die verfügbaren Energiereserven. Allen neuen Voraussagen nach ist sicher in den nächsten Jahrzehnten, wohl sogar bis zum Ende des 21. Jahrhunderts kein Mangel an fossiler Energie zu befürchten.
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Abb. 2: Prognose von 2008 für den «Peak Oil» der inzwischen aufgelösten Association for the study of Peak Oil (ASPO) 2

 

Gemäss BP3 gibt es gesicherte Reserven für Rohöl noch für 50 Jahre. Die Reserven werden durch die jährliche Förderung dividiert, um diese Zeitdauer zu erhalten. Diese 50 Jahre respektive dieses Verhältnis Reserven zur Förderrate ist seit Jahrzehnten etwa gleichbleibend, da eben immer neue Ressourcen gefunden werden respektive förderbar und so zu Reserven werden. Die Rohölförderung steigt dabei bisher relativ langsam, aber kontinuierlich an. Bei höheren Rohölpreisen werden zusätzliche Quellen wie Ölsande und Schieferöl sowie Tiefseeöl nutzbar (Ressourcen). Diese Ressourcen gibt es insgesamt in grossen Mengen, gemäss einer Prognose der Internationalen Energie-Agentur (IEA) etwa 3,5-mal mehr als Reserven. Dabei werden maximale Förderkosten von 100 US$ pro Barrel als obere Grenze angenommen (Abb. 3). Nach dieser Prognose könnte die heutige Rohölförderung noch für mehr als 170 Jahre sichergestellt werden.

 

Abb. 3: Technisch förderbare Ressourcen an Rohöl, in Abhängigkeit der Förderkosten. MENA = Mittlerer Osten und Nordafrika, b = Barrel, bb = Milliarden Barrel 4

 

Erdölprodukte wie Benzin, Kerosin oder Diesel und Heizöl können aus der Umwandlung von Kohle (coal to liquid, CTL) oder Erdgas (gas to liquid, GTL) gewonnen werden. Damit könnten solche Produkte (Synfuels, synthetische Treibstoffe) aus verbleibenden Reserven an Kohle oder eventuell Erdgas gewonnen werden, falls in fernerer Zukunft keine nutzbaren Rohölreserven mehr vorhanden wären.

Solche Produkte sind auch aus landwirtschaftlichen Erzeugnissen oder Rückständen produzierbar. Dies sind dann regenerierbare Biotreibstoffe (Biofuels), insbesondere nutzbar für Otto- und Dieselmotoren.

Erdgas könnte gemäss BP ebenfalls noch für ca. 50 Jahre gefördert werden. Auch hier sind zukünftige Funde, Schiefergas und mehr Förderung mittels Fracking noch nicht berücksichtigt. Jedoch nimmt gemäss BP diese Zahl kontinuierlich ab, d. h., beim Erdgas ist die Förderung seit ca. 1990 grösser, als neue Funde gemacht werden. Zudem nimmt der Erdgasbedarf und dessen Förderung mehr zu als die Rohölförderung. Aber auch beim Erdgas gibt es grosse Ressourcen an Schiefergas und weitere, welche mit entsprechendem Aufwand und Fracking vermutlich genutzt werden könnten (Abb. 4). Erdgas könnte deswegen wohl noch für weitere etwa 200 Jahre mit der heutigen Rate gefördert werden.

Abb. 4: Vermutete Ressourcen an förderbarem Erdgas, mit Vergleich der Transportkosten 5

Bei der Kohle ermöglichen gemäss BP die heute nachgewiesenen Reserven noch eine Förderzeit von etwa 130 Jahren. Auch hier blieb diese Zahl sowie die Kohleförderung in den letzten Jahrzehnten etwa konstant. Zu tragbaren Kosten förderbare Ressourcen sind gemäss IEA noch für bis zu 500 Jahre vorhanden.

Eine Knappheit der Versorgung mit fossilen Energieträgern ist also in absehbarer Zeit nicht zu befürchten. Rückblickend ist ja auch festzustellen, dass bisher (seit Beginn der Industrialisierung und der Nutzung fossiler Energieträger) der wachsende Bedarf nach fossilen Energieträgern immer befriedigt werden konnte, mit Ausnahme kriegsbedingter Engpässe in gewissen Zeiten oder Ländern oder bei ökonomisch bedingter Knappheit in einzelnen Ländern.

Damit das so bleibt, sind natürlich erhebliche Investitionen in neue Förderanlagen, in die Suche nach neuen Lagerstätten und in die Entwicklung neuer Fördertechniken erforderlich. Auch die Erneuerung und der Ausbau der Verarbeitungs- und Transportinfrastrukturen erfordert laufend hohe Investitionen. Trotzdem sind die realen Preise für diese fossilen Energieträger in den letzten Jahrzehnten kaum oder gar nicht gestiegen, auch wenn sie teilweise recht volatil sind. Hier ist aufgrund der heutigen Kenntnisse für die nächsten Jahrzehnte keine wesentlich Änderung zu erwarten.

4.1.2 Stromproduktion

Die weltweite Stromproduktion konnte bisher ebenfalls der wachsenden Nachfrage genügen, mindestens in allen Ländern, in denen die nötigen finanziellen Ressourcen vorhanden sind. Bisher wird viel Strom aus fossilen Energiequellen, insbesondere Erdgas und Kohle, produziert. Daneben ist Wasserkraft und Kernenergie bedeutend.

Das Ausbaupotenzial an Wasserkraft ist begrenzt, in vielen Ländern ist das Potenzial sogar fast ganz aufgebraucht. Bei der Kernenergie besteht das nach wie vor ungelöste Problem der Entsorgung der radioaktiven Abfälle sowie das Risiko grosser Störfälle. Der Bau neuer Kernkraftwerke ist zudem sehr teuer und langwierig.

Seit etwa 2018 werden weltweit vor allem Solar- und Windkraftwerke gebaut. Diese sind inzwischen wirtschaftlich konkurrenzfähig oder sogar günstiger als bisherige Arten der Stromerzeugung. Das Potenzial dieser neuen erneuerbaren Energieträger Sonne und Wind ist praktisch unbegrenzt. Studien zeigen, dass damit der gesamte Energiebedarf der Welt gedeckt werden könnte. In der Kombination Solar und Wind, mit etwas Batteriespeicher und einem teilweise weiter ausgebauten Stromnetz könnte die Stromversorgung zu jeder Tages- und Jahreszeit gewährleitet werden. 6

Insbesondere beim Strom besteht heute noch das Problem, dass fast eine Milliarde Menschen nicht am Stromnetz angeschlossen sind und keine genügende Stromversorgung haben. Auch hier zeigt sich inzwischen, dass lokale, dezentrale Lösungen mit Fotovoltaik, Batteriespeicher und gegebenenfalls Wind oft günstiger sind als ein neuer Netzanschluss.

Bei Strom wird prognostiziert, dass der Verbrauch stark ansteigen wird, weil einerseits in vielen Ländern ein erheblicher Nachholbedarf an Anwendungen mit Strombedarf besteht. Andererseits ist stark zu vermuten, dass die Stromnachfrage steigt, weil es immer mehr Elektrofahrzeuge geben wird und weil für die Raumheizung immer mehr strombetriebene Wärmepumpen eingesetzt werden. Eine steigende Industrieproduktion hat ebenso einen steigenden Strombedarf zur Folge.

4.1.3 Uran

Uran wird für die Stromproduktion in Kernkraftwerken benötigt. Diese decken aktuell (2019) etwas über 10 % der globalen Stromproduktion ab. Auch hier kann zwischen Reserven und Ressourcen unterschieden werden. Ebenso gilt, je höhere Förderkosten in Kauf genommen werden, desto mehr Uran kann gewonnen werden. Zudem kann Uran wiederaufbereitet respektive recycelt werden. So waren in den letzten 20 Jahren grosse Uranmengen auf dem Markt, welche aus demontierten nuklearen Sprengköpfen stammten. Diese wurden infolge der Abrüstungsverträge zwischen den USA und Russland abgebaut. Der «Nuclear fuel report 2019» der World Nuclear Association weist wahrscheinliche Ressourcen für die nächsten 80 Jahre aus, bei etwa heutiger Abbaurate. Wie sich der weitere Aus- oder auch Abbau der Anzahl der Kernkraftwerke entwickeln wird, kann schlecht abgeschätzt werden.

4.1.4 Regenerative Energie

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, regenerative Energie zu nutzen. Neben den schon lange genutzten Quellen, der Biomasse und der Wasserkraft, wird heute immer mehr Solarenergie und Windkraft genutzt, um Strom zu produzieren. Diese beiden Energiequellen, allen voran die Solarenergie, sind praktisch unbegrenzt verfügbar. In einer Kombination aus viel Fotovoltaik, Wind, Batterien als Speicher sowie der heute schon verfügbaren weiteren regenerativen Energiequellen könnte der gesamte weltweite Energiebedarf damit nachhaltig, CO2-frei und zeitlich unbegrenzt gedeckt werden und dies infolge der technischen Fortschritte und der fallenden Preise für die entsprechenden Komponenten wohl sogar günstiger als das heutige Energiesystem.

4.1.5 Fazit

Bei allen heute genutzten Energieträgern ist eine Verknappung in den nächsten 50 Jahren nicht zu erwarten, vielmehr kann angenommen werden, dass bei heutiger Förder- respektive Produktionsrate die Energieversorgung der Welt auch für 100 oder mehr Jahre gesichert werden kann. Das Problem sind nicht zur Neige gehende Ressourcen. Dringend notwendig ist es, die Klimaerwärmung auf ein noch einigermassen erträgliches Mass zu begrenzen. Die Nutzung der fossilen Energieträger ist der wesentliche Treiber der Klimaerwärmung. Die Verbrennung von Kohle, Erdölprodukten und Erdgas verursacht CO2-Emissionen, welche etwa 65 % zum Treibhauseffekt beitragen. Daneben verursacht die Förderung und Nutzung der fossilen Energieträger auch Emissionen an CH4 (Methan) aus Erdgaslecks, Bohrlöchern, Kohlenflözen etc. Da Methan ein sehr stark wirkendes Klimagas ist, tragen auch diese Emissionen einige zusätzliche Prozent zum Klimawandel bei.

Die Herausforderung der Menschheit besteht darin, die Mehrheit der grossen und im Prinzip gut nutzbaren Ressourcen an fossilen Energieträgern nicht zu nutzen und im Boden zu belassen. Würden alle fossilen Energieträger genutzt, bis sie wirklich zur Neige gehen, würde die Erde in grossen Teilen nicht mehr bewohnbar werden und wären die Auswirkungen der Klimaerwärmung nicht mehr tragbar. Weiteres zum Klimawandel siehe Kap. 2.