12.3.1 Vorgehen

Das Energiesparcontracting (ESC, auch Einsparcontracting genannt) beruht auf dem Prinzip, dass ein Contractinganbieter (im Falle Energiesparcontracting oft ESCO genannt: Energy Service Company) ein Energiesparpotenzial nutzbar macht, welches vom Anlagen- oder Gebäudeeigentümer nicht genutzt werden könnte. Der Eigentümer hat im Allgemeinen zu wenige Fachkenntnisse, zu wenig Zeit oder zu wenig flüssige oder investierbare Mittel. Ohne Einsparpotenzial kann ein Energiesparcontracting aber nicht wirtschaftlich erfolgreich sein.Beim Energiesparcontracting gibt es sehr viele unterschiedliche Modelle. Diese unterscheiden sich insbesondere, ob nur wenig investive Massnahmen (energetische Betriebsoptimierung) oder auch investive Massnahmen umgesetzt werden. Im zweiten Fall sind unterschiedliche Finanzierungslösungen möglich.

12.3.2 Einsparcontracting nur mit wenig investiven Massnahmen

Im ersten Fall investiert der Contractinganbieter in die energetische Optimierung bestehender Gebäude und Anlagen. Sei es in Form von Arbeit (Untersuchungen, Analysen, Betriebsoptimierung etc.).

Der Contractinganbieter profitiert anschliessend während der Vertragszeit von den Einsparungen, indem er typischerweise den grösseren Anteil an den Einsparungen ausbezahlt erhält. Damit finanziert er seine Aufwendungen. Nach Ablauf der Vertragsdauer (typisch 4 bis 6 Jahre) geht der ganze Profit an den Contractingnehmer (Beteiligungsmodell, Abb. 97).

Abb. 97: Modell Kostenverlauf Energiesparcontracting mit Beteiligungsmodell

Der Kunde hat kaum ein grundsätzliches Risiko, er kann von den Leistungen des Anbieters profitieren. Ziel ist es wie immer beim Contracting, dass ein Win-win-Verhältnis entsteht.

Dieses erste Modell des Energieeinsparcontractings zeigt auch Abb. 98.

Abb. 98: Modell Einsparcontracting

12.3.3 Einsparcontracting mit investiven Massnahmen

Im zweiten Fall mit investiven Massnahmen investiert der Contractinganbieter auch in Massnahmen wie Anlagen- oder Bauteilersatz (z. B. neuer Lüftungsmonoblock, neue Motoren, Ventilatoren, neue Fenster) oder in Anlagen- oder Gebäudeverbesserungen, Nachrüstungen oder Sanierungen. Letzteres können zusätzliche Wärmerückgewinnungsanlagen, bessere Steuerungen, neue Gebäudeautomation, verbesserte Wärmedämmung etc. sein.

Der Unterschied zu Energieliefercontracting besteht hier vor allem in der Art der Verrechnung der Leistungen des Contractinganbieters, welche sich hier primär an den eingesparten Energiekosten bemisst. Das bedeutet aber auch, dass dieses Modell nur funktioniert, falls mit den Energieeinsparungen die Investitionen in vernünftiger Zeit zurückbezahlt und verzinst werden können. Falls dies nicht der Fall ist (wie in der Schweiz häufig), kann ein Modell gewählt werden, bei welchem der Auftraggeber einen Teil der Investitionen selbst übernimmt. Dieser Teil könnte dem Mehrwert der Baute oder der Anlage entsprechen, die altersbedingt erneuert wird. Der restliche Investitionsanteil (die Zusatzinvestition für die energetische Verbesserung) übernimmt der Contractinganbieter. Dieser Teil kann dann über die Energieeinsparungen über die Vertragslaufzeit refinanziert werden.

Abb. 99: Einsparcontracting inkl. investiver Massnahmen

Der Kunde hat auch hier nur wenige Risiken. Befürchtet werden könnte, dass der Contractinganbieter günstige, qualitativ schlechte oder wenig langlebige Lösungen umsetzt, falls auch die Vertragslaufzeiten eher kurz sind. Auch könnte eine Einbusse beim Komfort befürchtet werden, wenn der Anbieter zu stark auf die Energieeinsparung fokussiert. Beides ist aber vermeidbar, mit entsprechender Vertragsbildung und einer engen Zusammenarbeit des Kunden mit dem Anbieter.

Auch möglich sind Lösungen, bei denen der Contractinganbieter investive Massnahmen voll finanziert und betreibt über die Vertragslaufzeit. Er und der Kunde teilen sich die Einsparungen. Nach Ende der Vertragslaufzeit übernimmt der Kunde die Anlagen zum Restwert, der sich dann auch aufgrund des Zustandes bemisst.

Insbesondere in Deutschland werden oft Einsparcontractingverträge abgeschlossen, welche investive Massnahmen enthalten. Der Contractor sucht nach Sanierungsmassnahmen und setzt diese dann mit eigenen Mitteln um. Er finanziert seinen Aufwand, indem er typischerweise um die 80 % der eingesparten Energiekosten über die Vertragslaufzweit als Entgelt erhält. Die Anlagen hingegen bleiben resp. sind von Beginn weg im Eigentum des Gebäudebesitzers. Nach Ablauf der Vertragslaufzeit kann er vom vollen Nutzen der Massnahmen profitieren. DENA bewirbt ein Einsparcontractingmodell (Abb. 100) mit investiven Massnahmen, bei welchem auch grössere Investitionen in die energetische Verbesserung der Gebäudehülle oder in neue Energieerzeugungsanlagen enthalten sein können.

Abb. 100: Modell Energiesparcontracting mit investiven Massnahmen (DENA)

12.3.4 Hindernisse

Das Energiesparcontracting ist bisher in der Schweiz nur wenig verbreitet, anders als das Energieliefercontracting. Grund ist zum einen, dass die Projekte oft relativ klein sind, was deren Finanzierung erschwert und den Aufwand für Verträge etc. im Verhältnis zum Ertrag vergrössert (hohe Transaktionskosten).

Zum anderen ist der Nachweis der Einsparungen, welche infolge der Aktivitäten des Contractors entstanden sind, oft schwierig. Sind z. B. die Einsparungen wegen der neuen Wärmerückgewinnungsanlage entstanden oder weil sich die Witterung änderte oder weil der Nutzer die Anlage weniger oft in Betrieb nahm? Wie hoch war der Verbrauch vor den Massnahmen? Dies sind nur zwei Beispiele von schwierig zu beantwortenden Fragen, an welchen Energiesparcontractingvorhaben scheitern können.

Die Schwankung der Energiepreise und Nutzungsänderungen können weitere Fallstricke sein, die den Gewinn des Contractors beeinflussen. Für den Anbieter wird damit das Risiko im Vergleich zum möglichen Gewinn oft zu hoch. Lohnend sind vor allem kurzfristig rentable Massnahmen.

Energiesparcontracting ist nur machbar, wenn es wirtschaftlich umsetzbare Massnahmen gibt. Die seit 2014 tendenziell sinkenden Energiepreise stellen ein zusätzliches Hemmnis dar. Trotzdem lassen sich in vielen Fällen wirtschaftlich interessante Sparmassnahmen finden.

Daneben ist das Modell des Energiesparcontractings auch bei vielen Verantwortlichen in den Betrieben der Privatwirtschaft und der öffentlichen Hand nach wie vor unbekannt. Energie ist aus strategischer Sicht oft kein wesentliches Thema oder Problem.

Um das Energiesparcontracting zu fördern, wurde 2014 der Verein swissesco gegründet (siehe https://www.swissesco.ch/de/) (esco steht für Energy Service Company). Dieser Verband kann mit Informationen und Hilfsmitteln wie Musterverträgen und Leitfäden einige der Hemmnisse abbauen. Diese Hilfsmittel wurden in der ersten Phase vor allem für öffentliche Organisationen wie Gemeinden entwickelt, welche Bauten altersbedingt, aber auch energetisch sanieren müssen. Mit Energiesparcontractingmodellen inklusive investiver Massnahmen soll die Finanzierung und Umsetzung solcher Vorhaben erleichtert werden. Im Gegensatz zum Energieliefercontractingmarkt in der Schweiz sollen hier private Anbieter Leistungen für die öffentliche Hand anbieten.

12.3.5 Energiesparcontracting bei vermieteten Liegenschaften

Seit Juni 2020 ist Artikel 6c (Energiesparcontracting) in der Verordnung über die Miete und Pacht von Wohn- und Geschäftsräumen (VMWG) in Kraft. Dieser bestimmt, dass ein Vermieter die anfallenden Kosten eines Energiesparcontractingvertrags während höchstens zehn Jahren als Nebenkosten verrechnen darf. Die Voraussetzung ist, dass während des Verrechnungszeitraums die in Rechnung gestellten Kosten des Energiesparcontractings nicht höher sind als die mieterseitig eingesparten Energiekosten. Das bedeutet, dass dem Mieter in der Summe durch das Einsparcontracting keine Mehrkosten entstehen dürfen. Allfällig erhaltene Förderbeiträge für Energiesparmassnahmen sind bei den Kosten in Abzug zu bringen. Die Witterungseinflüsse sind bei der Berechnung der Einsparung zu berücksichtigen.

Als Energiesparcontracting wird bezeichnet, wenn ein Dienstleister sich gegen Vergütung verpflichtet, den Energieverbrauch einer Liegenschaft durch geeignete Energiesparmassnahmen zu senken.

Als Energiesparmassnahmen gelten dabei insbesondere:

  1. die Optimierung des Betriebs von Heizungs-, Lüftungs- und Klimaanlagen und der Gebäudeautomation;
  2. die Instruktion und die Beratung der Bewohnerschaft;
  3. der Ersatz von Anlagen, Installationen und Leuchtmitteln;
  4. die Verbesserung der Gebäudehülle.

Dieser Artikel soll das «Mieter-Vermieter-Dilemma» aufheben. Dieses besteht darin, dass herkömmlich die Eigentümerschaft die Investitionen für Einsparmassnahmen selbst finanzieren und teilweise tragen muss. Aber die Mieter profitieren von tieferen Nebenkosten. Mit dem neuen Artikel 6c sollen Energiesparmassnahmen bei Mietliegenschaften gefördert werden. Ein Contractinganbieter übernimmt die Finanzierung der Investitionen und alle übrigen Kosten der betrieblichen sowie investiven Energiesparmassnahmen. Die Refinanzierung der Investitionen und weiteren Kosten darf über maximal zehn Jahre über eine Erhöhung der Nebenkosten erfolgen. Dabei darf die Mieterschaft insgesamt finanziell nicht mehr belastet werden als vor den Massnahmen. Somit sind die Energiesparmassnahmen für den Eigentümer finanziell neutral, er muss auch nicht finanzieren. Die Mietliegenschaft bleibt finanziell gleich attraktiv wie ohne Massnahmen. Der Eigentümer dürfte investive Massnahmen der Steigerung der Energieeffizienz auch mit einer Erhöhung der Mietzinsen finanzieren, was aber eine Verminderung der Vermietbarkeit der Liegenschaft bewirken kann.

Für den Eigentümer kann ein solches Contractingmodell zu einer Steigerung des Gebäudewerts führen, wenn z. B. mit diesem Projekt Anlagenteile oder Bauteile erneuert werden. Zudem kann durch die Energiesparmassnahmen und die Verminderung des CO2-Ausstosses ein positiver Effekt für das Image des Gebäudes erwartet werden.

Dieses Modell funktioniert nur, wenn Einsparpotenziale realisiert werden können, deren gesamte Kosten (Abschreibung, Verzinsung der Investition, Arbeitskosten, Gewinn des Contractinganbieters etc.) über max. zehn Jahre mit der erreichten Energiekosteneinsparung refinanziert werden können. Solche lukrativen Massnahmen finden sich oft bei der energetischen Betriebsoptimierung, bei neuen Beleuchtungsanlagen mit LED oder beim Tausch von Umwälzpumpen, um einige Beispiele zu nennen.

Zu regeln ist, wie mit Energiepreisen umgegangen wird, welche sich über die max. 10 Jahre Laufzeit verändern können. Sinkende Energiepreise haben sinkende Einsparungen zur Folge, was die Refinanzierung erschwert. Die Kosteneinsparung sinkt auch, wenn infolge zunehmend wärmerer Winter die Einsparung an Heizenergie sinkt, was gemäss Verordnung mitberücksichtigt werden muss.