Energiemanagement (EM) ist aufgrund der Definition (→ Kap. 3.1) die Summe aller erforderlichen Massnahmen, um eine Organisation mit Energie zu versorgen, den effizienten Einsatz der Energie zu gewährleisten und negative Umweltauswirkungen zu verringern, sowie die Kosten für die Energieversorgung zu reduzieren und anforderungsgerecht zu erfassen und zu verrechnen.

Die Synthese aus den bisher diskutierten Aspekten ist eine Beziehung der unterschiedlichen Einflüsse auf den Erfolg des Energiemanagements. Die nachfolgende Modellgleichung fasst diese zusammen und verdeutlicht die Abhängigkeiten.

EEM = Erfolgsfaktor Energiemanagement

Die Gleichung zeigt, dass der Erfolg von Energiemanagement das Produkt ist von allen Vorteilen, die sich daraus ergeben, multipliziert mit dem gezeigten Engagement und der Systematik. Die Zahl und Intensität der Hemmnisse erhöht oder vermindert den Erfolg des Energiemanagements. Die Einflussgrössen Vorteile und Hemmnisse sind aufsummierte Sammelparameter und immer im Einzelfall zu interpretieren, aber gleichartig zu messen. Engagement und Systematik können zwischen null (0, gar kein Engagement resp. null Systematik) und Eins (1, maximales Engagement resp. ideale Systematik) liegen. Zu den wesentlichen Vorteilen des Energie­managements zählen:

  • Insbesondere Kosteneinsparungen
  • Transparenz zu Verbräuchen und Kosten
  • Imagegewinn und Wettbewerbsvorteil
  • Effizienter Energieeinsatz

Die Vorteile müssen klar einen Mehrwert für die Unternehmung bringen. Sind die Vorteile minimal, wird auch das Energiemanagement keinen Erfolg bringen (siehe Energiemanagement-Modellgleichung). Ohne Vorteile wird gar kein Energiemanagement umgesetzt.

Das Engagement zielt insbesondere auf die Managementebene eines Unternehmens ab. Besteht kein wirkliches Umsetzungsinteresse, kein Budget, keine strategischen Überlegungen oder Vorgaben und keine Unterstützung für die Einführung und langfristige Durchführung von Energiemanagement, so scheitert dieses Vorhaben, wie die Energiemanagement-Modellgleichung klar aufzeigt.

Mit Systematik ist gemeint, dass die Ein- und Durchführung von Energiemanagement genau und systematisch geplant werden muss. Sämtliche Abläufe sind festzuhalten und alle Installationen sind genau zu erfassen und zu dokumentieren. Beispielsweise ist das Ergebnis eines Messkonzeptes letztlich eine exakte Liste, wo sich welche Messstelle befindet und was dort wie gemessen wird. Diese Prozesse müssen dauerhaft aufrechterhalten werden. Ohne diesen dauerhaften Aufwand sind keine aussagekräftigen Messreihen und damit keine klare Transparenz der energetischen Situation aufrechtzuerhalten. Mit anderen Worten können so teuer installierte Messstellen im Endeffekt wertlos sein, wenn nicht systematisch und dauerhaft vorgegangen wird. Tritt ein solcher Fall ein, ist das durchgeführte Energiemanagement wertlos, wie die Energiemanagement- Modellgleichung klar zeigt. Es ist einleuchtend, dass Hemmnisse jeglicher Art den Erfolg von Energiemanagement mindern oder sogar verhindern können. Bedeutende Hemmnisse sind

  • Zu hohe Initialkosten
  • Fehlende Informationen
  • Fehlendes Management und Interesse
  • Energiekosten sind nicht relevant

Je mehr solcher Hemmnisse vorhanden sind, umso deutlicher zeigt die Energiemanagement-Modellgleichung, dass sich ein Erfolg des Energiemanagements nicht einstellen kann. Positiv ausgedrückt, zeigt sich, dass, wenn keine Hemmnisse vorhanden sind, der Erfolg unter der Voraussetzung, dass die anderen Sammelparameter erfüllt sind, absolut gegeben ist.

Da jedes Gebäude in Kombination mit der jeweiligen Nutzerorganisation ein Einzelfall ist, sind die vier Sammelparameter auch immer unterschiedlich stark ausgeprägt und beeinflussen sich gegenseitig. Sind beispielsweise das Engagement und die Disziplin hoch, aber die Vorteile nicht vorhanden und zusätzlich noch Hemmnisse da, wird das Energiemanagement trotzdem wenig erfolgreich sein. Mithilfe der Energiemanagement-Modellgleichung können wichtige Zusammenhänge illustriert werden. Ein Erfolgsfaktor Energiemanagement (EEM) von 1 bedeutet, dass in der Summe alle Massnahmen zu einem ausgeglichenem Ergebnis führen und der Einsatz trotz einiger Hemmnisse etwas bringt. Ist der EEM grösser oder deutlich grösser als 1, lohnt sich die Einführung des Energiemanagements und wird erfolgreich sein. Ein EEM unter oder deutlich unter 1 bedeutet, dass trotz Engagement an einer Stelle es insgesamt zu keinem Erfolg führen wird. Wenn beispielsweise sehr viel Geld in Messtechnik und Sensorik gesteckt wird und gleichzeitig im Unternehmen wenig Interesse am Ergebnis der Messungen herrscht, zahlt sich die Investition nicht aus.

Beispiel:
Ein produzierendes Unternehmen denkt über ein professionelles Energiemanagement nach. Bisher war der Energieverbrauch sporadisch ein Thema. In früheren Jahren wurden bereits zusätzliche Stromzähler an verschiedenen Stellen eingebaut. Einen Verantwortlichen für das Thema Energie gibt es derzeit nicht. Das ganze Engagement früherer Jahre ist zur Ruhe gekommen. Nun soll das Thema wieder aktiviert werden. Die Unternehmensleitung hat eine Nachhaltigkeitsstrategie verabschiedet, in der Energie einen wichtigen Stellenwert hat. Bisher gibt es noch keinerlei Konzepte, da in der Vergangenheit vieles vom individuellen Engagement einzelner Mitarbeiter abhing.

Ermittlung des Erfolgsfaktors Energiemanagement:

1. Vorteile (Summe 6)

  • verbessertes Image
  • ist wichtig für geplanten Nachhaltigkeitsbericht
  • mehr Transparenz
  • bessere Planung
  • sinkender Energieverbrauch
  • weniger Energiekosten

2. Hemmnisse (Summe 4)

  • Mitarbeiter, die sich früher engagiert hatten, sind nicht mehr im Unternehmen
  • keinen eigenen Energieexperten
  • keine Konzepte vorhanden
  • keine Transparenz, wo wie viel Energie verbraucht wird und warum

3. Engagement
Die Unternehmensleitung ist motiviert und willens sich in dem Thema zu engagieren. Die subjektive Einstufung auf einer Skala zwischen 0 und 1 liegt bei 0,7 (entspricht einem Engagement von 70% von 100%).

4. Systematik
An verschiedenen Stellen im Unternehmen wurde bereits in früheren Jahren invertiert. Allerdings ist die Dokumentation mangelhaft, es sind keine Konzepte vorhanden und bisher gesammelte Daten wurden nicht ausgewertet. Die subjektive Einstufung auf einer Skala zwischen 0 und 1 liegt bei 0,2 (entspricht einem Engagement von 20% von 100%).

Aus diesen Betrachtungen ergibt sich der folgende Erfolgsfaktor:
EEM = (6 0,7 0,2) / (4 +1) = 0,168

Ein EEM von 0,168 bedeutet, dass in diesem Fall trotz guten Willens der Unternehmensführung kein erfolgreiches Energiemanagement möglich ist, wenn nicht Änderungen vorgenommen werden.Die Unternehmung beschliesst folgende Massnahmen:

  • ein Mitarbeiter wird für das Thema Energie eingestellt
  • dieser Mitarbeiter besitzt bereits etwas Erfahrung
  • alle notwendigen Konzepte werden erstellt (z. B. Messkonzept)
  • Mängel in der Dokumentation werden beseitigt und insgesamt wird der Energieverbrauch im Unternehmen strukturiert erfasst und ausgewertet.

Mit diesen Massnahmen verringert sich die Anzahl Hemmnisse auf 1 (frühere Mitarbeiter) und die Systematik erhöht sich auf 0,8.

So ergibt sich nun ein EEF von
EEM = (6 0,7 0,8) / (1 +1) = 1,68

Ein EEM von 1,68 bedeutet nun, dass sich das Gesamtengagement auszahlt und die Entwicklung des professionellen Energiemanagements zu Erfolgen führen wird und die selbst gesteckten Ziele erreicht werden.

Dieses Beispiel zeigt, wie die verschiedenen Faktoren zusammen wirken und zielgerichtet entwickelt werden können. Es wird deutlich, dass mehrere Faktoren stimmig sein müssen, damit der Einsatz für das Energiemanagement auch belohnt wird. Die Energiemanagementgleichung liefert aufgrund der subjektiven Einschätzung aller Faktoren kein exaktes Ergebnis, sondern einen Trend. Dieser kann für die interne Kommunikation genutzt werden, wenn es darum geht, die geeigneten Massnahmen und Budgets für die Einführung eines professionellen Energiemanagements in einem Unternehmen zu ergreifen.